Parlamentskorrespondenz Nr. 980 vom 23.09.2015

Pflegeeltern: Sozialausschuss soll Besserstellung auf den Weg bringen

Familienthemen bleiben Streitthema im Nationalrat

Wien (PK) – Obwohl familienpolitische Themen heute im Nationalrat zu recht später Stunde behandelt wurden, war die Debatte dazu kein beruhigendes Gute Nacht-Programm. Grundlage des auf weiten Strecken heftigen Austausches der Fraktionen über die aktuelle Familienpolitik bildeten Anträge der Oppositionsparteien. Die Forderung der FPÖ nach besserer Unterstützung von Mehrkindfamilien wurde zwar mehrheitlich abgelehnt, der Grünen-Vorstoß , Pflegeeltern Karenzrechte zuzugestehen, erhielt dafür viel Lob und wurde dem zuständigen Sozialausschuss zugewiesen. Das NEOS-Anliegen, im Mutter-Kind-Pass eine zahnärztliche Untersuchung zu verankern und den Team Stronach-Antrag auf Abschaffung des Krankenhaus-Selbstbehaltes für Minderjährige wollen die Abgeordneten im Gesundheitsausschuss weiter beraten.

Freiheitliche kritisieren Familienpolitik massiv

Der Vorsitzende des Familienausschusses Georg Strasser (V) zollte dem Grünen-Antrag zur besseren Unterstützung von Pflegeeltern ebenso viel Anerkennung wie die SozialdemokratInnen Angela Lueger, Cornelia Ecker, Wolfgang Knes und Daniela Holzinger-Vogtenhuber. Sie alle wiesen darauf hin, die Forderung nach Anspruch auf Elternkarenz für Pflegemütter und –väter decke sich mit Vorhaben im Regierungsprogramm. Lueger hob besonders die Bedeutung besserer rechtlicher Rahmenbedingungen für sogenannte Krisen-Pflegeeltern hervor und Holzinger-Vogtenhuber will den Anspruch auf Karenz losgelöst von der sexuellen Orientierung der Pflegeeltern sehen.

Derzeit gelten für Pflegeeltern die Karenzbestimmungen des Mutterschutzgesetzes (MSchG) und des Väterkarenz-Gesetzes (VKG) nur bei Adoptionsabsicht. Das Familienministerium hätte schon längst eine Änderung dieser Regelung anstoßen sollen, kritisierte Grünen-Abgeordnete Judith Schwentner die schleppende Umsetzung des Regierungsvorhabens.

Aus Sicht der Freiheitlichen bleiben Familien mit Folgegeburten ebenfalls oft auf der Strecke in Bezug auf staatliche Unterstützung. Konkret monierte FPÖ-Familiensprecherin Anneliese Kitzmüller, dass die Leistung nicht für beide Kinder ausbezahlt wird, wenn sich die Zeiträume des Bezugs von Kinderbetreuungsgeld überschneiden. Georg Strassers Hinweis, mit dem kommenden Kinderbetreuungsgeld-Konto werde sich durch Änderungsmöglichkeit der Bezugsdauern dieses Problem lösen, stellt die FPÖ nicht zufrieden. Kitzmüller vermisst unisono mit ihrer Parteikollegin Barbara Rosenkranz eine aktive Familienpolitik, daran änderte auch Strassers Einwurf, Österreich sei in puncto Familienfreundlichkeit nach jüngsten Umfragen europaweit an zweitbester Stelle, nichts. Team Stronach-Familiensprecher Leopold Steinbichler und Rupert Doppler, ehemaliger FPÖ-Mandatar ohne Fraktion, bekräftigten die Kritik der Freiheitlichen, die Regierung zeige zu wenig Willen, Familien hinlänglich zu unterstützen. Augenscheinlich werde die familienpolitische Untätigkeit an der fehlenden Inflationsabgeltung der Familienbeihilfe.

Einhellig stimmte das Plenum der Zuweisung des Grünen-Antrags an den Sozialausschuss zu, der FPÖ-Vorstoß fand keine ausreichende Mehrheit.

Spitals-Selbstbehalt bei Kindern: Parteien anerkennen grundsätzlich Änderungsbedarf

Mehrheitlich sprachen sich die Abgeordneten dafür aus, den Gesundheitsausschuss mit zwei der heute im Familienblock diskutierten Oppositionsanträge zu befassen, und zwar mit Forderungen von Team Stronach sowie von den NEOS.

An das im Regierungsprogramm verankerte Vorhaben, den Spitals-Selbstbehalt für Kinder und Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr abzuschaffen, erinnert Leopold Steinbichler (T) in seinem Antrag. Nach den derzeitigen gesetzlichen Bestimmungen zahlen Eltern für ihr Kind je nach Bundesland zwischen 17,50 € und 20,10 € pro Aufenthaltstag im Krankenhaus, zeigt das Team Stronach auf. Diese verpflichtende Kostenbeteiligung der Eltern werde zunehmend zur finanziellen Belastung für die Familien, wobei vor allem jene mit chronisch kranken Kindern besonders betroffen seien, pflichtete Katharina Kucharowits (S) bei.

Mit ÖVP-Seniorensprecherin Gertrude Aubauer war die Jugendsprecherin der SPÖ einer Meinung in Bezug auf das Anliegen der NEOS, eine Vorsorgeuntersuchung zur Zahngesundheit sei in den Mutter-Kind-Pass aufzunehmen, das stehe auch im Regierungsprogramm. Mit dem sozialen Argument der "Chancengleichheit" warb Eva Mückstein (G) dafür, Angela Fichtinger (V) zeigte zwar ebenfalls Verständnis für die Forderung, gab aber auch zu bedenken, die Finanzierung müsse gewährleistet sein. Carmen Schimanek (F) schließlich sagte dem NEOS-Antrag ein ähnliches Schicksal wie einer früheren FPÖ-Initiative mit gleicher Zielrichtung voraus; diese sei nämlich nach mehrmaliger Vertagung von den Regierungsfraktionen abgelehnt worden.

Antragstellerin Beate Meinl-Reisinger (N) ließ sich dennoch nicht davon abhalten, für ihren Antrag zu werben. Mit relativ geringem finanziellen Aufwand von 2. Mio. € pro Jahr könnten durch frühzeitige zahnärztliche Untersuchungen bei Babys und Kleinkindern schlimme Spätfolgen aufgrund von Karies verhindert werden. Darüber hinaus meint die NEOS-Familiensprecherin, immer noch lasse sich an der Zahngesundheit der Kinder deren sozialer Status ablesen, weshalb auch die Eltern über Maßnahmen zur Zahngesundheit aufzuklären seien.

Leopold Steinbichler (T) und die beiden "wilden Abgeordneten" Rupert Doppler und Gerhard Schmid brachen nochmals eine Lanze für die Abschaffung des Spital-Selbstbehalts bei Minderjährigen, zumal ein Krankenhausaufenthalt eines Kindes für Eltern nicht nur eine finanzielle, sondern auch eine psychische Belastung sei, wie Doppler unterstrich. (Fortsetzung Nationalrat) rei