Parlamentskorrespondenz Nr. 81 vom 02.02.2016

EU setzt auf strategische Investitionen

Reinhold Mitterlehner legt EU-Jahresvorschau 2016 für den Bereich Wirtschaft vor

Wien (PK) – Wachstum und Beschäftigung sind die Ziele, an denen die Europäische Union auch 2016 ihre Wirtschaftspolitik ausrichten wird. Wie Bundesminister Reinhold Mitterlehner im Vorwort des Berichts über die EU-Jahresvorschau 2016 für den Bereich Wirtschaft (III-237 d.B. und III-581-BR) bekräftigt, gilt es für Österreich dabei vor allem, die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts weiter zu entwickeln, wobei gerade dem von Brüssel eingerichteten Europäischen Fonds für strategische Investitionen große Bedeutung zukommt. Positive Erwartungen verbindet Österreich auch mit der europäischen Energieunion im Zusammenhang mit der angestrebten Energiewende, dies allerdings unter der Voraussetzung einer Ausgewogenheit der Ziele Nachhaltigkeit, Wettbewerbsfähigkeit und Versorgungssicherheit. Offen zeigt sich das Wirtschaftsressort zudem für die derzeit von der Union verhandelten Freihandelsabkommen. Entscheidend sei aber, dass diese Verträge auf Fairness und Transparenz basieren und die Standards der Verhandlungspartner respektieren, heißt es dazu.

Juncker-Plan soll 315 Mrd. € an Investitionen auslösen

Gezielte Investitionen sollen Stabilität und Wachstum bringen. Im Zentrum der europäischen Wirtschaftspolitik steht deshalb der von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ins Leben gerufene Europäische Fonds für strategische Investitionen, der mit einer Ausstattung von 21 Mrd. € in drei Jahren 315 Mrd. € an öffentlichen und privaten Investitionen in der Realwirtschaft hebeln soll. Rund 240 Mrd. € werden dabei für Infrastrukturinvestitionen und rund 75 Mrd. € für KMU und so genannte Mid-Cap-Unternehmen mit bis zu 3.000 Beschäftigten zur Verfügung gestellt werden. Österreich unterstützt diese Politik ausdrücklich und sieht den Juncker-Plan vor allem auch als Signal, das Vertrauen der Unternehmen und Investoren wieder herzustellen. Im Sinn des EU-Vorhabens hat Österreich auf nationaler Ebene bereits insgesamt 24 Projekte vorwiegend aus den Bereichen Verkehr, Energie, Forschungsinfrastruktur, Breitband, Hochwasser- und Lawinenschutz mit einem Investitionsvolumen von insgesamt 35 Mrd. € angemeldet.

Emissionshandelssystem muss auch energieintensive Industriebetriebe berücksichtigen

Neben der Vertiefung des Binnenmarkts, insbesondere der Umsetzung der Strategie für einen digitalen Binnenmarkt, wird 2016 die Energieunion breiten Raum einnehmen. Auch dieses Projekt kann auf die Unterstützung durch Österreich bauen, wobei sich die Bundesregierung bei der Erreichung der 2030-Ziele ausdrücklich dafür einsetzt, dass alle EU-Staaten unter Berücksichtigung von Vorleistungen einen angemessenen Beitrag erbringen. Das Emissionshandelssystem nach 2020 soll jedenfalls so gestaltet werden, dass eine drohende Abwanderung der Industrie aufgrund erhöhter CO2-Kosten vermieden wird, gibt der Bericht zu bedenken. Geplant ist daher aus österreichischer Sicht eine 100% freie Zuteilung von Zertifikaten an die effizientesten, energieintensiven Industriebetriebe.

Positiv sieht Österreich auch die Vollendung des Energiebinnenmarkts. Ein liberalisierter Strom- und Gasmarkt sichert die Energieversorgung und bringt Vorteile für viele Unternehmen und KonsumentInnen, heißt es dazu im Bericht. Die deutsch-österreichische Strompreiszone wird in diesem Zusammenhang als funktionierende, länderübergreifende Kooperation und als best-practice-Beispiel für einen gelebten Energiebinnenmarkt hervorgehoben.

EU hält TTIP-Abschluss im Frühjahr 2017 für möglich

Der Bericht enthält auch einen Abriss über das Transatlantische Handelsabkommen TTIP und verweist auf die für Februar geplante 12. Verhandlungsrunde, bei der u.a. Angebote bezüglich öffentlicher Auftragsvergabe ausgetauscht werden sollen. Die Schlussverhandlungen könnten im Herbst 2016 beginnen, ein TTIP-Abschluss sei im Frühling 2017 möglich.

Was die österreichische Position zu TTIP betrifft, deponiert das Papier einmal mehr die Forderung nach Einhaltung von Standards und einem echten Marktzugang vor allem für KMU. Zentrales Anliegen ist zudem auch eine transparente Verhandlungsführung. Neben der Abschaffung bestehender Zölle wird insbesondere der Beseitigung von nichttarifären Handelshemmnissen große Bedeutung eingeräumt, was, wie der Bericht betont, aber keine Absenkung europäischer Standards bedeuten dürfe. Fest steht für das Wirtschaftsministerium, dass Österreich von TTIP profitieren wird. Das Endergebnis der Verhandlungen werde jedenfalls auf Basis der österreichischen Position und des Mandats der Europäischen Kommission vom Rat, dem Europäischen Parlament und dem österreichischen Parlament zu bewerten sein, heißt es.

Russland-Sanktionen: Österreich plädiert für Diplomatie und Verhandlungen

Ein Abschnitt des Berichts ist den Russland-Sanktionen gewidmet. Die zukünftige Vorgangsweise der EU sei an die weitere Entwicklung in der Region geknüpft und werde laufend neu bewertet, stellt der Bericht klar und erinnert an die Minsker Vereinbarung vom Februar 2015, deren Kernforderungen u.a. einen Waffenstillstand, den Abzug aller schweren Waffen oder etwa die vollständige Kontrolle über die Staatsgrenzen seitens der Ukraine betreffen. Österreich trägt die Maßnahmen mit, setzt auf Diplomatie und Verhandlungen und befürwortet die Anerkennung allfälliger Fortschritte bei der Umsetzung der Minsker Vereinbarung. Wichtig ist es überdies aus österreichischer Sicht, Anreize für die Wiederaufnahme der Zusammenarbeit mit Russland zu schaffen. Ein isoliertes Russland liege nicht im wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Interesse der EU und könnte die Lage noch verschärfen, gibt der Bericht zu bedenken. (Schluss) hof