Parlamentskorrespondenz Nr. 338 vom 04.04.2016

Justizausschuss beschließt schärferes Vorgehen gegen Drogenhandel

Drogenhandel im öffentlichen Raum als Tatbestand des Suchtmittelgesetzes

Wien (PK) - Drogendealern an U-Bahnhaltestellen und anderen öffentlichen Plätzen soll künftig eine Haftstrafe von bis zu zwei Jahren drohen, auch wenn sie nicht eindeutig des gewerbsmäßigen Handels überführt werden. Diese von Justizminister Wolfgang Brandstetter angekündigte Verschärfung im Suchmittelgesetz verabschiedete heute der Justizausschuss des Nationalrats mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP. Man reagiere damit auf die wachsende Drogenszene in Ballungsräumen, erklärten Johannes Jarolim (S) und Michaela Steinacker (V) die geplante Einführung des neuen Tatbestands "Drogenhandel im öffentlichen Raum".

Rechtlicher Hintergrund der Initiative von SPÖ und ÖVP war die jüngste Strafrechtsreform, die in Bezug auf das Suchtmittelgesetz dem Grundsatz "Therapie statt Strafe" stärker zum Durchbruch verhilft. Drogenhändler konnten demnach nur in Untersuchungshaft genommen werden, wenn die Gewerbsmäßigkeit ihres Tuns nachgewiesen wurde, wobei "Gewerbsmäßigkeit" enger definiert wurde. Für die FPÖ reicht der neue Tatbestand gegen öffentlichen Drogenhandel nicht zur nachhaltigen Bekämpfung der Suchtmittelkriminalität. In einem eigenen Antrag fordern die Freiheitlichen, durch die StGB-Reform bewirkte Lockerungen zu streichen, und zwar beim Besitz von Kleinstmengen an Drogen und bei der Definition von Gewerbsmäßigkeit. Ihr Vorstoß blieb jedoch in der Minderheit.

Regierungsparteien verteidigen Anlassgesetzgebung

Vor allem in Wien habe an einzelnen Punkten die Drogenkriminalität zugenommen, verdeutlichte ÖVP-Mandatar Andreas Ottenschläger ebenso wie Justizminister Wolfgang Brandstetter die Notwendigkeit des neuen Straftatbestands im Suchtmittelgesetz, den die Koalitionsparteien in einem Initiativantrag auf den Weg gebracht haben. Konkret lautet die von den Abgeordneten Michaela Steinacker (V) und Johannes Jarolim (S) vorgeschlagene Textierung: "Mit Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren ist zu bestrafen, wer vorschriftswidrig in einem öffentlichen Verkehrsmittel, in einer dem öffentlichen Verkehr dienenden Anlage, auf einer öffentlichen Verkehrsfläche, in einem öffentlichen Gebäude oder sonst an einem allgemein zugänglichen Ort öffentlich oder unter Umständen, unter denen sein Verhalten geeignet ist, durch unmittelbare Wahrnehmung berechtigtes Ärgernis zu erregen, Suchtgift einem anderen gegen Entgelt anbietet, überlässt oder verschafft."

Er sei zwar kein Freund von Anlassgesetzgebung, im konkreten Fall gelte es aber, rasch auf unhaltbare Zustände zu reagieren, unterstrich SPÖ-Justizsprecher Johannes Jarolim, dem namens der ÖVP Michaela Steinacker beipflichtete. Während Andreas Ottenschläger vor allem auf die Zunahme des Drogenhandels am Gürtel in Wien erinnerte, erwartet sich Gisela Wurm (S) nun auch positive Auswirkungen der Regelung im Suchtmittelgesetz auf Innsbruck.

Justizminister Wolfgang Brandstetter erwartet sich eine Zunahme der Verhängung von U-Haft gegen Drogendealer, gab aber zu bedenken, die sinnvolle und notwendige Verschärfung könne keine nachhaltige Lösung darstellen. Die beste Prävention sei eine gute Sozialpolitik. So gehe es vor allem darum, den meist jungen Delinquenten nach Verbüßung ihrer Haft Alternativen zu bieten.

FPÖ und Team Stronach zweifeln an Wirksamkeit der Regelung

Für die Freiheitlichen hingegen bietet auch der neue Tatbestand keine adäquate Handhabe, um Drogenhandel effektiv zu bekämpfen. Die von den Regierungsparteien präsentierte Variante sei eine künstliche Bestimmung, die mehr Fragen aufwirft als Lösungen anbietet, lautete das kritische Urteil Harald Stefans. Als problematisch stufte er dabei Begriffe wie "öffentlich zugängliche Flächen" oder "Erregung öffentlichen Ärgernisses" ein und meinte ebenso wie sein Fraktionskollege Philipp Schrangl, besser wäre eine Regelung im allgemeinen Teil des Strafgesetzes gewesen, etwa ein Ansatz bei der "alten" Gewerbsmäßigkeit.

Konkret verlangte die FPÖ in einem Initiativantrag (1591/A) die Rücknahme der im Zuge der jüngsten Strafrechtsreform eingeführten Lockerungen des Suchtmittelgesetzes und hatte dabei vor allem jene Bestimmung im Visier, der zufolge Kauf und Besitz von Kleinstmengen an Drogen für den Eigengebrauch nicht automatisch zur Anzeige führen, wenn der Täter mit den Gesundheitsbehörden kooperiert. Ein weiterer Punkt des FPÖ-Vorstoßes, der bei der Abstimmung allerdings keine Mehrheit fand, ist die Forderung nach Rückkehr zur ursprünglichen Definition der Gewerbsmäßigkeit im StGB, für deren Vorliegen allein schon die Absicht ausreicht, sich durch wiederkehrende Begehung einer strafbaren Handlung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Nulltoleranz gegenüber Drogendealern forderte auch Robert Lugar (T), der in die Kritik der FPÖ an der letzten Strafrechtsreform einstimmte. Er warnte vor der Gefährdung von Kindern und Jugendlichen und ortete erhöhten Handlungsbedarf. 

Grüne und NEOS kritisieren "Symptombekämpfung"

Skepsis überwog bei Albert Steinhauser von den Grünen. Er sprach von einem kommunalen Wiener Problem, das seiner Meinung nach schon seit ein bis zwei Jahren besteht und nichts mit der Neudefinition der Gewerbsmäßigkeit durch die StGB-Novelle zu tun habe. Von einer Verschärfung der Strafbestimmungen hält der Grünen-Justizsprecher wenig. Nicht durchsetzen konnte er sich mit seinem Antrag, im Rahmen einer Ausschussbegutachtung Stellungnahmen einzuholen und auf dieser Basis dann das Thema noch einmal eingehend zu behandeln.

Einer Meinung war Steinhauser überdies mit NEOS-Mandatar Nikolaus Scherak, der die Verschärfung im Suchtmittelgesetz als Anlassgesetzgebung und reine Symptombekämpfung ablehnte. Es gelte, gegen die Ursachen des Drogenhandels vorzugehen, verstärkte U-Haft für Dealer sei nicht sinnvoll, argumentierte der Justizsprecher der NEOS. (Fortsetzung Justizausschuss) hof