Parlamentskorrespondenz Nr. 1063 vom 12.10.2016

Nationalrat: Wahlrecht für ÖH-Wahlen wird adaptiert

Breite Mehrheit für Änderung des Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetzes

Wien (PK) – Das Wahlrecht ist derzeit in aller Munde. Zumindest in einer kleinen Nebenfront gibt es nun einen ersten Beschluss. Der Nationalrat stimmte heute mit breiter Mehrheit einer Adaptierung des Wahlrechts für ÖH-Wahlen zu. Unter anderem geht es darum, die Briefwahl zu erleichtern und vorgezogene Wahltage für berufsbegleitende Studien und duale Studiengänge zu ermöglichen. Außerdem hat sich gezeigt, dass bei der Frage der Wahlberechtigung in Zusammenhang mit der Kooperation von Pädagogischen Hochschulen und anderen Hochschuleinrichtungen noch Nachbesserungsbedarf besteht. Die Bestimmung, dass Wahlkuverts verpflichtend eine Lasche haben müssen, entfällt. Im Falle einer Wahlwiederholung gibt es keine Briefwahl mehr.

Die Gesetzesnovelle wird auch dafür genutzt, um für mehr Transparenz in der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) zu sorgen: Künftig muss die ÖH den Jahresvoranschlag und den Jahresabschluss samt dem schriftlichen Ergebnis einer Wirtschaftsprüfung auf ihrer Website veröffentlichen. Abgelehnt wurde vom Nationalrat ein Antrag der FPÖ , der darauf abgezielt hatte, den ÖH-Beitrag von derzeit 18 € auf 4,50 € zu senken und die jährliche Indexanpassung zu streichen.

Kritik und Lob für ÖH-Pflichtmitgliedschaft

Thema in der Debatte war unter anderem die Pflichtmitgliedschaft in der ÖH, die sowohl von der FPÖ als auch von den NEOS abgelehnt wird. Claudia Angela Gamon (N) unterstrich ihre Abneigung der "Zwangsmitgliedschaft" mit einem Entschließungsantrag, in dem eine freiwillige ÖH-Mitgliedschaft mit Opt-Out-Möglichkeit vorgesehen ist. Andreas F. Karlsböck (F) teilte die Meinung Gamons, die meisten Studierenden fühlten sich nur in geringem Maß von der ÖH vertreten, was man an der geringen Wahlbeteiligung sehe. Sogar Studierende an Privatuniversitäten betreffe die verpflichtende Zugehörigkeit zur ÖH, kritisierte der Freiheitliche. Ansonsten fand die NEOS-Mandatarin aber wenig Zuspruch für ihren Vorstoß, ihr Antrag blieb somit in der Minderheit. Daran konnte auch die Unterstützung des Team Stronach, vertreten durch Ulrike Weigerstorfer, nichts ändern. Weigerstorfer hatte ebenfalls eine ÖH-Finanzierung durch freiwillige Beiträge beworben.

Andrea Kuntzl (S) verwehrte sich gegen Überlegungen der Schwächung der Studierendenvertretung. "Die ÖH ist eine wichtige politische Vertretung, eine wichtige Interessensvertretung", das sei zu akzeptieren, auch bei ideologischen Unterschieden. Die Studierendenvertretung habe kritisch und unangenehm zu sein, zog Grünen-Wissenschaftssprecherin Sigrid Maurer nach. Als Verfechterinnen der ÖH nannten Maurer und Katharina Kucharowits (S) überdies diverse Services der HochschülerInnenschaft, etwa Versicherungen für Studierende, Beratungen und andere Unterstützungsleistungen. Kucharowits lobte die "unabhängige Arbeit durch qualifizierte Personen", die in der ÖH passiere. Eine Kürzung des ÖH-Beitrags, wie von der FPÖ gefordert, sei daher abzulehnen, bekräftigte ihr Parteikollege Harry Buchmayr. Die Studierendenvertretung gewährleiste eine demokratisch legitimierte Mitbestimmung gegenüber den zuständigen Ministerien. ÖVP-Abgeordneter Karlheinz Töchterle als Lehrender aus erster Hand mit dem Universitätsgeschehen vertraut, verteidigte die ÖH als konstruktive Interessensvertretung.

Staatssekretär Harald Mahrer brach ebenfalls eine Lanze für die politische Mitwirkung der studentischen Interessensvertretung, gerade zur Verbesserung der Studienbedingungen. Eine Einschränkung des ÖH-Wirkungsfelds sei nicht im Interesse der österreichischen Studierenden, wiewohl es einige Projekte in der Hochschülerschaft gebe, die man hinterfragen könne.

ÖH-Wahlen erhalten mehr Rechtssicherheit

Die Kooperationen von Bildungseinrichtungen im Rahmen der neuen PädagogInnenbildung sowie bessere Rahmenbedingungen bei Wahlen für berufstätige Studierende nannten die SozialdemokratInnen als Auslöser für die Gesetzesinitiative. Elmar Mayer (S) betonte in diesem Zusammenhang, die PädagogInnenbildung neu sei ein "entscheidender Durchbruch" bei der Weiterentwicklung des Schulsystems, mit den LehrerInnen als wichtigste Playern bei der Kombination von Theorie und Praxis. Die Stärken zweier Ausbildungsstätten werde damit gebündelt, fasste Elisabeth Grossmann (S) zusammen, die fachliche Kompetenz der Universitäten und die pädagogisch-praktische Kompetenz der Pädagogischen Hochschulen. Vehement sprach sie sich vor diesem Hintergrund gegen eine "Aushöhlung" von Interessensvertretungen wie der ÖH aus. "Wahlen sind seit jüngerem ein besonders heikles Geschäft", sagte Töchterle und hob die Bedeutung der Regelungen hervor. Ungeachtet dessen gab er zu bedenken, dass damit eine höhere Regelungsdichte produziert wird. Beatrix Karl (V) skizzierte die umfangreichen Evaluierungen, die im Gesetzwerdungsprozess vorgenommen wurden, um eine korrekte ÖH-Wahl mit ausreichender Rechtssicherheit künftig zu gewährleisten.

FPÖ-Mandatar Karlsböck lehnte die Novelle hingegen ab, da sie inkonsequent mit der Briefwahl umgehe – anders als bei der Bundespräsidentenwahl werde bei der ÖH-Wahl keine postalische Stimmabgabe möglich sein. Die Neuorganisation des Wahlprozederes an Universitäten wertete Team Stronach-Sprecherin Weigerstorfer wiederum positiv, schon aufgrund gesteigerter Transparenz und vor allem im Sinne berufstätiger Studierender. Für die NEOS begrüßte Gamon an der Novelle den erleichterten Zugang zu Wahlen, wiewohl sie in Bezug auf die Datenverwendung Verbesserungen anregte. Grundsätzlich zustimmend äußerte sich namens der Grünen auch Maurer zur neuen Wahlordnung der ÖH, sie mahnte aber, die gesetzlich von der ÖH zu leistenden Kautionen bei deren Veranstaltungen an Universitäten dürften nicht zu Missbrauch führen. (Fortsetzung Nationalrat) rei


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