Parlamentskorrespondenz Nr. 1269 vom 14.11.2018

Digitalsteuer könnte auf EU-Ebene als Übergangslösung kommen

EU-Unterausschuss diskutiert über gerechte Besteuerung digitaler Unternehmen

Wien (PK) – Ein erster Schritt zur Einführung einer Digitalsteuer könnte bereits am 4. Dezember beim ECOFIN erfolgen, berichtete heute Finanzminister Hartwig Löger im EU-Unterausschuss des Nationalrats . Bei der informellen ECOFIN-Tagung in Wien sei es gelungen, einen Meilenstein für weitere Diskussionen auf technischer Ebene zu setzen und Blockaden zu lösen. Die Ergebnisse der dafür eingesetzten Arbeitsgruppe seien auf breiter Basis diskutiert und bewertet worden, sodass die Möglichkeit gegeben sei, den Vorschlag für die Besteuerung der digitalen Wirtschaft zu einem Beschlussantrag zu bringen, sagte der Finanzminister, wobei er gleichzeitig darauf hinwies, dass es von Seiten des deutschen Finanzministers noch Skepsis gebe.

Bei dieser Digitalsteuer handelt es sich aber nur um eine Übergangslösung, denn eine faire Besteuerung von traditionellen und digitalen Unternehmen könne nur global gelöst werden, sagte Löger. Diese kurzfristige Maßnahme könne durchaus auch Dynamik auf der größeren Ebene auslösen, bemerkte er und informierte, dass die OECD bis 2020 einen Vorschlag für eine globale Lösung vorlegen wolle. Anzustreben sei langfristig eine echte Gewinnbesteuerung, es seien sich alle einig, dass das Gesamtmodell keineswegs in Richtung Umsatzbesteuerung gedreht werden soll. Einen nationalen Alleingang für das Modell der digitalen Betriebsstätte hält der Finanzminister im Hinblick auf die bestehenden rund 90 Doppelbesteuerungsabkommen für nicht praktikabel.

Die EU-Kommission hat zwei Gesetzesinitiativen vorgelegt – einerseits für eine Digitalsteuer als Übergangslösung und andererseits eine langfristige Lösung , in der der Betriebsstättenbegriff neu definiert und die Körperschaftssteuer neu gestaltet wird. Sie bildeten die Basis für die heutige Debatte. Der EU-Unterausschuss hatte sich bereits im Mai dieses Jahres damit befasst (siehe auch Meldung der Parlamentskorrespondenz Nr. 617/2018 ), heute wurden die zwei diesbezüglichen europäischen Initiativen auf Verlangen der SPÖ abermals auf die Tagesordnung gesetzt.

Diese zielen auf Steuerfairness zwischen Digitalunternehmen und traditionellen Unternehmen ab. Firmen, die – wie Google, Facebook und Amazon - in erster Linie digitale Dienstleistungen erbringen, ohne in einem Land auch wirklich physisch präsent zu sein, werden von den derzeit geltenden internationalen Steuervorschriften nur unzureichend erfasst, da diese für traditionelle Unternehmen konzipiert sind, begründet die Kommission ihren Vorstoß. Eine Gewinnbesteuerung eines nicht ansässigen Unternehmens ist aktuell nur bei einer physischen Präsenz möglich.

Zu den beiden Punkten brachte die SPÖ einen Antrag auf Stellungnahme ein, worin die Bundesregierung, insbesondere aber der Finanzminister, aufgefordert wird, Verhandlungslösungen voranzubringen, die die wichtigen Elemente für mehr Steuergerechtigkeit beinhalten. Dazu zähle die Verankerung einer Dauerregelung für die digitale Betriebsstätte im Rahmen der gemeinsamen Körperschaftssteuerbemessungsgrundlage, die schnellstmögliche Beschlussfassung zur Digitalsteuer als Übergangslösung, die Einführung von EU-weiten Mindestkörperschaftssteuersätzen und Regelungen für die transparente länderspezifische Berichterstattung (public Country-by-Country-Reporting).

Die Debatte, in denen sich Carmen Jeitler-Cincelli (ÖVP), Kai Jan Krainer (SPÖ), Doris Margreiter (SPÖ), Robert Lugar (FPÖ), Claudia Gamon (NEOS) und Bruno Rossmann (PILZ) zu Wort meldeten, wurde schließlich mit den Stimmen der beiden Koalitionsparteien ÖVP und FPÖ vertagt. Man wolle die kommende ECOFIN-Tagung abwarten, begründeten sie ihren Antrag.

Langfristige Lösung: Betriebsstättenbegriff soll auf digitale Plattformen ausgedehnt werden

Mit ihren Legislativvorschlägen schlägt die EU-Kommission Maßnahmen vor, die sicherstellen sollen, dass digitale Großunternehmen einen gerechten Steueranteil tragen. Kleinere Unternehmen sind davon ausgenommen, denn nur Großunternehmen mit einer signifikanten digitalen Präsenz sollen betroffen sein. So würden davon Unternehmen erfasst, deren Gesamterträge aus digitalen Dienstleistungen 7 Mio. € übersteigen oder die Nutzerzahl größer als 100.000 ist oder die Zahl der Geschäftsverträge 3.000 übersteigt. Im Zentrum steht die Ausdehnung des Betriebsstättenbegriffs auf digitale Plattformen und somit eine Neudefinition. Dort, wo durch die Nutzung digitaler Dienste Gewinne erwirtschaftet werden, würde die Steuer schlagend und käme dem jeweiligen Staat zugute.

Digitalsteuer als Übergangslösung

Mittels der als Übergangslösung konzipierten Digitalsteuer, will die Kommission möglichst bald die wichtigsten nicht besteuerten digitalen Tätigkeiten in einem einheitlichen Regelwerk erfassen, um einen Wildwuchs nationaler Maßnahmen im Binnenmarkt zu verhindern. Diese kurzfristige Lösung ist auf große Konzerne zugeschnitten. Es handelt sich dabei in erster Linie um eine Werbeabgabe, die eine Gleichstellung digitaler Unternehmen mit traditionellen Unternehmen bringen und damit gleiche Wettbewerbsbedingungen sicherstellen soll. Besteuert würde nicht der Gewinn, sondern die Bruttoeinnahmen.

Konkret ist vorgesehen, dass Umsätze aus der Internetwerbung, wie zum Beispiel die Zurverfügungstellung von online-Werbeflächen für NutzerInnen, dort besteuert werden, wo der Computer steht, wenn das Geschäft getätigt wird. Auch digitale Interaktionen zum Verkauf von Gegenständen und Dienstleistungen würden besteuert, nicht allerdings klassische Internetleistungen wie Streaming-Dienste. Die Mitgliedstaaten würden zudem aus Geschäften wie dem Verkauf von Daten, die Rückschlüsse auf das Nutzerverhalten zulassen, direkte Steuereinnahmen erhalten. Als Digitalsteuersatz sind im Kommissionsentwurf 3% der steuerbaren Erträge festgelegt. Voraussetzung ist in allen Bereichen, dass ein Online-Unternehmen jährlich weltweit einen Gesamtumsatz von mindestens 750 Mio. € generiert, beziehungsweise EU-weit mindestens 50 Mio. €. Kleinere Start-up-Unternehmen würden somit nicht belastet. (Schluss EU-Unterausschuss) jan