Parlamentskorrespondenz Nr. 30 vom 16.01.2019

Rechnungshof sieht Handlungsbedarf bei der Sicherung der Schutzwälder

Rechnungshofausschuss erörtert Prüfbericht Margit Krakers

Wien (PK) – Die Schutzwaldbewirtschaftung durch die Österreichischen Bundesforste (ÖBF) ist nach Einschätzung des Rechnungshofs verbesserungsfähig. Den Abgeordneten des Rechnungshofausschusses lag in der heutigen Sitzung ein entsprechend kritischer Prüfbericht (III-29 d.B.) vor, in dem Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker vor allem auf weitere Maßnahmen zur Stabilisierung und Sanierung der Schutzwaldflächen drängt und angesichts zunehmender Wildschäden im Wald auch die Verantwortung der Jägerschaft einmahnt.

Ausgangspunkt des Rechnungshofberichts sind die Österreichische Waldinventur 2007/2009 und eigene Erhebungen der Bundesforste, die jeweils einen nicht zufriedenstellenden Zustand des Schutzwaldes belegten. Ein gut strukturierter, stufiger Bestandsaufbau sei auf vielen Schutzwaldflächen nicht vorhanden, heißt es. So sei auf 30% der Flächen der Bestand nur einschichtig, auf 24% zweischichtig. In Verbindung mit dem hohen Baumalter – rund die Hälfte des Baumbestands war bereits über 140 Jahre alt – bedeute dies ein erhöhtes Risiko des Verlusts der Schutzwirkung.

Rechnungshof drängt auf intensivere Maßnahmen zur Stabilisierung und Sanierung der Schutzfunktion

Die Bundesforste bewirtschafteten die Schutzwaldflächen vorrangig ertragsorientiert und erfüllten damit die im Gesetz verankerte Zielvorgabe der "bestmöglichen Sicherung und Weiterentwicklung der Schutzfunktion der Waldflächen" unzureichend, lautet der Befund des Rechnungshofs. Pro Hektar Schutzwald im Ertrag wendeten die Bundesforste für Waldpflegemaßnahmen nur rund ein Viertel jenes Betrags auf, der auf Waldwirtschaftsflächen zum Einsatz kam. Der Pflegeaufwand für den Schutzwald im Ertrag sei damit vergleichsweise gering gewesen, zumal aufgrund des Zustands der Schutzwälder gerade auf diesen Flächen besonders intensive Maßnahmen zur Stabilisierung und Sanierung zu ergreifen wären.

Der Bericht gibt darüber hinaus zu bedenken, dass die durch das Wild verursachten Waldschäden ein wesentliches Hemmnis für das Wachstum des Waldes und insbesondere für eine ausreichende Verjüngung des Schutzwalds darstellen. Die Bundesforste beabsichtigten, durch Teilung der Jagdreviere und den Abschluss von Abschuss- und Pirschverträgen die Zahl der Abschüsse zielgerichtet zu erhöhen und damit Wildschäden zu reduzieren. Dieses Ziel ist nach Meinung des Rechnungshofs bisher nur zum Teil erreicht worden.

Wildschäden: Kraker pocht auf Einhaltung der Mindestabschussverpflichtungen

Margit Kraker empfahl nun den Bundesforsten, die finanziellen Voraussetzungen für zusätzliche Maßnahmen im Schutzwald abzuklären und die erforderlichen Maßnahmen rasch in Angriff zu nehmen. Insgesamt sollte die Bewirtschaftung der Schutzwaldflächen im Hinblick auf eine nachhaltige Sanierung der Schutzfunktion intensiviert werden, wobei der Rechnungshof auch waldbauliche Maßnahmen, etwa zusätzliche Pflanzungen, vorschlägt. Im Fokus der Empfehlungen steht zudem die Wildschadensreduktion im Schutzwald. An die Bundesforste ergeht in diesem Zusammenhang der Appell, aktiv zur Bewusstseinsbildung und zur Verhaltensänderung beizutragen und ihre Stellung in der Jägerschaft zu nutzen, um notwendig erachtete Anpassungen hemmender jagdgesetzlicher Vorschriften zu erreichen. Hinzuwirken wäre demnach auch auf die Erfüllung der Mindestabschussverpflichtungen.

Abgeordnete setzen auf Schutzwaldstrategie

Gerade die dramatische Situation der letzten Tage habe aufgezeigt, wie wichtig die Schutzwälder sind, unterstrich ÖVP-Abgeordneter Hermann Gahr und sprach ebenso wie Jessie Lintl (FPÖ) die Notwendigkeit einer Schutzwaldstrategie an. Ähnlich sah dies auch Ausschussobfrau Irmgard Griss (NEOS), wobei sie allerdings kritisch anmerkte, die Bundesforste würden in die Schutzwälder weniger als in andere Wälder investieren. JETZT-Mandatar Wolfgang Zinggl rief in diesem Zusammenhang die Bundesforste auf, mehr für die Verjüngung der Schutzwälder zu tun. Erwin Preiner (SPÖ) wiederum kritisierte, dass es trotz des schlechten Zustandes der Schutzwälder seit 2015 keine neuen Schutzwald-Projekte gegeben hat. Irritiert zeigte er sich auch über die Holzernte durch externe Firmen. Sein Fraktionskollege Wolfgang Knes schließlich warf den Bundesforsten vor, die wirtschaftlichen Interessen über die Erhaltung und Aufforstung des Schutzwaldes zu stellen.

Freidhager: Schutzwaldbudget reicht für Sanierungsmaßnahmen aus

Seitens der Bundesforste erinnerte Rudolf Freidhager als Vorstand für Forstwirtschaft und Naturschutz, dass sich die ÖBF zwischen 1999 und 2009 als Folge zahlreicher Naturkatastrophen und Windwürfe in erster Linie auf die Schadholzaufarbeitung konzentrierten. 2015 habe man dann eine Waldbaustrategie bestehend aus einer forstwirtschaftlichen und einer Jagdstrategie entwickelt. Zudem wurde ein transparentes Schutzwaldkonzept erstellt, auf dessen Basis die Bundesforste den Sanierungsbedarf der Schutzwälder nach einem Ampelsystem feststellen. Alle 10 Jahre stehe demnach eine Fläche zur Überprüfung an. Für das laufende Geschäftsjahr sei nun ein Schutzwaldbudget mit einem negativen Saldo von 2,7 Mio. € bewilligt worden, mit dem es gelinge, die notwendigen Sanierungsmaßnahmen zu finanzieren. Die tatsächlichen Aufwendungen für Aufforstung und Pflege betragen 8 Mio. €, 5 Mio. € erwirtschafte man aus Erlösen.

Was die Vergabe von Jagdflächen betrifft, informierte Freidhager, dass man grundsätzlich die Jagdpachten ausschreibe. Bewährte Pächter würden aber angeschrieben und ohne Ausschreibung verlängert.

Köstinger: Natürliche Verjüngung im Zentrum der Schutzwaldstrategie

Mit der Umsetzung der Schutzwaldstrategie habe man bereits begonnen, teilte Bundesministerin Elisabeth Köstinger mit. Im Fokus stehe dabei die natürliche Verjüngung und Aufforstung des Schutzwaldes. Ziel sei darüber hinaus auch eine ökologisch angepasste Altholznutzung sowie die Aufschließung von Flächen für die Waldpflege. Die Ressortchefin erwartet sich insgesamt von dem Konzept eine nachhaltige Verbesserung der Situation und gab grundsätzlich zu bedenken, dass Schutzwälder wesentlich kostengünstiger seien als technische Baumaßnahmen.

Kraker kündigt Follow-up-Überprüfung an

Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker wies auf den grundsätzlichen Zielkonflikt zwischen wirtschaftlichem Erfolg und der Wahrung der Funktion des Schutzwaldes hin, meinte aber, die Empfehlungen des Rechnungshofs seien bereits aufgegriffen worden. Wichtig sei nun, dass die Maßnahmen zeitgerecht gesetzt werden, betonte sie und kündigte eine Follow-up-Überprüfung an.

Der Bericht wurde einstimmig zur Kenntnis genommen. (Fortsetzung Rechnungshofausschuss) hof