Parlamentskorrespondenz Nr. 1092 vom 18.11.2019

Neu für den Verfassungsausschuss

SPÖ-Anträge zu Regierungstransparenz, Anfragebeantwortungen, Vorabprüfung von Staatsverträgen und Volksabstimmungen

Wien (PK) – Die SPÖ hat mehrere Gesetzesinitiativen aus der vergangenen Gesetzgebungsperiode neu eingebracht. Unter anderem geht es Verfassungssprecher Jörg Leichtfried und seinen FraktionskollegInnen darum, die Regierung mit einem eigenen Gesetz zu umfassender Transparenz zu verpflichten. Außerdem sollen sich die Abgeordneten an den Verfassungsgerichtshof wenden können, wenn die Regierung schriftliche Anfragen unzureichend beantwortet. Weitere Anliegen betreffen die Vorabprüfung von Staatsverträgen durch den Verfassungsgerichtshof sowie die Bereitstellung objektiver und verständlicher Informationsbroschüren bei Volksabstimmungen und Volksbefragungen.

Regierung soll mit eigenem Gesetz zu Transparenz verpflichtet werden

Das von SPÖ-Verfassungssprecher Jörg Leichtfried neu eingebrachte Bundesregierungs-Transparenz-Gesetz umfasst insgesamt neun Paragraphen und sieht unter anderem eine Veröffentlichung der Tagesordnungen und Beschlussprotokolle von Ministerratssitzungen sowie die Anfertigung stenographischer Protokolle über die Beratungen im Ministerrat vor (56/A). Ebenso sollen die Regierungsmitglieder grundsätzlich verpflichtet werden, sämtliche in Auftrag gegebene Gutachten und Expertisen sowie alle dienstlichen Termine – mit besonderem Fokus auf Treffen mit Lobbyisten – zu veröffentlichen. Auch in Bezug auf erhaltene Gastgeschenke wird von der SPÖ Transparenz verlangt.

Was Gesetzesvorhaben der Regierung bzw. der Ministerien betrifft, fordert die SPÖ eine verpflichtende sechswöchige Begutachtungsfrist -  mit einer Verkürzungsmöglichkeit auf drei Wochen in begründeten Ausnahmefällen. Gleiches will sie für Verordnungen normieren. Mehr Transparenz könnte das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik erhöhen, macht Leichtfried in den Erläuterungen zur Initiative geltend. Zudem verweist er auf internationale Vorbilder und Empfehlungen der Staatengruppe gegen Korruption des Europarats, GRECO.

Unzureichende Anfragebeantwortungen: SPÖ will Verfassungsgerichtshof einschalten

In die Pflicht nehmen will die SPÖ die Regierung auch, was die Beantwortung parlamentarischer Anfragen betrifft. Trotz mehrfacher Versuche, den Zustand zu verbessern, habe sich nichts an der "schlampigen" und "verfassungswidrigen" Praxis geändert, schriftliche Anfragen von Abgeordneten oft nur unzureichend zu beantworten, moniert Leichtfried. Er schlägt in diesem Sinn vor, bei Streitfällen künftig den Verfassungsgerichtshof einzuschalten (58/A).

Konkret sollen sich jene Abgeordneten oder BundesrätInnen, die eine schriftliche Anfrage eingebracht haben und mit der Antwort des zuständigen Regierungsmitglieds unzufrieden sind, an den VfGH wenden können. Allerdings nur dann, wenn es um die Klärung grundsätzlicher Fragen geht. Damit will Leichtfried eine Lähmung des VfGH durch hunderte Beschwerden vermeiden. Auf Basis der an ihn herangetragenen Fälle könnte der Verfassungsgerichtshof ihrer Vorstellung nach Leitlinien festlegen, etwa welche Grenzen für die Beantwortung von Anfragen bestehen und wo Anfragen unbedingt beantwortet werden müssen.

An den Antrag angehängt ist ein Artikel des Informationsportals addendum.org, der sich ebenfalls kritisch mit der Beantwortungspraxis auseinandersetzt.

VfGH soll Staatsverträge schon vorab prüfen können

Nicht locker lassen will die SPÖ auch in Bezug auf die Frage nach einer Vorabprüfung von Staatsverträgen durch den Verfassungsgerichtshof (57/A). Über diese Forderung hat es in der letzten Legislaturperiode zwar bereits grundsätzlichen Konsens gegeben, ein vom damaligen Justizminister Josef Moser in Aussicht gestellter Gesetzentwurf fiel allerdings den vorgezogenen Neuwahlen und noch offenen Detailfragen zum Opfer (siehe dazu auch Parlamentskorrespondenz Nr. 1118/2018 und Nr. 286/2019).

Im Detail schlägt SPÖ-Verfassungssprecher Jörg Leichtfried ergänzende Bestimmungen in der Bundesverfassung vor, die dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) die Möglichkeit einräumen würden, Staatsverträge bereits vor ihrem Abschluss auf mögliche Verfassungs- bzw. Gesetzeswidrigkeiten zu prüfen. Für derartige Prüfungen soll eine Frist von vier Wochen gelten, innerhalb der ein Abschluss des Vertrags nicht zulässig wäre. Außerdem wird eine Präzisierung jener Bestimmungen verlangt, die die Vorgehensweise im Falle der Aufhebung eines bereits geltenden Staatsvertrags regeln.

Informationsbroschüre für Volksabstimmungen und Volksbefragungen

Ein weiteres Anliegen ist der SPÖ die Bereitstellung einer ausgewogenen, leicht verständlichen Informationsbroschüre vor Volksabstimmungen und Volksbefragungen durch die Bundesregierung (59/A). In der Broschüre sollen den pro- und contra-Argumenten zum Abstimmungs- bzw. Befragungsgegenstand gleich viel Raum eingeräumt sowie die budgetären Belastungen für Bund, Länder und Gemeinden und sonstige besondere Auswirkungen dargestellt werden. Bildmaterial und wortgemäße Zitate aus Abstimmungskampagnen wären hingegen ausdrücklich untersagt. An die Gegenüberstellung der Argumente sollen kurze Stellungnahmen der Parlamentsparteien angefügt werden können. Die Broschüre sollte dem Antrag zufolge auf Deutsch und Englisch zur Verfügung gestellt werden, und zwar spätestens vier Wochen vor dem Abstimmungs- bzw. Befragungstag.

Durch die vorgeschlagenen Bestimmungen solle gewährleistet werden, dass BürgerInnen vor Volksabstimmungen und Volksbefragungen die Möglichkeit haben, sich umfassend über das jeweilige Thema zu informieren, heißt es in der Begründung der Initiative. (Schluss) gs