Parlamentskorrespondenz Nr. 398 vom 29.04.2020

Corona-Krise überschattet Nationales Reformprogramm

Bundesregierung will im Zuge des Europäischen Semesters Auswirkungen der Pandemie erörtern und Herausforderungen neu bewerten

Wien (PK) – Im Rahmen der wirtschaftspolitischen Koordinierung hat jedes EU-Mitgliedsland bis spätestens Ende April jeden Jahres ein Nationales Reformprogramm an die Europäische Kommission zu übermitteln, das über die mittelfristige Haushaltsplanung und über die Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen informiert. Das nunmehr dem Parlament vorliegende österreichischen Reformprogramm 2020 (III-127 d.B.) wurde allerdings noch vor der Covod-19-Pandemie erarbeitet und ist vor diesem Hintergrund, wie die Bundesregierung in ihrem diesbezüglichen Bericht zu bedenken gibt, in einigen Aussagen und Darstellungen obsolet und in dieser Form nicht aufrechtzuhalten. Österreich gehe davon aus, dass das Europäische Semester die Gelegenheit bieten werde, die Auswirkungen von Covid-19 zu erörtern und entsprechend auch die Herausforderungen neu zu bewerten, heißt es. Aktuell bleibt jedenfalls die von der Europäischen Kommission analysierten Fortschritte hinsichtlich der länderspezifischen Empfehlungen des Jahres 2019.

Fortschritte bei Senkung der Abgabenbelastung und bei Digitalisierung, Nachholbedarf bei Deregulierung

So kommt die Europäische Kommission bei der Bewertung der finanziellen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu dem Ergebnis, dass Österreich im Pensionssystem, bei der Langzeitpflege, im Gesundheitssystem und bei der Kompetenzbereinigung zwischen Bund und Ländern Fortschritte gemacht hat. Eine positive Entwicklung konstatiert Brüssel auch bei der Senkung der Steuer- und Abgabenbelastung des Faktors Arbeit, dies insbesondere für Familien und Personen mit geringem Einkommen. Verbessert hat Österreich aus Sicht der Kommission auch die Arbeitsmarktergebnisse für Frauen, wobei hier allerdings angemerkt wird, dass der Anteil von Frauen in Teilzeitbeschäftigung noch immer sehr hoch ist und das Angebot an Kinderbetreuung von Bundesland zu Bundesland variiert. Fortschritte konnte die Kommission auch bei der Unternehmensdigitalisierung, den Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie bei der Unterstützung des Produktivitätswachstums feststellen. Was die Verbesserung der Grundkompetenzen benachteiligter junger Menschen und den Abbau regulatorischer Hürden im Dienstleistungssektor betrifft, besteht entsprechend der Einschätzung der Kommission noch Aufholbedarf.

Österreich bei F&E auf gutem Weg, Verbesserungspotenzial bei der Erwerbstätigkeit von Frauen

In einer Bilanz zu den nationalen Europa 2020-Zielen hebt die Kommission vor allem die ambitionierten Ziele im Bereich Forschung und Entwicklung (F&E) positiv hervor und merkt an, dass Österreich hinter Schweden den 2. Rang bei der F&E-Intensität einnimmt. Verbesserungspotenzial besteht aus Sicht der Kommission andererseits aber bei der Verringerung der Treibhausgasemissionen sowie der Verbesserung der Energieeffizienz, zumal in beiden Bereichen die nationalen Ziele noch nicht erreicht werden konnten. In Sachen Reduzierung der Armut wiederum wird festgestellt, dass Österreich den Anteil der erheblich materiell Benachteiligten innerhalb der letzten zehn Jahre von 5,9% auf 2,8% mehr als halbieren konnte. Zudem schneidet Österreich überdurchschnittlich gut beim sozialpolitischen Scoreboard der europäischen Säule sozialer Rechte ab. Bereiche mit Verbesserungspotenzial bleiben allerdings die Erwerbstätigkeit von Frauen und älterer ArbeitnehmerInnen. (Schluss) hof