Parlamentskorrespondenz Nr. 546 vom 29.05.2020

NPO-Fonds für gemeinnützige Organisationen beschlossen

Nationalrat spricht sich einstimmig für Lockerungen bei Musikproben aus

Wien (PK) – SPÖ und NEOS trugen heute im Nationalrat den Unterstützungsfonds für Non-Profit-Organisationen mit, um betroffenen gemeinnützigen Vereinen bei der Bewältigung der Corona-Krise mit finanziellen Mitteln unter die Arme zu greifen. Abgelehnt wurde das 20. COVID-19-Gesetz von der FPÖ, weil bislang noch keine konkrete Umsetzungsrichtlinie vorgelegt worden sei. Dieser Aspekt wurde auch von den anderen beiden Oppositionsparteien trotz Zustimmung bemängelt.

Einstimmig angenommen wurde ein Entschließungsantrag, mit dem ÖVP und Grüne die Wiederaufnahme von Musikproben anstreben. Die FPÖ-Forderung nach einem Fahrplan zu den geplanten Lockerungen im Kunst- und Kulturbereich fand keine Mehrheit. Mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und NEOS angenommen wurde eine Ausschussentschließung zum Thema "Fair Pay" auf Basis einer SPÖ-Entschließung. In diesem Zusammenhang fand schließlich auch ein NEOS-Entschließungsantrag zur Veröffentlichung einer WIFO-Studie zur volkswirtschaftlichen Bedeutung von Kunst und Kultur in Österreich die einhellige Zustimmung des Nationalrats.

COVID-19-Unterstützung für Vereine

Die Unterstützungsleistungen sollen Organisationen als privatwirtschaftliche Förderungen zugutekommen, wenn sie im Sinne der Bundesabgabenordnung gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verwirklichen und von Einnahmeausfällen durch COVID-19 betroffen sind. Mittels Abänderungsantrag wurden auch Feuerwehren und gesetzlich anerkannte Religionsgemeinschaften in den Empfängerkreis aufgenommen und klargestellt, dass auch theoretisch nicht gemeinnützige "Töchter" von NPOs antragsberechtigt sind. In Summe sollen dafür 700 Mio. € aus dem COVID-19-Krisenbewältigungsfonds bereitgestellt werden. Ein Rechtsanspruch besteht nicht, Anträge sind bis 31. Dezember 2020 möglich. Ausgenommen sind politische Parteien, Kapital- und Personengesellschaften mit mehr als 50%-Beteiligung von Gebietskörperschaften sowie Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und Pensionskassen. Eingerichtet wird der NPO-Fonds beim Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport. Bei der Verordnung eingebunden wird auch das Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus. Die Antragsabwicklung wird von der Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft (AWS) übernommen, Berichtspflichten an den Nationalrat sind vorgesehen.

Angesichts der hohen Zahlen an Vereinen und Vereinsmitgliedern in Österreich erachtet Eva Blimlinger (Grüne) die Einrichtung des NPO-Fonds als besonders notwendig. Sie räumte ein, dass die Vorlage des Gesetzes lange dauerte, was sie mit der komplexen Materie der Vereinskonstruktionen argumentierte. Man habe sich intensiv damit beschäftigt, für das Potpourri an verschiedenen Organisationsformen geeignete Optionen zu finden und das Vereinsleben abzusichern. Die Vielfalt und das Engagement, welches sich in Österreich in Vereinen organisiere, hob ÖVP-Abgeordnete Maria Großbauer hervor. Beispielhaft nannte sie die kulturelle und gesellschaftliche Bedeutung von Blasmusikkapellen und Chören. Von Letzteren gebe es in Österreich immerhin mehr als Fußballvereine, meinte sie.

Eine exemplarische Aufzählung an Organisationen, die sich sozial und innovativ engagieren, lieferte auch SPÖ-Mandatarin Sonja Hammerschmid. Es gelte, die Vereine, die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und nachhaltigen Nutzen verbinden und bestrebt sind, die Zukunft zu gestalten angesichts der Corona-Krise endlich zu fördern, meinte sie. Auch im Kunst- und Kultur-Bereich gebe es viele Betroffene, weshalb ihre Fraktion dem Gesetz die Zustimmung erteilte, allerdings noch eine entsprechende Richtlinie vermisst, um etwa Klarheit über die Förderhöhen zu erlangen. Aus Sicht von SPÖ-Fraktionskollegin Petra Bayr kommt das Gesetz zu spät. Maximilian Köllner (ebenfalls SPÖ) meinte, dass die Regierung den Sport aus den Augen verloren habe.

Eine Zustimmung zum Antrag erachteten auch die NEOS zur Unterstützung der Vereine als notwendig, obwohl auch sie das Fehlen einer Richtlinie bemängelten. Henrike Brandstötter von den NEOS meinte, das Gesetz sei daher "mehr Kunst als Politik" und appellierte außerdem für eine Sicherstellung, dass parteinahe Vereine und schiefe Parteikonstruktionen keinen Cent aus dem NPO-Topf erhalten.

Mit dem Verlangen auf getrennte Abstimmung brachte die FPÖ zum Ausdruck, dass sie die Förderung der Gemeinnützigen zwar gut heißt, das gesamte Gesetz aber ablehnt. Obwohl es spät vorgelegt wurde, seien die eigentlichen Inhalte noch offen, hielt FPÖ-Kultursprecher Volker Reifenberger der Bundesregierung vor. Er habe das Gefühl, die "Katze im Sack zu kaufen", da noch keine Richtlinie vorliege. Neben mangelhafter Umsetzung kritisierte der Mandatar außerdem, dass für den Fonds keine neuen Mittel zur Verfügung gestellt werden, sondern dafür aus dem 38 Mrd. € Corona-Topf geschöpft werde. Auch sei unklar, wann das Geld fließen würde, bemängelte er ebenso wie seine FPÖ-Fraktionskollegin Petra Steger. Dem Sport werde von Seiten der Regierung ihres Erachtens zu wenig Stellenwert beigemessen.

Zu den aufgeworfenen Punkten nahm Vizekanzler und Sportminister Werner Kogler Stellung. Der 38 Mrd. € schwere Corona-Topf sei bewusst als sinnvolle Stellgröße geschaffen worden, um darin verschiedene Instrumente zur Unterstützung bei der COVID-19-Krisenbewältigung unterzubringen, sagte er. Die Schadenserhebung des NPO-Fonds beziehe sich laut Kogler vorerst auf eine Perspektive von sechs Monaten, möglicherweise könnten danach andere Berechnungsgrundlagen nötig werden. Kein Verein sei ausgeschlossen, betonte er, jedoch sei das Gesetz mit gewisser Treffsicherheit ausgestattet worden, damit nicht ohne Kriterien ausgezahlt werde. Wichtig sei dem Vizekanzler, dass von dem Fördertopf nichts in die Parteikassen gelange. Gemeinnützige Vereine unterschiedlicher Bereiche gegeneinander auszuspielen hielt er nicht für sinnvoll.

Vorgenommen werden mit dem 20. COVID-19-Gesetz außerdem Adaptionen im COVID-l9-Förderungsprüfungsgesetz, damit der neue Fonds darin berücksichtigt wird. Im heute eingebrachten Abänderungsantrag ist zudem eine automatisierte Plausibilisierung der im Zuge der Antragstellung übermittelten Daten sowie die Möglichkeit der Erstellung von Ergänzungsgutachten durch den Finanzminister vorgesehen.

Einstimmiger Entschließungsantrag zu Lockerungen bei Musikproben

Mit Stimmeneinhelligkeit verabschiedet wurde in der heutigen Sitzung des Nationalrats ein von ÖVP und Grünen eingebrachter Entschließungsantrag, der sich für eine Wiederaufnahme von Musikproben ausspricht. In diesem wird exemplarisch auf die nötige Planungssicherheit im Bereich der Blasmusik verwiesen. Aus fundierten Gutachten und Expertisen lasse sich schließen, dass bei Kleingruppen von MusikerInnen größere Abstände zwischen den TeilnehmerInnen sowie weitere Vorkehrungen ausreichend Schutz bieten, um den Proben- und in weiterer Folge den Veranstaltungsbetrieb wiederaufnehmen zu können.

In einem eigenen Entschließungsantrag forderte Abgeordneter Volker Reifenberger (FPÖ) die " Herstellung von Planbarkeit, Sicherheit und realitätsnahe Vorgaben für den heimischen Kunst- und Kulturbereich ". Die Abgeordneten der Opposition vermissen demnach einen nachvollziehbaren Fahrplan der geplanten Lockerungen für alle Bereiche des Kunst- und Kulturlebens. Im Plenum fand diese Entschließung keine Mehrheit.

SPÖ-Petition für Kultur-Rettungsschirm, Grünes Bekenntnis zur Blasmusik

Abgeordnete Andrea Kuntzl (SPÖ) bekundete die Unterstützung ihrer Fraktion zu beiden eingebrachten Entschließungen. Weiters warb sie für eine von SPÖ-Kultursprecher Thomas Drozda eingebrachte Petition, in welcher Maßnahmen für einen umfassenden Rettungsschirm für Kulturschaffende verlangt werden.

Mit einem leidenschaftlichen Bekenntnis ergriff Abgeordnete Sibylle Hamann (Grüne) das Wort: "Ich unterstütze die Blasmusik aus tiefster, innerer Überzeugung und voller Leidenschaft." Bei dem vorliegenden Antrag gehe es allerdings auch um Chöre, Punkbands, Pop, Jazz und Kammermusik. Die breite Basis des Musiklebens in Österreich erfülle eine wichtige gesellschaftliche Funktion, so Hamann. Das gemeinsame Musizieren könne die Menschen wieder aus Isolation und Vereinzelung herausholen.

Abgeordneter Volker Reifenberger (FPÖ) wunderte sich über die eingebrachte Entschließung von ÖVP und Grünen, der seine Fraktion dennoch zustimmte. Offenbar seien deren Klubs nicht überzeugt von der Umsetzungskraft ihrer Regierungsmitglieder. "Skurril in diesem Zusammenhang ist die Beschränkung auf die Blasmusik", ortete Reifenberger einen "Kniefall der Grünen vor der ÖVP". Der eigene Antrag der FPÖ sei allumfassender und beabsichtige, die Verunsicherung in der Kunst- und Kulturszene zu beenden. Dass Lockerungen zumindest angekündigt seien, bezeichnete Reifenberger als Fortschritt, die Beschränkungen seien jedoch vollkommen überzogen.

Mit einem Exkurs in die musikalische Akustik leitete Abgeordneter Rudolf Taschner (ÖVP) seine Ausführungen ein. Bei der Blasmusik gehe es darum, dass Blasinstrumente für Schallteilchen und Tröpfchen sorgen, tatsächlich handle es sich aber um eine stehende Welle im Instrument. Der neuen Staatssekretärin Mayer gratulierte Taschner zu ihrer Position, die in der Nachfolge von Rudolf Scholten, Franz Morak oder Claudia Schmied "beneidenswert" sei. Taschner verwies mit Blick auf die Wiener Secession auf die Bedingungslosigkeit der Freiheit der Kunst. Dies sei eine "eigentlich unlösbare Aufgabe", die die Staatsekretärin bewältigen werde.

Als einen "wesentlichen Schritt für das Comeback in unserem örtlichen Leben" bezeichnete Abgeordnete Claudia Plakolm (ÖVP) die ab heute geltenden Lockerungen mit Verweis auf die vielerorts freitäglichen Blasmusikproben. Unverständnis äußerte Plakolm für die NEOS-Forderung, Vereinsfeste künftig zu besteuern.

"Fair Pay" für Kunstschaffende in zwei Entschließungsanträgen gefordert

Ein Entschließungsantrag, eingebracht von Abgeordneter Katharina Kucharowits (SPÖ), forderte Mittel für eine faire Entlohnung von Kunstschaffenden. Die an den zuständigen Minister Werner Kogler gerichtete Entschließung, dem Wiener Modell einer Fair-Pay-Maßnahme zu folgen und auch das Kunst- und Kulturbudget des Bundes deutlich zu erhöhen, wurde im Plenum mehrheitlich abgelehnt.

Dem stand ein von den Koalitionsfraktionen zusammen mit NEOS im Kulturausschuss formulierter Antrag zum Thema "Fair Pay" gegenüber, der den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport ersucht, den "bereits eingeleiteten Prozess einer Kulturstrategie 'Fair Pay' den Anforderungen durch die COVID-19 Krise anzupassen, um die faire Bezahlung von in der Kunst und Kultur Tätigen zu fördern". Diese Entschließung wurde mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und NEOS angenommen.

Die derzeitige Situation der KünstlerInnen bezeichnete Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ) als "Malen ohne Zahlen". Einer Studie zufolge verdienen Kulturschaffende 5.000 € pro Jahr durch künstlerische Tätigkeit, in der Bildenden Kunst nur 3.500 €. Es sei Realität, dass viele mehrere Jobs haben, weil man nur von Kunst nicht leben kann, so Kucharowits. Es brauche eine Reform, die der Lebensrealität von KünstlerInnen entspreche. Den Antrag der Regierungsfraktionen bezeichnete sie als "Vertröstung".

Einigkeit stellte Abgeordneter Hermann Weratschnig (Grüne) in Bezug auf eine notwendige Änderung der Bedingungen in der Kunst- und Kulturszene fest. Coronabedingt würden der Überbrückungsfonds, der Härtefallfonds und die NPO-Unterstützungen hier ein Bewusstsein schaffen. Auch die SPÖ habe die Veränderungen in 36 Jahren nicht geschafft, so Weratschnig in Richtung sozialdemokratischer Fraktion. Er dankte den Interessensgruppen für ihren Beitrag zur Weiterentwicklung von "Fair Pay" und bekannte sich klar zur öffentlichen Finanzierung von Kunst und Kultur.

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS) erwiderte die vorangehende Kritik von Abgeordneter Plakolm zur Vereinsbesteuerung. Er sei "natürlich dafür, dass Vereinsfeste dieselben Steuern zahlen müssen wie Gastwirte." Im Kulturbereich sei seine Fraktion für "Fair Pay", für eine Strategie brauche es jedoch eine Datenlage. Das WIFO habe bereits Daten im Ministerium abgeliefert, diese sollen auch veröffentlicht werden, begründete Schellhorn einen dahingehend eingebrachten Entschließungsantrag seiner Fraktion, der einstimmig angenommen wurde.

Als einen "guten Ansatz" bezeichnete Abgeordnete Maria Smodics-Neumann (ÖVP) die SPÖ-Forderung nach "Fair Pay" anhand des Wiener Modells. Es gehe allerdings noch besser, sie setze daher ihre Hoffnungen auf Staatssekretärin Andrea Mayer. (Fortsetzung Nationalrat) fan/cke

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