Parlamentskorrespondenz Nr. 895 vom 15.09.2020

Neu im Gesundheitsausschuss

Rechtliche Basis für Corona-Ampel, Betretungsverbote, Ausgangsregeln und Kontrollen

Wien (PK) – Der Initiativantrag, mit dem vor allem die noch fehlenden rechtlichen Grundlagen für das Corona-Ampelsystem sowie umfassende Betretungs- und Ausgangsregelungen geschaffen werden, wurde nun im Parlament eingebracht (826/A). Auch aufgrund eines VfGH-Erkenntnisses vom Juli 2020, laut dem die Verordnung zu den Corona-Ausgangsbeschränkungen als gesetzwidrig eingestuft wurde, waren Anpassungen erforderlich. Im Vordergrund steht jedenfalls, dass die Bewertung der epidemiologischen Situation vorzugsweise regional erfolgen soll, um bundesweite Maßnahmen hintanzuhalten.

Ampel-System basiert auf fünf Kriterien: Fälle, Cluster, Ressourcen, Tests und regionale Besonderheiten

Da ein kompletter zweiter Lockdown kein zweites Mal angedacht sei, müsse es möglich sein, je nach regionaler Situation differenzierte Maßnahmen zu setzen, heißt es in den Erläuterungen des Antrags, der Änderungen im Epidemie-, im Tuberkulose und im COVID-19-Maßnahmengesetz vornimmt. Die Verordnungen werden im Sinne einer "Kaskadenregelung" nicht nur vom Gesundheitsministerium erlassen, sondern auch vom Landeshauptmann oder der Bezirksverwaltungsbehörde, die entsprechend der epidemiologischen Lage auch zusätzliche (verschärfende oder ergänzende) Maßnahmen ergreifen können. 

Im Kontext mit dem Ampel-System ist ein im Gesundheitsministerium angesiedelter Beirat (Corona-Kommission) vorgesehen, der eine beratende Funktion inne hat. Bei der Bewertung der epidemiologischen Situation stehen folgende fünf Kriterien im Fokus: Übertragbarkeit (neue COVID-19-Fälle und Cluster), Clusteranalyse, Ressourcen im Gesundheitswesen, durchgeführte SARS-CoV-2-Tests samt Positivrate sowie regionale Besonderheiten (z.B. Tourismus- und Pendlerströme).

Umfassende Betretungsverbote und Ausgangsregelungen im Gesetz geregelt

Rechtlich abgesichert werden mögliche Betretungsverbote, die in Hinkunft für "bestimmte und öffentliche Orte in ihrer Gesamtheit" gelten können, soweit dies zur Vermeidung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist. Es wird klargestellt, dass auch das Verweilen als Betreten im Sinne des COVID-19-Maßnahmengesetzes gilt. Aus den Erläuterungen geht hervor, dass z.B. auch Vereinslokale, nicht öffentliche Sportstätten, nicht zum Wohnzweck angemietete Räumlichkeiten etc. vom Anwendungsbereich erfasst sind. Der private Wohnbereich (inklusive Nebengebäude wie Keller, Garagen, Gärten und Wohnmobile) ist von den Bestimmungen allerdings ausdrücklich ausgenommen.

Festgehalten wird am bisherigen Konzept der Betretungsregeln für Betriebsstätten, Arbeitsorte sowie für Verkehrsmittel, die nun explizit im Antrag genannt werden. Da insbesondere in privaten Fahrgemeinschaften mit haushaltsfremden Personen ungünstige epidemiologische Verhältnisse herrschen können, sind auch private Verkehrsmittel umfasst, ist den Erläuterungen zu entnehmen.

In der Verordnung kann entsprechend der jeweiligen aktuellen Situation festgelegt werden, in welcher Zahl und zu welcher Zeit oder unter welchen Voraussetzungen und Auflagen diese Orte betreten werden dürfen. Zu den Auflagen zählen insbesondere Abstandsregeln ("Baby-Elefant"), die Verpflichtung zum Tragen einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenden Schutzvorrichtung, sonstige organisatorische und räumliche Maßnahmen sowie Präventionskonzepte. Wenn gelindere Maßnahmen nicht ausreichen, kann das Betreten gänzlich untersagt werden; dabei sind aber ausreichende Ausnahmen vorzusehen.

"Um einen drohenden Zusammenbruch der medizinischen Versorgung zu verhindern", kann im Rahmen einer Verordnung festgelegt werden, dass das Verlassen des privaten Wohnbereichs nur zu bestimmten Zwecken zulässig ist. Explizit ausgenommen sind Zwecke zur Abwendung einer unmittelbaren Gefahr für Leib, Leben und Eigentum, die Betreuung von unterstützungsbedürftigen Personen, die Deckung der notwendigen Grundbedürfnisse des täglichen Lebens, berufliche Erfordernisse sowie der "Aufenthalt im Freien zur körperlichen und psychischen Erholung". Zur Durchsetzung der vorgesehenen Maßnahmen sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zur Mitwirkung verpflichtet. In den Erläuterungen wird die Deckung der notendigen Grundbedürfnisse näher ausgeführt und beispielsweise der Kontakt mit nicht im Haushalt lebenden Lebenspartnern, die Befriedigung religiöser Grundbedürfnisse (z.B. Friedhofsbesuche) und die Grundversorgung von Tieren angeführt.

Einbindung der Corona-Kommission und des Hauptausschusses

Bei der Erlassung aller Verordnungen hat der zuständige Gesundheitsminister die Corona-Kommission anzuhören, heißt es im COVID-19-Maßnahmengesetz. Überdies muss bei Betretungs- und Ausgangsverboten – also den "eingriffsintensivsten Maßnahmen" - auch das Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrats gesucht werden, wobei die jeweiligen Verordnungen spätestens vier Wochen (Betretungsverbote) bzw. zehn Tage (Verlassen des privaten Wohnbereichs) außer Kraft treten. Generell wird die Geltung des COVID-19-Maßnahmengesetzes um ein Jahr bis Ende 2021 verlängert.

Kontrollen: Möglichkeit der Einsicht in alle Unterlagen durch die Organe der Bezirksverwaltungsbehörde

Die Bezirksverwaltungsbehörden können die Einhaltung von Voraussetzungen oder Auflagen auch durch Überprüfungen vor Ort kontrollieren. Die Organe werden berechtigt, Betriebsstätten, Arbeitsorte, Verkehrsmittel und bestimmte Orte zu betreten und zu besichtigen sowie in alle Unterlagen Einsicht zu nehmen. Dezidiert davon ausgenommen ist aber der private Wohnbereich.

Im Zusammenhang mit dem Kontakt-Tracing wird im Epidemiegesetz festgelegt, dass alle natürlichen und juristischen Personen, die über Informationen in grenzüberschreitenden Fällen verfügen – wie etwa Personenbeförderungsunternehmen oder Beherbergungsbetriebe auf Verlangen zur Auskunftserteilung (Name, Geburtsdatum, Reiseroute, Mitreisende etc.) verpflichtet sind.

Im Schulbereich können gemeinsam mit dem Bildungsressort Sreeningprogramme veranlasst sowie Forschungseinrichtungen und SchulärztInnen mit der Durchführung von Labortests bzw. Untersuchungen beauftragt werden.

Teilweise Reduktion der Strafhöhen

Die für das rechtswidrige Betreten von Betriebstätten, Arbeitsorten, Verkehrsmitteln oder eines sonstigen Ortes angedrohte Geldstrafe wird auf 1.450 € reduziert. Wer gegen Auflagen (wie Maske, Abstand, Höchstzahl oder Zeit) verstößt, muss mit einer Geldstrafe bis zu 500 € rechnen. Inhaber von Betriebsstätten, Arbeitsorten, Betreiber von Verkehrsmitteln oder Verantwortliche für einen bestimmten privaten Ort müssen bei Verstößen gegen Betretungsverbote mit Strafen von bis zu 30.000 € rechnen. Sorgen diese nicht dafür, dass Auflagen eingehalten werden, drohen Geldbußen von bis zu 3.600 €. Außerdem ist auch dann eine Strafe in der Höhe von 1.450 € vorgesehen, wenn Organen der Bezirksverwaltungsbehörde oder den von ihnen herangezogenen Sachverständigen das Betreten, die Besichtigung, die Auskunftserteilung oder die Vorlage von Unterlagen verwehrt wird. (Schluss) sue