Parlamentskorrespondenz Nr. 675 vom 04.06.2021

Neu im Gesundheitsausschuss

SPÖ-Anträge zu den Themen Impfungen, Long-COVID-Maßnahmen, Corona-Bonus, Titandioxid und Gentechnik

Wien (PK) – Auf den Gesundheitsausschuss kommt, nach der hohen Anzahl an neu eingebrachten Anträgen zu schließen, auch in nächster Zeit viel Arbeit zu. So haben etwa die SozialdemokratInnen eine Reihe von Initiativen vorgelegt, die von der Übernahme des nationalen Impfplans in das Leistungsportfolio der ÖGK, der rechtzeitigen Vorbereitung der Impfpläne für Jugendliche und Erwachsene, der Schaffung von Reha-Kapazitäten für Long-COVID-PatientInnen bis hin zur Ausweitung des von der Regierung geplanten Corona-Bonus auf die nicht sichtbaren HeldInnen der Krise reichen. Außerdem zeigt sich die SPÖ besorgt bezüglich des Einsatzes des Farbstoffs Titandioxid E 171 vor allem in Lebensmitteln sowie bezüglich der Pläne der EU-Kommission in Sachen neuer Gentechnikverfahren.

SPÖ für Übernahme des nationalen Impfplans in das Leistungsportfolio der gesetzlichen Krankenversicherung

Um der Bevölkerung einen niederschwelligen und kostenlosen Zugang zu Impfungen zu ermöglichen, plädieren die SPÖ-Mandatare Rudolf Silvan und Philip Kucher dafür, den nationalen Impfplan in das Leistungsportfolio der Österreichischen Gesundheitskasse zu übernehmen (1590/A(E)). Sie machen darauf aufmerksam, dass Österreich im OECD-Ranking etwa bei den Diphterie-, den Tetanus- und den Influenza-Impfungen teilweise weit hinter vergleichbaren Ländern liege. Die Finanzierung dieser flächendeckenden kostenlosen Impfprogramme müsse dabei im Rahmen einer 15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern sichergestellt werden, um Leistungsreduktionen bei den Krankenversicherungsträgern zu verhindern.

… für rechtzeitige Planung der COVID-19-Impfungen im Herbst und Winter

Da aktuell noch nicht abschätzbar sei, für wie lange eine Immunität nach einer Impfung oder einer überstandenen Krankheit besteht, sollten nach Ansicht der SPÖ bereits die gesundheitspolitischen Vorbereitungen für die Herbst- und Wintersaison getroffen werden (1688/A(E)). Minister Mückstein wird ersucht, so rasch wie möglich einen Planungs- und Abstimmungsprozess für die COVID-19-Schutzimpfungen nach dem Sommer zu initiieren, um ein österreichweit einheitliches Vorgehen sicherzustellen.

... für Vorbereitung einer Impfaktion für Jugendliche

In einer weiteren Initiative der SPÖ werden sowohl der Gesundheitsminister als auch der Bildungsminister ersucht, umgehend eine COVID-19-Impfaktion für SchülerInnen vorzubereiten, um in Hinkunft weitere Lockdowns zu verhindern (1592/A(E)). Mit den Impfungen sollte bereits im Juni gestartet werden, damit der zweite Stich noch vor dem Schulstart im Herbst erfolgen könne. Antragsteller Philip Kucher gibt diesbezüglich zu bedenken, dass immer mehr Studien die dramatischen Auswirkungen von Corona auf die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen aufzeigen. So habe sich etwa die Häufigkeit von depressiven Verstimmungen, von Angstsymptomen, aber auch von Schlafstörungen mittlerweile verfünffacht bis verzehnfacht, Tendenz steigend. Außerdem sei bei mehr als der Hälfte der SchülerInnen aufgrund der fehlenden Routine und dem Mangel an Sozialkontakten die Lernfreude und Motivation stark zurückgegangen.

… für Schaffung von Rehabilitations-Kapazitäten für die Behandlung von Long-COVID-Patienten

Die Erfahrungen der letzten 14 Monate haben gezeigt, dass viele COVID-19-PatientInnen auch lange nach der Akutphase der Erkrankung mit gesundheitlichen Einschränkungen konfrontiert sind, zeigt SPÖ-Abgeordneter Philip Kucher auf (1591/A(E)). Das unter dem Begriff "Long-COVID" subsumierte Krankheitsbild sei dabei sehr vielfältig und reiche von neurologischen und psychiatrischen Syndromen bis hin zu Problemen an der Lunge oder am Herzen. Ein Drittel der PatientInnen, die auf in Intensivstationen betreut wurden, seien nach einem Jahr nach wie vor nicht fähig, sich selbst zu versorgen oder wieder in ihren Berufen zu arbeiten. Es sei aus Sicht der SPÖ daher erforderlich, umgehend eine Strategie zur Unterstützung der Betroffenen zu entwickeln. Der Gesundheitsminister wird aufgefordert, die Planungsvorgaben des Rehabilitationsplanes 2020 auf Basis der bisher vorliegenden medizinischen Erkenntnisse aus der COVID-19-Pandemie zu aktualisieren und ausreichend finanzielle Mittel für den zusätzlichen Bedarf an Behandlungskapazitäten im stationären und ambulanten Bereich bereitzustellen.

… für Corona-Bonus auch für die nicht sichtbaren HeldInnen der Corona-Krise

In den letzten Monaten war oft von "Heldinnen und Helden der Krise" die Rede, heißt es in einem weiteren SPÖ-Entschließungsantrag (1690/A(E)). Die Corona-Krise habe nach Auffassung von Philip Kucher (SPÖ) dramatisch und kompromisslos veranschaulicht, wie unverzichtbar die auf den ersten Blick kaum sichtbare Arbeit vieler Menschen für die Gesellschaft ist. Wie so oft zeigte sich aber auch hier, dass der Wert der Arbeit nicht immer mit dem gesellschaftlichen Nutzen korreliere. Von elf als "systemrelevant" eingestuften Berufsgruppen bekommen gleich fünf weniger bezahlt als der österreichische Durchschnitt, zeigt Kucher auf. Insbesondere für die Beschäftigten in den Gesundheitsberufen, die während der Pandemie – zu Beginn sogar noch ohne Schutzausrüstungen und -vorkehrungen – um das Leben der PatientInnen gekämpft haben, habe sich nichts verbessert: Keine besseren Arbeitsbedingungen, keine bessere Bezahlung, kein zusätzliches Personal.

Die Bundesregierung wolle offenbar diese Ungerechtigkeiten nun noch auf die Spitze treiben und den geplanten Corona-Bonus vielen Personen vorenthalten, deren Einsatz für die Aufrechterhaltung des Gesundheitssystems vielleicht etwas weniger sichtbar sei, beklagt der Antragsteller. Er stellt in den Raum: Was ist mit den ZivildienerInnen, den SanitäterInnen im Rettungsdienst, den Contact-Tracern, den Beschäftigten bei der Hotline 1450, den ArzthelferInnen oder den Reinigungskräften auf Corona-Stationen? Kucher ersucht die Regierung, bei der Zuteilung des "Corona-Bonus" auf die unsichtbaren HeldInnen nicht zu vergessen und darüber hinaus auch den ArbeitnehmerInnen in den Bereichen der Daseinsvorsorge sowie anderen unverzichtbaren Branchen (z.B. im Lebensmittelhandel) eine finanzielle Anerkennung zukommen zu lassen.

SPÖ will Farbstoff Titandioxid E 171 wegen Krebsgefahr verbieten

Auf die gesundheitlichen Gefahren des als Weißmacher eingesetzten Farbstoffs Titandioxid E 171 macht SPÖ-Abgeordneter Christian Drobits in einem Entschließungsantrag aufmerksam (1586/A(E)). Titandioxid zählt zu den am meisten produzierten Nanopartikeln und wird unter anderem bei der Produktion von Sonnencremes, Zahnpasta, Tabletten, Farben, Lacken, Kunststoffen, Kaugummi, Mozzarella, Fruchtgummi, Fondant, buntem Streusel oder Backwaren verwendet. Da durch den Verzehr des Farbstoffes negative Effekte auf das ERbgut festgestellt wurden, warnt   die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA vor dem Einsatz von E 171. Der Lebensmittelzusatzstoff könne laut WissenschaftlerInnen nicht mehr als sicher angesehen werden. Der Europäischen Kommission wurde daher empfohlen, den Stoff EU-weit zu verbieten. Die SPÖ ersucht den Gesundheitsminister, sich nicht nur auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, sondern die Verwendung von Titandioxid E 171 in Lebensmitteln in Österreich unverzüglich zu verbieten. Außerdem sollte der Einsatz von E 171 in Arzneimitteln, bei Kosmetika oder in Tätowiermitteln einer Risikobewertung durch die EFSA unterzogen werden.

… und warnt vor Aufweichung der Gentechnik-Gesetzgebung

Abgeordneter Christian Drobits (SPÖ) befürchtet eine Aufweichung der Gentechnik-Gesetzgebung auf europäischer Ebene, da die EU-Kommission einen neuen Rechtsrahmen für moderne biotechnologische Verfahren wie die sogenannte Genschere (CRISPR-Cas9) plane (1646/A(E)). Sollten jedoch mit neuen Techniken gentechnisch veränderte Pflanzen zukünftig nicht mehr unter die strenge EU-Regulierung fallen, würden sie ungekennzeichnet und ohne Risikoprüfung in Lebensmitteln landen. Dies beeinträchtige das Recht auf Informationen und Wahlfreiheit der KonsumentInnen und könnte ungeahnte Folgen für die Zukunft der Lebensmittel, der Landwirtschaft und der Umwelt haben, warnt Drobits. Auch das Ziel des Green Deals, den Anteil der Bioproduktion bis 2030 auf 25% zu steigern, sei dadurch ernsthaft gefährdet. Die Bundesregierung soll daher auf europäischer Ebene klar die Position vertreten, dass alle Arten gentechnisch veränderter Organismen, egal ob sie durch alte oder neue Gentechnik hergestellt werden, entsprechend dem Urteil des EuGH vom 25. Juli 2018 unter die strengen Regeln für Zulassung, Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung fallen. (Schluss) sue