Parlamentskorrespondenz Nr. 1463 vom 15.12.2021

Sommerschule: Freiwilliger Förderunterricht wird zur jährlichen Regel

Nationalrat beschließt mit Schulrechtsnovelle auch Neuerungen beim Heimunterricht

Wien (PK) - Die Sommerschule wird künftig jedes Jahr am Ende der Sommerferien stattfinden: Das beschloss heute der Nationalrat mehrheitlich mit den Stimmen von ÖVP und Grünen. SchülerInnen aller Schulstufen können damit freiwillig die letzten beiden Ferienwochen nutzen, um sich auf das kommende Schuljahr mit projekt- und themenzentriertem Unterricht vorzubereiten. Im Rahmen der Sammelnovelle, die diesem Beschluss zugrunde liegt, wird außerdem der Heimunterricht klarer geregelt: Unter anderem sind verpflichtende Reflexionsgespräche zur Begleitung des Lernerfolgs von daheim unterrichteten Kindern vorgesehen. Diesen Punkt der Novelle unterstützten auch die NEOS, er wurde daher getrennt vom Rest der Schulrechtsnovelle abgestimmt.

Weitere Gesetzesänderungen in der Sammelnovelle sehen einen Pflichtgegenstand "digitale Grundbildung" anstelle der namensgleichen verbindlichen Übung vor, sowie die Aufnahme des Schulversuchs "Aufbaulehrgang für Elementarpädagogik" an Fachschulen in das Regelschulwesen. An Höheren technisch-gewerblichen Lehranstalten und Höheren Lehranstalten für Land- und Forstwirtschaft kann eine Zweckbindung von Mitteln an die Zustimmung des Kuratoriums geknüpft werden.

Keine Mehrheit im Plenum fanden mehrere FPÖ-Anträge in Zusammenhang mit den Corona-Maßnahmen im Schulwesen, ein SPÖ-Antrag auf Fortsetzung des Schulstornofonds sowie die jeweiligen Anträge von SozialdemokratInnen und NEOS zur Förderung von digitalen Kompetenzen an Schulen.

Oppositionskritik an der Schulnovelle

Die Kritik der NEOS und ihrer sozialdemokratischen KollegInnen an den Sommerschulen betraf vor allem deren nur zweiwöchige Dauer und die heterogene Gruppenzusammensetzung. Die nachhaltige Vermittlung von Lernstoff sei dabei kaum möglich, meinte etwa Petra Vorderwinkler (SPÖ). Sibylle Hamann (Grüne) widersprach: Sommerschulen seien für alle Beteiligten ein "soft opener" in das neue Schuljahr.

Die FPÖ erklärte ihre Ablehnung der Regierungsvorlage vor allem mit den Neuerungen beim Heimunterricht. Die Verschärfungen seien "völlig unnötig", befand Hermann Brückl (FPÖ), zumal die Studie über die Gründe für Schulabmeldungen noch laufe. Rudolf Taschner (ÖVP) wies die Freiheitlichen Vorhaltungen zurück, tatsächlich helfe der Staat den Eltern, die beste Bildung für ihre Kinder sicherzustellen. Schulen seien dafür "das Mittel der Wahl", hob er den Wert des heimischen Unterrichtswesens hervor. Deswegen werde häuslicher Unterricht kaum benötigt.

Bildungsminister Polaschek: Sommerschule nützt allen SchülerInnen

Bildungsminister Martin Polaschek hielt fest, mit der Sommerschule werde ein "wichtiger Schritt zur bestmöglichen Förderung aller Schülerinnen und Schüler gesetzt". An der Stärkung des Sprachbewusstseins und des Erwerbs von mathematischen Grundkompetenzen werde in einem ganzheitlichen Ansatz gearbeitet. Allerdings sei die Sommerschule nicht nur für SchülerInnen mit Leistungsschwächen angelegt, so Polaschek. Auch leistungsstarke SchülerInnen profitierten vom dortigen Projektunterricht, bei dem sie nach zwei Wochen die von ihnen erarbeiteten Themen präsentieren könnten.

Überdies erwähnte der Bildungsminister in seinen Ausführungen zur Novelle als bedeutende Inhalte die Überführung des Aufbaulehrgangs für Elementarpädagogik in das Regelschulwesen und die Einführung der digitalen Grundbildung als Pflichtfach. Mit der gesetzlichen Verankerung dieses zusätzlichen Schulfachs wolle man Kinder darauf vorbereiten, souverän mit der Digitalisierung umzugehen. Gut ausgebildete Lehrkräfte würden dafür vom Bildungsressort bereit gestellt.

Sommerschule soll zur Normalität werden

Die 2020 im Zuge der Corona-Pandemie ins Leben gerufene Sommerschule zum Ausgleich pandemiebedingter Bildungsdefizite soll zur Regel werden. In maximal 40 Unterrichtseinheiten in den letzten beiden Wochen der Sommerferien wird vor allem in den Pflichtgegenständen beziehungsweise bei Unterrichtsprojekten gefördert, bei denen Schülerinnen und Schüler höherer Schulstufen als "Buddys" mitmachen können. Für höhere Schulstufen böten die Sommerschulen eine wichtige Vorbereitung für Aufnahmen in der 9. Schulstufe, so Bildungsminister Polaschek.

Sehr erfreut über die Novellierungen zeigte sich Sibylle Hamann (Grüne). Die Sommerschule sei "ein Kind von Corona" und werde bleiben: als niederschwelliges Gratisangebot zur Vorbereitung auf ein neues Schuljahr. Die Regelungen zum Heimunterricht sorgten dafür, dass zuhause unterrichtete Kinder einen guten Bildungsverlauf hätten, in Kombination mit dem Angebot, zurück in die Schule zu kommen. Kein Kind dürfe verloren gehen, "das sind wir all diesen Kindern schuldig".

Inwieweit der Einsatz von Lehramtsstudierenden dem Lernerfolg dienlich sei, hinterfragte Petra Vorderwinkler (SPÖ) im Zusammenhang mit den Sommerschulen. Martina Künsberg Sarre (NEOS) bekrittelte an dem sommerlichen Förderprogramm, es sei ein gut gemeinter Plan, aber nicht ausreichend durchdacht. Am neuen Fach der digitalen Grundbildung bemängelten beide, dabei fehle die inhaltliche Ausgestaltung. Als Vertrauensvorschuss erklärte Künsberg Sarre für das neue Schulfach dennoch die Zustimmung ihrer Fraktion. Maria Theresia Niss (ÖVP) hob hervor, die Förderung von Mädchen im digitalen Bereich sei in der digitalen Grundbildung zentral. Damit versuche man nicht zuletzt, geschlechtsspezifische Unterschiede in den Bildungs- und Berufslaufbahnen auszuräumen.

Die Überführung der Sommerschulen bewertete Hermann Brückl (FPÖ) grundsätzlich als gut, allerdings vermisst er dabei ausreichend Angebote für begabte SchülerInnen. Hier sei nachzubessern.

Corona-Maßnahmen an Schulen im Fokus

Die FPÖ trat in einem ihrer Anträge zu Corona-Maßnahmen an Schulen gegen Vorgaben zur Maskenpflicht im Unterricht auf, zumindest während des Aufenthalts am Sitzplatz und beim Sport (2098/A(E)). Außerdem forderten die Freiheitlichen mehr Geld für Fördermaßnahmen zum Ausgleich von pandemiebedingten Bildungsdefiziten (2103/A(E)) und sie erwarten generell eindeutige Vorgaben für einen geregelten Unterricht, gerade während der Corona-Lockdowns (2117/A(E)). Keine dieser Forderungen verließ das Plenum mit ausreichender Mehrheit, die Regierungsmaßnahmen würden die Schulen sicher durch die Krise bringen, hieß es seitens der Koalition.

Keine Neuauflage für Schulstornofonds

Die SPÖ hält es weiterhin für nötig, Eltern und Schulen bei der Begleichung von Stornokosten aufgrund pandemiebedingt abgesagter Schulveranstaltungen zu unterstützen. Die Regierung müsse daher den mit 31. Juli 2021 befristeten Schulstornofonds verlängern, lautet die Forderung in ihrem Antrag (2055/A(E)), der von ÖVP und Grünen abgelehnt wurde. In der Veranstaltungsbranche seien bereits viele Kulanzlösungen ohne Stornokosten gefunden worden, so die Erklärung.

Digitale Kompetenzen

Als überholt sehen die Koalitionsparteien ÖVP und Grüne Forderungen von SPÖ und NEOS zur Stärkung von digitalen Kompetenzen bei SchülerInnen und LehrerInnen. Die entsprechenden Oppositionsanträge wurden daher von ÖVP und Grünen im Plenum genauso wie zuvor schon im Unterrichtsausschuss abgelehnt. Die SPÖ forderte in ihrem Entschließungsantrag (1633/A(E)), für SchülerInnen flächendeckende, niederschwellige und barrierefreie Kurse für digitale Medienkompetenz zu initiieren. Die NEOS schlugen mit ihrem Antrag (1390/A(E)) zu einer verpflichtenden digital-didaktischen Ausbildung in eine ähnliche Kerbe, zielen jedoch auf die LehrerInnen ab. (Fortsetzung Nationalrat) rei/gla

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.