Parlamentskorrespondenz Nr. 1510 vom 22.12.2021

Bundesrat: Beschlüsse zu Urheberrechts-Novelle und Novelle des Wohnungseigentumsgesetzes

Auch Verlängerung bestimmter Corona-Rahmenbestimmungen passierte Länderkammer

Wien (PK) – Mehrheitlich sprach sich heute der Bundesrat für die aktuelle Urheberrechts-Novelle aus. Die Vorlage aus dem Justizressort hat unter anderem eine Anpassung an das digitale und grenzüberschreitende Umfeld sowie eine Verbesserung der Lizenzierungspraxis und Gewährleistung eines breiteren Zugangs zu Inhalten zum Ziel.

Zur Valorisierung von Mindestversicherungssummen in Haftpflichtgesetzen fiel die Abstimmung einhellig aus. Außerdem genehmigte die Länderkammer eine Verlängerung bestimmter Corona-Rahmenbestimmungen sowie die aktuelle Novelle des Wohnungseigentumsgesetzes mit Mehrheit.

Urheberrechts-Novelle 2021 für digitales Umfeld

Unter anderem wird mit der umfassenden Novelle zum Urheberrecht die urheberrechtliche Verantwortung großer Plattformen für den Upload geschützter Werke durch ihre NutzerInnen geklärt, wonach künftig eine Lizenz der UrheberInnen eingeholt werden soll. Maßnahmen der Plattformen sollen jedenfalls nicht dazu führen, dass erlaubte Nutzungen unterbunden werden, auch im Sinne der Meinungsäußerungsfreiheit. Daher sind den Erläuterungen zufolge dort etwa Inhalte zugänglich zu machen, bei denen die NutzerInnen bereits beim Hochladen erklärt haben, dass diese erlaubt sind ("Pre-flagging"). Kleine Teile von Werken – die Rede ist beispielsweise von 15-Sekunden-Ausschnitten von Filmen oder Musik - sollen nicht automatisch blockiert werden. Wenn Plattformen systematisch überbordende Schutzmaßnahmen setzen, die dazu führen, dass erlaubte Nutzungen auf der Plattform unterbunden werden, habe die KommAustria als im Entwurf vorgeschlagene Aufsichtsbehörde ein Aufsichtsverfahren einzuleiten.

Insgesamt sind die zahlreichen Neuerungen im Urheberrecht auch auf eine Umsetzung entsprechender EU-Richtlinien zurückzuführen. Die Umsetzung des EU-weit harmonisierten Urhebervertragsrechts erfolgt laut Vorlage durch Einführung eines Grundsatzes der angemessenen und verhältnismäßigen Vergütung, eines Vertragsanpassungsmechanismus bei unerwartetem Erfolg und mit Auskunftsansprüchen. Außerdem werde die Verhandlungsposition von UrheberInnen bzw. ausübenden KünstlerInnen gestärkt, etwa durch Einführung des Zweckübertragungsgrundsatzes und mit Regelungen über Rechte an unbekannten Verwertungsarten.

Die Nutzung immaterieller Güter müsse jedenfalls entlohnt werden, betonte dazu Andreas Arthur Spanring (FPÖ/N). Der aktuellen Umsetzung der EU-Vorgaben zum Urheberrecht stehe er jedoch skeptisch gegenüber. So berge aus seiner Sicht etwa die Bagatellgrenze die Gefahr, ein "Hintertürchen" offen zu lassen.

Stefan Schennach (SPÖ/W) kann dem Entwurf zwar auch Positives abgewinnen, etwa, dass legale Nutzungen vor dem Uploadfilter geschützt würden und Plattformen stärker in die Pflicht genommen werden. Was aber immer gefordert worden sei, nämlich ein Direktvergütungsanspruch der KünstlerInnen für Onlinenutzungen gegenüber Plattformen, sei hier leider nicht umgesetzt worden. Hier habe man die Digitalisierung völlig verschlafen, eine faire und angemessene Vergütung könne so nicht erfolgen.

In der Vergangenheit haben sich unlösbar scheinende Urheberrechtssituationen etwa zwischen UserInnen und UrheberInnen in den Diskussionen gezeigt, meinte rückblickend Marco Schreuder (Grüne/W). In der vorliegenden Novelle sei der Interessensausgleich nun in ausgezeichneter Art und Weise gelungen, um eine gute Balance zu wahren. So gebe es etwa die Plattformverantwortlichkeit, eine massive Verbesserung der Position der UrheberInnen durch das Urhebervertragsrecht, aber auch Overblocking werde im Sinne der Meinungsfreiheit verhindert.

Auch Barbara Tausch (ÖVP/O) sprach von einer echten Rundumerneuerung des Urheberrechts. Im digitalen Alltag alle Interessen zu vereinen habe eine Herausforderung dargestellt, nunmehr sei aber ein guter Kompromiss gelungen. Zu fairer, gerechter Entlohnung für KünstlerInnen hob sie unter anderem den sogenannten Bestsellerparagraph hervor. Außerdem würden die großen Plattformen mit einem Beschwerdeverfahren in die Pflicht genommen.

Justizministerin Alma Zadić bezeichnete die vorliegende Novelle als modernes Urheberrecht, das Knebelverträge verhindert und KünstlerInnen stärkt. Sie stelle die größte Reform seit Bestehen des Urheberrechts in Österreich und nach einem breiten Verhandlungsprozess zugleich einen Kompromiss für unterschiedlichste Interessen dar. Die Reform nehme vor allem die großen Plattformen stärker in die Pflicht und führe zugleich einen innovativen Schutz für NutzerInnen ein, damit insbesondere die Meinungsfreiheit gewährleistet bleibe. Zudem werde die jahrelange Forderung nach einem Urhebervertragsrecht umgesetzt und das Urheberrecht in das digitale Zeitalter überführt.

Valorisierung von Mindestversicherungssummen in Haftpflichtgesetzen

Mit dem sogenannten Mindestversicherungssummen-Valorisierungsgesetz 2021 erfolgt eine Valorisierung der Mindestversicherungssummen in Haftpflichtgesetzen. Dem Entwurf zufolge sollen die Pauschalversicherungssummen für Fahrzeuge sowie die Summen für Personenschäden im Sinne der unionsrechtlichen Vorgaben im Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsgesetz (KHVG) prozentual erhöht werden. Gleichzeitig ist eine Erhöhung der Haftungshöchstbeträge im Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz sowie in denjenigen Haftpflichtgesetzen, die sich betragsmäßig an den in der Verkehrshaftpflicht maßgeblichen Summen orientieren, vorgesehen. Dies gelte für das Reichshaftpflichtgesetz, für das Gaswirtschaftsgesetz sowie für das Rohrleitungsgesetz, so die Erläuterungen.

Verlängerung von Corona-Regelungen

Das Außerkrafttreten des 1. COVID-19-Justiz-Begleitgesetzes wird um sechs Monate auf den 30. Juni 2022 verschoben. Das betrifft unter anderem die Möglichkeit, für weitere sechs Monate bestimmte Anhörungen, mündliche Verhandlungen und Beweisaufnahmen per Video durchzuführen sowie die Gebührenfreiheit der Unterhaltsvorschussgewährung zu gewähren. Damit Gesellschaften auch noch im ersten Halbjahr 2022 virtuelle Versammlungen durchführen können, wird auch die entsprechende Regelung des Gesellschaftsrechtliche COVID-19-Gesetzes um sechs Monate verlängert.

Zudem sollen für SteuerberaterInnen und WirtschaftsprüferInnen die Aufstellungs- und Offenlegungsfristen erstreckt werden. Eine Verlängerung bis 30. Juni 2022 in der Rechtsanwaltsordnung betrifft unter anderem die Möglichkeit der postalischen Erledigung von Aufgaben der Rechtsanwaltskammer. Änderungen im Zivilrechts-Mediations-Gesetz betreffen eine Berichtigung zu Übergangsbestimmungen, damit die Fortbildungsverpflichtung für eingetragene MediatorInnen auch nach dem 31. Dezember 2021 in Geltung bleibt. Im Zweiten Bundesrechtsbereinigungsgesetz soll die Bestimmung betreffend die Kosten, die einem durch die Bezirksverwaltungsbehörde vertretenen Minderjährigen in gerichtlichen Verfahren zu ersetzen sind, erst zwei Jahre später, am 31. Dezember 2023, außer Kraft treten.

Mit weiteren Fristen, die bis Ende Juni 2022 erstreckt werden, sollen Mitgliederversammlungen von Vereinen weiterhin verschoben werden können. Die achtmonatige Frist zur Durchführung von Hauptversammlungen von Kapitalgesellschaften und Genossenschaften darf ebenfalls weiterhin überschritten werden.

Außerdem wird die Möglichkeit von Videokonferenzen und Umlaufbeschlüssen zur Entscheidungsfindung in Gremien bis Ende Juni 2022 verlängert, die nach dem Parteien- und Medienrecht vorgesehen sind.

Novelle des Wohnungseigentumsgesetzes

Mit einem Maßnahmenbündel will die Novelle des Wohnungseigentumsgesetzes einen Beitrag zum Klimaschutz im Gebäudesektor sowie zur Förderung des emissionsfreien Individualverkehrs leisten. Dazu gibt es Neuerungen im Bereich des Änderungsrechts der einzelnen EigentümerInnen, bei den Voraussetzungen für Beschlüsse und bei der Rücklage. Rechtliche Hürden würden derzeit noch die Installation von Ladestationen in Eigentumsobjekten erschweren. Daher sollen die Rahmenbedingungen im Wohnungseigentumsrecht hierfür aber auch für den Einbau von Einzel-Solaranlagen, Beschattungsvorrichtungen und einbruchsicheren Türen sowie für barrierefreie Ausgestaltungen erleichtert werden. Schließlich sollen durch eine Erleichterung der Willensbildung und einer Mindestdotierung für Rücklagen optimierte Voraussetzungen für die Erhaltung, aber auch für die Verbesserung von Gebäuden vor allem in wärme-, klima- und energietechnischer Hinsicht geschaffen werden.

Das Gesetz soll in mehreren Schritten ab Jahresbeginn bis 1. Juli 2022 in Kraft treten. Um Kritikpunkte aus dem Begutachtungsverfahren hinsichtlich der geplanten Änderungen bei früheren Parifizierungen von Geschäftsräumlichkeiten zu berücksichtigen, wurde zuvor im Nationalrat noch ein Abänderungsantrag eingebracht und mitbeschlossen. (Fortsetzung Bundesrat) mbu

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.

Format