Parlamentskorrespondenz Nr. 304 vom 23.03.2022

Nationalrat gibt grünes Licht für Energiekostenausgleich

Vorausvergütungen von Energieabgaben werden auf 25% angehoben, COVID-Hilfsmaßnahmen sollen evaluiert werden

Wien (PK) – Der Nationalrat hat sich heute für den Energiekostenausgleich in Form eines Gutscheins in der Höhe von 150 € ausgesprochen. Damit soll in Zeiten stark ansteigender Energiepreise für Entlastung gesorgt und die Kaufkraft gestärkt werden. Während die Regierungsparteien den Energiekostenausgleich als einen weiteren Baustein in einer Reihe von Unterstützungsleistungen ansehen, geht die Maßnahme für die SPÖ und FPÖ nicht weit genug. Sie fordern unter anderem eine Steuersenkung auf Energie und Treibstoffe. Die NEOS sprechen von einer "hausgemachten" Situation und sind für eine Verringerung der Abhängigkeit von russischem Gas.

Weitere Beschlüsse betreffen die Anhebung der Vorausvergütungen von Energieabgaben für Unternehmen von 5 auf 25% sowie technische Änderungen beim Klimabonus. Zudem hat sich der Nationalrat in einer Entschließung für die Evaluierung der COVID-Hilfsinstrumente für die Wirtschaft ausgesprochen.

Die während der Debatte eingebrachten Entschließungsanträge der Opposition blieben hingegen in der Minderheit. Die FPÖ fordert ein Entlastungspaket, dass etwa eine Steuersenkung auf Treibstoff, Gas und Strom, die Erhöhung des Pendlerpauschale, die Streichung der CO2-Abgabe, einen Heizkostenzuschuss von mindestens 300 €, Lohnerhöhungen sowie die Evaluierung der Sanktionen gegen Russland beinhaltet. Auch die SPÖ spricht sich für eine temporäre Mehrwertsteuersenkung auf Treibstoffe, Strom und Gas, für eine Preisobergrenze für Treibstoffe sowie für einen Preisdeckel bei Strom und Gas für Personen mit geringeren Einkommen aus. Die NEOS setzen sich für einen Aktionsplan zum Ausstieg aus russischem Gas ein, der unter anderem Maßnahmen zur Beschleunigung von UVP-Verfahren für erneuerbare Energieprojekte oder die Aufstockung der Fördermittel für die thermische Sanierung von Wohn- und Bürogebäuden umfasst.

150 €-Gutschein als Energiekostenausgleich für Haushalte

Das heute mehrheitlich beschlossene Energiekostenausgleichsgesetz 2022 bildet die gesetzliche Grundlage für die von der Bundesregierung bezweckte Entlastung breiter Bevölkerungsschichten in Zeiten stark ansteigender Energiepreise, wie es in den Erläuterungen heißt. Konkret soll ein Gutschein in der Höhe von 150 € die nächstfolgende Stromrechnung um diesen Betrag kürzen und einmalig pro Hauptwohnsitz, nicht aber für Nebenwohnsitze gelten. Voraussetzung ist, dass die Einkünfte der haushaltszugehörigen Personen bestimmte Höchstgrenzen nicht übersteigen. Für einen Einpersonenhaushalt sind dies 55.000 €, für einen Mehrpersonenhaushalt 110.000 € im Kalenderjahr. Durch einen von ÖVP und Grünen eingebrachten Abänderungsantrag wird zudem die Abwicklung zwischen dem Finanzministerium, dem Bundesrechenzentrum sowie der Buchhaltungsagentur des Bundes festgelegt.

Weiters wird zur Gewährung des Energiekostenausgleichs die Bestimmung zur Übermittlung von Daten aus dem Melderegister an das Bundesrechenzentrum im Energiekostenausgleichsgesetz 2022 aufgenommen. Dadurch entfallen die entsprechenden Bestimmungen aus dem Transparenzdatenbankgesetz 2012.

Die VertreterInnen der Oppositionsparteien ließen kein gutes Haar an den Entlastungsmaßnahmen der Regierungsparteien. Kai Jan Krainer (SPÖ) kritisierte, dass der Energiekostenausgleich in der Höhe von 150 € zu gering sei. Aufgrund erhöhter Steuereinnahmen profitiere vor allem der Finanzminister von der Teuerung, da dieser die Mehreinnahmen nicht in vollem Umfang zurückgebe. Das sah Krainers Fraktionskollege Maximilian Lercher ähnlich. "Die Menschen erwarten rasches und entschlossenes Handeln gegen existenzielle Probleme". Es brauche nun eine Debatte über neue Regeln für den Wirtschaftsraum und über Marktlogiken, betonte der SPÖ-Mandatar. Auch Reinhold Einwallner (SPÖ) ging der Energiekostenausgleich nicht weit genug. Es bedürfe ein breites Bündel an Maßnahmen, wie etwa vorrübergehende Steuersenkungen oder einen Preisdeckel für GeringverdienerInnen.

Dem schloss sich Hubert Fuchs (FPÖ) an, der sich ebenfalls für eine Abgabensenkung für Energie und Treibstoffe aussprach. Das Vorziehen der Lohnsteuersenkung für die zweite und dritte Tarifstufe sowie die Abschaffung der kalten Progression sei "das Gebot der Stunde". Die jetzige Gutschein-Lösung sei kompliziert und ein "Negativbeispiel der Verwaltungsvereinfachung. Für Gerhard Kaniak (FPÖ) ist die Bundesregierung mit Schuld an der Energiepreiserhöhung. Durch die NoVA-Erhöhung oder der CO2-Abgabe habe man die Preise zusätzlich in die Höhe getrieben. Hinzu komme eine fehlgeleitete Förderpolitik, etwa bei Elektromobilität oder dem Heizungstausch. Zudem macht laut Axel Kassegger (FPÖ) die aktuelle Sanktionspolitik wenig Sinn, da diese keine Verhaltensänderung bewirke, aber massive Auswirkungen auf Österreich habe.

Seitens der NEOS sprach Karin Doppelbauer von einer ineffizienten Maßnahme ohne langfristigen Problemlösungsansatz. Sie forderte eine Verringerung der Abhängigkeit von russischem Gas. Die aktuelle Situation sei "hausgemacht", jeden Tag würden 13 Mio. € aus Österreich nach Russland überwiesen, womit man den russischen Angriffskrieg mitfinanziere. Anstatt einem Gutschein über 150 € ist für Gerald Loacker (NEOS) die Abschaffung der kalten Progression die nachhaltigere Entlastungslösung. Zudem ortet er Schwierigkeiten bei der Berechnung des gemeinsamen Haushaltseinkommens und kritisiert, dass fünf Organisationen mit der Auszahlung des Energiekostenausgleichs beschäftigt seien.

Es seien vor allem klimapolitische und geopolitische Entscheidungen, die derzeit die Energiepreise stark beeinflussen würden, hielt Karlheinz Kopf (ÖVP) dagegen. Der Energiekostenausgleich sei nicht die einzige Maßnahme, die die Bundesregierung dagegen setze. Bisher seien zwei Drittel der Entlastungsmaßnahmen an private Haushalte gegangen, weshalb es noch zusätzliche Unterstützung für die Unternehmen brauchen werde. Kopf sprach sich gegen Denkverbote aus, etwa was den Termin für die Einführung des CO2-Preises betrifft. Auch für den Bereich der Landwirtschaft werde es Nachschärfungen zur Unterstützung gegen die Teuerung brauchen, unterstrich Georg Strasser (ÖVP). So seien etwa Dünge- und Futtermittel "knapp und teuer". Die "gute Nachricht" sei aber, dass die Lebensmittelversorgung in Österreich und Europa gesichert sei. Da andere Länder genauso betroffen seien, könne er der Kritik, dass die Bundesregierung an der Teuerung Schuld sei, nichts abgewinnen, ergänzte Andreas Ottenschläger (ÖVP). Der ÖVP-Mandatar zeigte sich von der Treffsicherheit des Energiekostenausgleichs überzeugt.

Für Jakob Schwarz ist der Energieausgleich eine "einfache und gut verständliche Maßnahme" in einer Reihe von Unterstützungsleistungen. Den von der FPÖ kritisierten Verwaltungsaufwand konnte der Grünen-Abgeordnete nicht erkennen. Dieser belaufe sich auf etwa 6 Mio. € bei einem Paket mit insgesamt 600 Mio. €.

Ganz Europa sei von den Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine betroffen, wobei Österreich rascher als andere Länder reagieren würde, betonte Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck. Man nehme die Sorgen der Menschen ernst, weshalb man bisher ein Entlastungspaket in der Höhe von insgesamt 3,7 Mrd. € für die Haushalte und Unternehmen auf den Weg gebracht habe. Zusätzlich werde die vor kurzem beschlossene ökosoziale Steuerreform sowie abfedernde Maßnahmen für einen neuen Energiemix positiv wirken. Schramböck nannte in diesem Zusammenhang etwa den schnelleren Ausbau von Wasser- und Windkraft, die Beschleunigung von UVP-Verfahren, den Ausbau der Biogas-Kapazitäten sowie den Aufbau neuer Energiepartnerschaften im Bereich Erdgas und grünem Wasserstoff.

Vorausvergütungen von Energieabgaben werden auf 25% angehoben

Ebenfalls mehrheitlich grünes Licht gab der Nationalrat für die Änderung des Energieabgabenvergütungsgesetzes. Mit der Anhebung von Vorausvergütungen von Energieabgaben bei energieintensiven Produktionsbetrieben auf 25% soll deren Liquidität besser abgesichert werden. Die Betriebe können einen Teil der bezahlten Energieabgaben vom Finanzamt zurückbekommen. Um die Liquidität der Betriebe zu verbessern, soll dieses System nun für die Jahre 2022 und 2023 ausgeweitet und von 5% auf 25% angehoben werden.

COVID-Hilfsmaßnahmen werden evaluiert

In einem mehrheitlich angenommenen Entschließungsantrag sprechen sich die Regierungsparteien für die Evaluierung der Corona-Hilfsinstrumente zur Stützung der Wirtschaft während der Pandemie aus. Dafür sollen die notwendigen Daten, Ressourcen und Infrastrukturen zur Verfügung gestellt werden und von unabhängigen WissenschafterInnen und Forschungsinstitutionen analysiert werden. Die Grundlage dafür bildete ein NEOS-Antrag, der jedoch keine Mehrheit im Plenum fand. Darin fordern die NEOS eine transparente Evaluierung der Treffsicherheit der COVID-19-Wirtschaftshilfen unter Einbindung unabhängiger ExpertInnen.

Die "umfangreichen Unterstützungsmaßnahmen" kurz nach Beginn der Pandemie vor zwei Jahren hätten Unternehmen und Arbeitsplätze gesichert, unterstrich Elisabeth Götze (Grüne). Nun sei es an der Zeit, eine umfassende Evaluierung der Wirtschaftshilfen einzuleiten. Dem schloss sich Gabriel Obernosterer (ÖVP) an. Man habe in der Krise "rasch und effizient" gehandelt. Der ÖVP-Abgeordnete kritisierte jedoch den aus seiner Sicht fehlenden Zusammenhalt zwischen den Parteien in Krisenzeiten.

Geringfügige Änderungen im Klimabonusgesetz

Ein weiterer mehrheitlich angenommener Beschluss korrigiert ein Redaktionsversehen im Klimabonusgesetz. Ein im Finanzausschuss von den Koalitionsparteien eingebrachter Abänderungsantrag sieht weitere technische Anpassungen vor. Im Konkreten geht es darum, gewährleisten zu können, dass die jeweils aktuellsten Daten (im speziellen die Kontoverbindung) verwendet werden. Daher soll auch der Zeitpunkt der letzten Änderung der Daten übermittelt werden. (Fortsetzung Nationalrat) med

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