Parlamentskorrespondenz Nr. 890 vom 14.07.2022

Schumann legt Schwerpunkt ihres Bundesratsvorsitzes auf verlässliche öffentliche Strukturen als Basis des gesellschaftlichen Zusammenhalts

Antrittsrede der neuen Bundesratspräsidentin aus Wien in der Länderkammer

Wien (PK) – "Starke öffentliche Strukturen sind die Basis für den öffentlichen Zusammenhalt", betonte heute die neue Bundesratspräsidentin aus Wien Korinna Schumann in ihrer Antrittsrede vor der Länderkammer die Bedeutung staatlichen Handelns insbesondere in Krisenzeiten. Darauf setzt Schumann während ihrer Präsidentschaft auch den Fokus, denn durch die COVID-19-Pandemie, den Angriffskrieg in der Ukraine, die Teuerung und die Energiekrise habe sich die Bedeutung staatlichen Handelns und insbesondere des Sozialstaates als Schutz für die Menschen in den vergangenen Jahren klar gezeigt. "Gesellschaftlicher Zusammenhalt ist ein wesentlicher Faktor für den Schutz unserer Demokratie", so Schumann.

Ein starker Staat als Gestalter

Der Sozialstaat schütze aber nicht nur in Krisenzeiten, sondern auch jede und jeden vor Lebensum- und -einbrüchen, sei es bei der Frage der Arbeitslosigkeit, des Älterwerdens, der Pflegebedürftigkeit, der Krankheit aber auch bei positiven Punkten wie die Geburt eines Kindes oder die Frage, ob man sich Bildung leisten kann, erklärte Schumann. "Der Sozialstaat ist das Vermögen derer, die kein Vermögen haben. Wir brauchen dieses starke, sichere Netz des Sozialstaates", so die Bundesratspräsidentin. Ein starker Staat habe aber auch die Verpflichtung, einzugreifen, etwa wenn aus Krisenumständen Übergewinne oder Spekulationsgewinne gezogen werden, während große Teile der Bevölkerung nicht mehr wissen, wie sie die Rechnung zahlen sollen. "Es geht um den Wohlstand der Menschen und um den sozialen Frieden", sagte Schumann, die in ihrer Antrittsrede ebenfalls die Bedeutung der Sozialpartnerschaft sowie den öffentlichen Dienst als Schlüssel für starke öffentliche Strukturen hervorhob.

Angesichts der Wandlungsprozesse wie die Klimakrise, die Digitalisierung und die demografische Entwicklung einer älter werdenden Gesellschaft plädierte Schumann zudem für öffentliche Investitionen etwa in Krankenhäuser, Straßen oder den sozialen Wohnbau als bestimmender wirtschaftlicher Motor für Österreich. Diese könnten die Triebfeder für private Investitionen sein. Vor allem Investitionen in die Bildung, Schulen und Universitäten seien wesentlich und würden sich auf lange Zeit rentieren. In diesem Zusammenhang verwies Schumann, dass auch diese Investitionen durch Länder und Gemeinden von der Teuerung belastet bzw. gefährdet seien. "Hier gilt es, im Interesse der Bevölkerung zu handeln und auszugleichen. Lassen wir niemanden zurück. Die Grundlage staatlichen Handelns muss sein, Chancen zu geben, Ungerechtigkeit zu verringern und Qualifizierungen zu ermöglichen", so Schumann. Ihr Präsidentschaftsfokus soll dafür zwischen Stadt und Land das Verbindende suchen.

Schumann ging zudem auf den Vertrauensverlust in die Politik ein. Auch hier sei zum Schutz der Demokratie anzusetzen. Sonst würden jene Kräfte, die die demokratischen Strukturen schwächen wollen, die derzeitige Entwicklung noch mehr nutzen, um verunsicherte oder verzweifelte Menschen auf ihre Seite zu ziehen. Ziel müsse es im Interesse der Demokratie auch sein, den Bundesrat zu stärken und weiterzuentwickeln, sagte Schumann mit Verweis etwa auf ein fehlendes Korrekturrecht der Länderkammer angesichts des jüngst aufgetretenen redaktionellen Versehens in der Ausfertigung eines Gesetzestextes. Sie wolle versuchen, Bewegung in diese Fragen zu bringen. Die Länderkammer sei auch sehr oft Angriffsfläche von unqualifizierten Wortspenden und Analysen, so Schumann, auch dem gelte es entgegenzutreten.

Widmen will sich Schumann zudem den Rahmenbedingungen für Frauen im Sinne der Chancengleichheit, insbesondere wenn es um Einkommensunterschiede, Pensionen und Kinderbetreuung bzw. elementare Bildungseinrichtungen geht. Während ihrer Präsidentschaft wird es deswegen ein Vernetzungstreffen gemeinsam mit den Sozialpartnern "über alle Länder- und Fraktionsgrenzen hinweg" geben. Insbesondere Wien sei hier ein Vorbild. Einen "herausragenden Stellenwert" will Schumann zudem auf die Daseinsvorsorge legen. Auch hier sei Wien stark hervorzuheben, da es beispielgebend für die hohe Qualität der Daseinsvorsorge und der hohen Lebensqualität sei. Dabei gehe es etwa um eine funktionierende und gute Wasserversorgung, um die beste Gesundheitsversorgung, starke Dienstleistungen, leistbaren und guten öffentlicher Verkehr sowie sozialen Wohnbau.

Als Gewerkschafterin sei auch die Frage der Lehre eine wichtige für sie, wie Schumann des Weiteren betonte. Geplant dazu ist eine Veranstaltung unter dem Titel "Deine Lehre. Deine Zukunft" am 8. September 2022 im Parlament.

Zu starken öffentlichen Strukturen als Basis für den öffentlich Zusammenhalt gehöre aber auch die Gedenk- und Erinnerungskultur, wie die Bundesratspräsidentin betonte. Vor diesem Hintergrund wird im Dezember im Parlament eine Veranstaltung zum Gedenken an die Kindertransporte im Jahr 1938 stattfinden. Ein Gedenken, das angesichts des Kinderrechteausschusses wesentlich für die Länderkammer sei, so Schumann.

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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