Parlamentskorrespondenz Nr. 1094 vom 06.10.2022

Grüner Bericht: Einkommen in der Land- und Forstwirtschaft stiegen 2021 um durchschnittlich 15%

Landwirtschaftsausschuss diskutiert COVID-19-Hilfen für Land- und Forstwirtschaft und vertagt zahlreiche Oppositionsanträge

Wien (PK) – Die Mitglieder des Landwirtschaftsausschusses debattierten heute mit Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig den jährlichen Grünen Bericht, der ein wichtiges Zahlenwerk zur wirtschaftlichen Situation der Land- und Forstwirtschaft darstellt. Aus dem aktuellen Bericht geht hervor, dass es 2021 nach der Stagnation des Einkommens in den Jahren 2019 und 2020 zu einer durchschnittlichen Einkommenssteigerung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe von 15% gekommen ist. Der Bericht wurde von den Abgeordneten einstimmig zur Kenntnis genommen und wird auch im Plenum des Nationalrats diskutiert werden.

Ebenfalls auf der Tagesordnung standen monatliche Berichte des Landwirtschaftsministeriums zu den COVID-Hilfen für die Land- und Forstwirtschaft inklusive der Privatzimmervermietung im Zeitraum März bis Juli 2022. Diese Berichte wurden mit den Stimmen von ÖVP und Grünen mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Eine Reihe Entschließungsanträge von SPÖ, FPÖ und NEOS zu Themen der Land- und Forstwirtschaft wurden mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen durchwegs vertagt.

Totschnig sieht im Grünen Bericht Bestätigung für Wirksamkeit der Maßnahmen der Bundesregierung

Laut dem Grünen Bericht 2022 zur Situation der heimischen Land- und Forstwirtschaft (III-746 d.B.) stiegen die Einkommen in der Land- und Forstwirtschaft 2021. Maßgeblich dafür waren laut Landwirtschaftsminister Totschnig deutliche Ertragsanstiege in der Forstwirtschaft, im Marktfruchtbau und der Rinderhaltung. Auch die Erhöhung der öffentlichen Gelder aufgrund der COVID-19-Zahlungen sowie Preissteigerungen im Obst- und Weinbau trugen laut dem Landwirtschaftsminister zu der Entwicklung bei. Dauerkulturbetriebe erzielten aufgrund der hohen Preissteigerungen und trotz größerer Ernteeinbußen den höchsten Einkommenszuwachs (+38%). Er sieht darin einen Beweis, dass die Bundesregierung die richtigen Maßnahmen gesetzt hat, um Österreich gut durch die Krise zu bringen. Erfreulich sei auch die Außenhandelsbilanz bei landwirtschaftlichen Produkten, die de facto ausgeglichen sei. Totschnig sieht darin einen Beweis, dass die kleinstrukturierte österreichische Landwirtschaft mit ihren Erzeugnissen auf dem Markt bestehen kann.

Allerdings sei die Entwicklung nicht überall gleichmäßig verlaufen. Vor allem Veredelungsbetriebe konnten keine Einkommenssteigerung erzielen, wie Totschnig sagte. Festzustellen sei auch, dass es bei den Bergbauernbetrieben zwar zu einer Einkommenssteigerung von 14% gekommen ist, dass diese nach wie vor weit unter dem Durchschnitt aller Betriebe liegen. Die Einkommenssteigerungen seien daher noch kein Grund zur Euphorie, betonte Totschnig im Ausschuss. Der Zehnjahresvergleich zeige starke jährliche Einkommensschwankungen, was die heimischen Betriebe vor massive Herausforderungen stelle. Der Landwirtschaftsminister sah allerdings in den Maßnahmen der 2023 beginnenden neuen GAP-Periode viele Chancen für die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe, um diese Herausforderungen zu bewältigen.

ÖVP-Abgeordneter Klaus Lindinger meinte, der Bericht zeige einige erfreuliche Entwicklungen, es gebe aber noch einiges zu tun. Hoffnung für die Zukunft der österreichischen Landwirtschaft gebe die große Zahl innovativer, sehr leistungsfähiger Betriebe und eine im internationalen Vergleich sehr hohe Anzahl junger Betriebsführer:innen. Für Franz Eßl (ÖVP) ist der Bericht, wie er sagte, Grund zu "vorsichtigem Optimismus". Er wollte wissen, wie es um den Selbstversorgungsgrad Österreichs bestellt sei.

Clemens Stammler (Grüne) sah in dem Bericht eine gemischte Bilanz der Entwicklung der landwirtschaftlichen Betriebe. Auf längere Sicht könne es nicht der Weg sein, Einkommensverluste durch staatliche Zuschüsse auszugleichen. Die Betriebe müsste auf dem Markt ein entsprechendes Einkommen erzielen können, das erfordere aber regulierende Eingriffe. Martin Litschauer (Grüne) sah die Erzeugung erneuerbarer Energie als Möglichkeit für landwirtschaftliche Betriebe, sich ein zweites wirtschaftliches Standbein zu schaffen. Er wollte wissen, ob der Landwirtschaftsminister unterstützende Maßnahmen setze.

Für FPÖ-Landwirtschaftssprecher Peter Schmiedlechner gibt es keinen Grund zu feiern. In dem Bericht werde die Einkommenssituation der Landwirt:innen "schöngerechnet", indem Hilfen, die faktisch Sozialleistungen seien, in die Erhebung einbezogen werden. Er forderte Maßnahmen, damit wieder mehr Betriebe im Haupterwerb geführt werden können.

SPÖ-Landwirtschaftssprecherin Cornelia Ecker (SPÖ) sagte, der Bericht zeige auf, dass ein beträchtlicher Teil der landwirtschaftlichen Betriebe kein ausreichendes Einkommen erwirtschafte. Sie forderte eine gerechtere Verteilung der Förderungen, um kleinere Betriebe stärker zu unterstützen.

Die Landwirtschaftssprecherin der NEOS, Karin Doppelbauer, merkte kritisch an, dass Österreich in Europa bei den bäuerlichen Einkommen zu den Schlusslichtern gehöre. Hier sei eine langfristige und nachhaltige Strategie notwendig. Förderungen alleine würden das Problem nicht lösen.

Landwirtschaftsminister Totschnig betonte, dass die Entscheidung über die Produktionsweise letztlich bei den Betriebsführer:innen liege. Er stimmte Abgeordnetem Litschauer (Grüne) zu, dass die Erzeugung von erneuerbarer Energie von Interesse für die Landwirtschaft sei. Potenzial sehe er besonders bei Photovoltaik und Biogas. Was den Strukturwandel betreffe, so sei dieser teilweise unumgänglich, doch sei es gelungen, dass unterdessen weit weniger Betriebe aufgeben, als früher, hielt der Minister FPÖ-Abgeordnetem Schmiedlecher entgegen. Totschnig verwies auf eine hohe Bereitschaft, in landwirtschaftliche Betriebe zu investieren. Das zeige, dass hier viel Optimismus bestehe, argumentierte der Landwirtschaftsminister. Er verteidigte die landwirtschaftlichen Förderungen gegen die Kritik von Abgeordneter Ecker (SPÖ). Das System sei gut ausgebaut und schaffe es, benachteiligte Betriebe zu erreichen. Ein Vergleich mit anderen Ländern sei aufgrund der deutlich anderen Strukturen nur begrenzt zulässig, meinte der Minister in Richtung von NEOS-Abgeordneter Doppelbauer. Die österreichische Landwirtschaftspolitik setze viele Maßnahmen zur Unterstützung der Betriebe und investiere vor allem auch in ein System der hochwertigen Aus- und Weiterbildung, das in Europa einzigartig sei. Damit sei es möglich, dass die österreichischen Landwirt:innen das Beste aus den gewachsenen Strukturen machen können.

Der Selbstversorgungsgrad Österreichs sei sehr hoch, betonte Totschnig in Beantwortung der Frage von ÖVP-Abgeordnetem Eßl. In Bereichen, wo es noch Lücken gebe, unternehme man intensive Anstrengungen, die Deckung des Eigenbedarfs mit qualitativ hochwertigen einheimischen Produkten zu sichern. Totschnig verwies in diesem Zusammenhang auf die österreichische Kalbfleischstrategie. Statt heimische Kälber zu exportieren und den Bedarf über Billigfleischimporte zu decken, solle erreicht werden, dass Konsument:innen auch hier zu regionalen Produkten greifen.

Monatsberichte zu Zahlungen des Härtefallfonds für die Land- und Forstwirtschaft

In seinen Monatsberichten zu COVID-Hilfen für die Land- und Forstwirtschaft inklusive der Privatzimmervermietung informiert das Landwirtschaftsministerium über die Ausgaben des aufgrund der Corona-Krise eingeführten Hilfsinstruments. Die coronabedingten Härtefälle bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben und bei der Privatzimmervermietung werden durch mehrere Zuschüsse abgefedert. Die Abwicklung der Unterstützungszahlungen erfolgt durch die Agrarmarkt Austria. Der Ausschuss befasste sich mit den Monatsberichten für März 2022 (III-637 d.B.), April 2022 (III-664 d.B.), Mai 2022 (III-689 d.B.), Juni 2022 (III-710 d.B.) und Juli 2022 (III-736 d.B.). Bis Juli stieg demnach die gesamte Auszahlungssumme aus Mitteln des Härtefallfonds auf 160,2 Mio. € für 16.937 Begünstigte. Davon gingen rund 70,7 Mio. € an die Land- und Forstwirtschaft und rund 89,5 Mio. € an die Privatzimmervermietung bzw. touristische Vermietung.

Die Kenntnisnahme der Berichte erfolgte nur mit den Stimmen von ÖVP und Grünen. SPÖ-Landwirtschaftssprecherin Cornelia Ecker kritisierte die Berichtslegung als intransparent. Den Angaben sei nicht zu entnehmen, ob alle Hilfszahlungen gerechtfertigt waren. Karin Doppelbauer (NEOS) sagte, eine Effizienzanalyse der Zahlungen sei unumgänglich, um Lehren für mögliche weitere Krisen zu ziehen. Gerald Hauser (FPÖ) sah die Kritik der FPÖ an den Ausfallsboni bestätigt.

Landwirtschaftsminister Totschnig konterte Kritik an den Bericht mit dem Verweis auf bereits erfolgte Prüfungen des Rechnungshofs. Die COVID-19-Hilfen seien ein wesentlicher Faktor dafür, dass Österreichs Landwirtschaft gut durch die Krisen gekommen sei.

FPÖ: Aufnahme österreichischer Almflächen ins UNESCO-Weltkulturerbe

Geht es nach der FPÖ, soll Österreich als Beitrag zum Schutz und Erhalt der heimischen Almlandschaften ihre Aufnahme in die UNESCO-Welterbe-Liste beantragen. Es sei an der Zeit, ein klares Zeichen als Bekenntnis zur heute noch bestehenden Almlandschaft zu setzen, argumentierte Antragsteller Peter Schmiedlechner (2817/A(E)). Die Abgeordneten Andreas Kühberger (ÖVP), Cornelia Ecker (SPÖ) und Olga Voglauer (Grüne) wiesen darauf hin, dass die richtige Adresse für den Antrag der Kulturausschuss sei. Voglauer beantragte die Vertagung, die mit den Stimmen von ÖVP und Grünen erfolgte.

FPÖ: Finanzielle Sofortmaßnahmen zur Bewältigung der "Borkenkäferkatastrophe"

Das Ausmaß der vom Borkenkäfer verursachten Schäden in den heimischen Wäldern sei alarmierend, stellte FPÖ-Abgeordneter Gerald Hauser fest. In einem Entschließungsantrag (2820/A(E)) fordere die FPÖ deshalb vom Landwirtschaftsminister finanzielle Sofortmaßnahmen zur Bewältigung der wirtschaftlichen und ökologischen "Borkenkäferkatastrophe". Nikolaus Prinz (ÖVP) verwies auf umfangreiche Hilfsmaßnahmen des Waldfonds, der etwa die Wiederaufforstung, die Verwertung von Schadholz und die Bekämpfung des Borkenkäfers unterstütze. Der Antrag wurde von ÖVP und Grünen vertagt.

FPÖ: Schutz des Menschen vor Wolfsangriffen

Die Wiederansiedelung des Wolfes in Österreich stelle eine immer größere Gefahr für den Menschen dar und gefährde die Zukunft der Almwirtschaft, kritisierte Gerald Hauser (FPÖ). Ein aktives Wolfsmanagement samt Entnahmen von Problemwölfen sei unumgänglich (2583/A(E)). Olga Voglauer (Grüne) sagte, die unangebrachte Polemik gegen den Wolf löse keines der Probleme der Almwirtschaft, die weit umfassender seien. Katharina Werner (NEOS) wies darauf hin, dass die Gefahr von Wolfsangriffen auf Menschen nachweislich äußerst gering sei. Erforderlich sei ein sensibles Wolfsmanagement und der Ausbau des Herdenschutzes. Der FPÖ-Antrag wurde von ÖVP und Grünen vertagt.

FPÖ für lückenlose Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln

Für eine lückenlose Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln macht sich die FPÖ stark. Konkret geht es Abgeordnetem Peter Schmiedlechner in seinem Entschließungsantrag (202/A(E)) um die Kennzeichnung von Produkten, die nur wenig verarbeitet sind, sowie von Fleisch, Eiern und Milch in Großküchen. Der Antrag, der vom Landwirtschaftsausschuss bereits mehrfach diskutiert wurde von den Koalitionsparteien einmal mehr vertagt.

Schmiedlechner drängte auf eine rasche Umsetzung seiner Forderungen. Er erhielt Unterstützung von Klaus Köchl (SPÖ). Ernst Gödl (ÖVP) betonte, dass die lückenlose Herkunftskennzeichnung Teil des Regierungsprogramms sei und bereits schrittweise umgesetzt werde. Landwirtschaftsminister Totschnig wies darauf hin, dass die Begutachtung einer entsprechenden Verordnung bereits abgeschlossen sei und bereits Abstimmungsgespräche mit der EU-Kommission im Laufen seien.

Selbstmorde und psychische Erkrankungen von Landwirt:innen: FPÖ verlangt Bericht an das Parlament

FPÖ-Agrarsprecher Peter Schmiedlechner fordert in einem Entschließungsantrag (392/A(E)) die Erstellung einer Studie über Selbstmorde und psychische Erkrankungen bei Landwirt:innen. Der Antrag wurde mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vom Ausschuss ein weiteres Mal vertagt. Während Karin Doppelbauer (NEOS) eine Datenerhebung grundsätzlich für gut befand, bezweifelten Clemens Stammler (Grüne) und Irene Neumann-Hartberger (ÖVP) den Wert einer weiteren Studie. Die Problematik müsse selbstverständlich ernst genommen werden, betonten sie. Neumann-Hartberger sagte, dass es wichtig sei, das bestehende Hilfsangebot, dass Landwirt:innen in Krisensituationen zur Verfügung stehe, noch stärker bekannt zu machen.

NEOS fordern Dekarbonisierungsstrategie für die Landwirtschaft

Erneut auf die Tagesordnung genommen wurde ein Entschließungsantrag, mit dem die NEOS die Erstellung einer umfassenden Dekarbonisierungsstrategie für die Landwirtschaft fordern (1203/A(E)). Das Ziel der Klimaneutralität bis 2040 bräuchte Maßnahmen zur Verbesserung der Treibhausgasbilanz in allen Bereichen der Gesellschaft und Wirtschaft. Die NEOS fordern einen klaren Emissionsreduktionspfad sowie konkrete Maßnahmenpakete für alle Treibhausgas-, C02-, Methan- sowie N20-Emissionen für die österreichische Landwirtschaft und ihre Integration in die C02-Besteuerung. Der Antrag, der bereits zweimal im Ausschuss verhandelt wurde, wurde auf Antrag von Andreas Kühberger (ÖVP) mit den Stimmen von ÖVP und Grünen erneut vertagt.

SPÖ fordert Forschung zu möglicher Grundwasserkrise

Auf eine drohende Grundwasserkrise im Zuge der Klimakrise weist SPÖ-Landwirtschaftssprecherin Cornelia Ecker in einem Entschließungsantrag (2587/A(E)) hin. Sie fordert die Durchführung einer Studie, um die künftige Verfügbarkeit von Oberflächenwasser für Landwirtschaft und Industrie ohne Gefährdung der Gewässerökologie und der Trinkwasserversorgung zu prüfen. Die Trinkwasserversorgung müsse jedenfalls grundsätzlich Vorrang gegenüber anderen Nutzungen haben, fordert Ecker. Nikolaus Berlakovich (ÖVP) sagte, das Landwirtschaftsministerium befasse sich bereits intensiv mit Fragen des Wasserverbrauchs in der Landwirtschaft, hier sei eine Reihe von Studien bereits am Laufen. Er sprach sich für die Vertagung des Antrags aus, die mit den Stimmen von ÖVP und Grünen erfolgte.

SPÖ: Alternativen zu herkömmlichen Pestiziden erforschen

Die SPÖ setzt sich für schonende Alternativen zu herkömmlichen chemisch-synthetischen Pestiziden ein (923/A(E)). Vor dem Hintergrund der EU-Strategie "Vom Hof auf den Tisch", mit der die EU-Kommission die Halbierung der Verwendung gefährlicher chemischer Pestizide bis 2030 erreichen wolle, sei es wichtig, Alternativen zu herkömmlichen chemisch-synthetischen Pestiziden zu finden. Der Landwirtschaftsminister solle daher eine europäische und nationale Forschungsstrategie unterstützen. Auch zu diesem Antrag erfolgte ein Vertagungsantrag, dem von ÖVP und Grünen stattgegeben wurde. Franz Eßl(ÖVP) verwies darauf, dass das Landwirtschaftsministerium die Forschung in diesem Bereich aktiv unterstütze. (Schluss Landwirtschaftsausschuss) sox