Parlamentskorrespondenz Nr. 1164 vom 18.10.2022

Tourismusausschuss widmet sich Vereinbarkeit von Beruf und Familie

Einstimmige Entschließung für bedarfsgerechte Kinderbetreuung in der Tourismusbranche

Wien (PK) – Mit dem Appell, innovative Kinderbetreuungsangebote im Tourismusbereich zu konzipieren, wandte sich der Tourismusausschuss heute geeint an Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler. Nebst dem einstimmig angenommen Entschließungsantrag der Regierungsfraktionen machten sich auch SPÖ und NEOS für das Thema stark.

Vielfältige Anliegen der Opposition wurden vertagt, was Ausschussvorsitzender Gerald Hauser (FPÖ) als "Vertagungsorgie" bezeichnete. Die Entschließungsanträge aus den Reihen der FPÖ haben eine Limitierung der Förderung von Hotelneubauten, die Eigenkapitalstärkung der Tourismusbetriebe sowie klarere Strukturen für die touristische Vermietung zum Ziel. Die SPÖ setzt sich für ein Corona-Abwehrmaßnahmenkonzept in der Tourismusbranche ein sowie für eine nachhaltige Entwicklungsstrategie für niedrig gelegene Schigebiete. Die NEOS stellten die oftmals hohen stillen Reserven im Tourismus zur Diskussion, eine Senkung der Lohnnebenkosten sowie das Unternehmensserviceportal (USP).

Pilotprojekte für Kinderbetreuung

Da die spezifischen Ausgangsbedingungen im Tourismus und gesellschaftliche Veränderungsprozesse Innovation bedurften, bemühen sich ÖVP und Grüne um die Etablierung von Pilotprojekten hinsichtlich bedarfsgerechter Kinderbetreuungsangebote in der Branche. Dabei gehe es in erster Linie um eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die Erhöhung der Vollzeitbeschäftigung bei Frauen, erläuterte Barbara Neßler (Grüne) den gemeinsamen Antrag mit Franz Hörl (ÖVP). Besonders beim Ausbau von Betreuungseinrichtungen für unter Dreijährige würde man hinterherhinken, zeigte sich die Mandatarin dennoch überzeugt, hierbei nun etwas weiterzubringen. ÖVP-Abgeordnete Maria Großbauer möchte sich dafür einsetzen, derartige Projekte auch für Bereiche abseits des Tourismus anzudenken, etwa in der Kultur. Gerald Hauser (FPÖ) wurde von Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler darüber informiert, dass die Pilotprojekte bereits budgetiert sind.

Die Opposition begrüßte zwar einhellig die Auseinandersetzung mit dem Thema und stimmte dem Entschließungsantrag schließlich geschlossen zu, Melanie Erasim (SPÖ) und Julia Seidl (NEOS) bemängelten allerdings die "ergebnisoffene" Formulierung des Antrags der Regierungsparteien, insbesondere weil seitens ihrer Fraktionen eigene Initiativen zu dem Thema vorliegen. Die SPÖ fordert eigene Betriebskindergärten in der Tourismusbranche als Startschuss für eine Trendwende, die NEOS ein Maßnahmenpaket zur Erhöhung von Kinderbetreuungsangeboten im ländlichen Raum, um dem sinkenden Vollzeitanteil im Bereich Tourismus, Hotellerie und Gastronomie (52% bei den Frauen, 74% bei den Männern) entgegenzuwirken.

Ursprünglich war von den Regierungsparteien eine Vertagung der Oppositionsanliegen beabsichtigt worden. Nachdem die drei oppositionellen Tourismussprecher:innen ihren Unmut über diese Praxis zum Ausdruck brachten, wurden die beiden Vertagungsanträge zurückgezogen und die beiden Entschließungsanträge schließlich miterledigt.

Anliegen von FPÖ, SPÖ und NEOS vertagt

Eine Reihe weiterer Oppositionsanträge wurde jedoch mit Ausschussmehrheit vertagt – so etwa eine bereits mehrmals vom Ausschuss in Verhandlung genommene FPÖ-Initiative, die darauf abzielt, die Voraussetzungen für die Beantragung von Förderungen zur Neuerrichtung von Beherbergungsbetrieben mit einer Obergrenze von 60 Zimmern bzw. 120 Betten zu limitieren. Laut FPÖ-Tourismussprecher Gerald Hauser sollten - unter anderem aufgrund des aktuellen Mitarbeitermangels - stattdessen vermehrt bestehende Betriebe gestärkt werden.

In Folge der coronabedingt schwierigen wirtschaftlichen Lage gelte es ferner, die finanzielle Situation der Unternehmen durch eine Aufwertungsmöglichkeit von Immobilien zu verbessern, so ein weiterer Vorschlag der Freiheitlichen. Bis Ende 2023 befristet, sollte das Vermögen demzufolge mit dem Viertel-Steuersatz begünstigt aufgewertet werden können, um die Bonität zu stärken. Außerdem wird von FPÖ-Mandatar Gerald Hauser eine steuerrechtliche Gleichstellung von Fremd- und Eigenkapital angestrebt, sodass beiderlei Zinsen steuerlich abzugsfähig werden.

Im Sinne von Klarheit, Nachvollziehbarkeit sowie Rechtssicherheit beantragt der FPÖ-Tourismussprecher außerdem erneut, die unterschiedlichen Varianten der touristischen Vermietung anhand von drei Kategorien zu vereinheitlichen. Derzeit würden die verschiedenen Erfordernisse bezüglich Gewerbeberechtigungen oder Einkommensteuergesetz zu Ungerechtigkeiten und zu einem "Tohuwabohu" bei den Entschädigungszahlungen führen. Das Problem sei bereits vom Staatssekretariat erkannt worden, rechtfertigte Franz Hörl (ÖVP) die Vertagung.

Auf der Tagesordnung standen auch zwei SPÖ-Initiativen. Um das gesundheitliche Wohlergehen sowohl von Arbeitnehmer:innen als auch Tourist:innen hinsichtlich einer neuen Corona-Welle zu gewährleisten, eine professionelle Krisenkommunikation und größere Planungssicherheit für die Wintersaison herzustellen, schlägt Melanie Erasim (SPÖ) die Erarbeitung eines Abwehrmaßnahmenkonzepts für die Tourismusbranche und das Gastgewerbe vor. Mit Verweis auf den bestehenden Variantenmanagementplan wurde der Entschließungsantrag vertagt.

Angesichts des Klimawandels sieht die SPÖ einen Bedarf an neuen Geschäftsmodellen für niedrig gelegene Schigebiete und einer nachhaltigen Entwicklungsstrategie in Zusammenarbeit mit den Ländern und Gemeinden, wie SPÖ-Mandatar Alois Schroll ausführte. Diese Zukunftsfrage müsse man seiner Ansicht nach mit Mut für jene Gemeinden stellen, die vom Wintertourismus abhängig sind. Julia Seidl (NEOS) meinte, Investitionen in Kleinst-Schigebiete würden sich nicht rentieren, versteht dies allerdings als Aufgabe der Bundesländer. Auch für Joachim Schnabel (ÖVP) ist das Thema eher Länderkompetenz. Es solle aber geprüft werden, ob der Bund einen Beitrag leisten könne, sagte er zur Vertagung. Barbara Neßler (Grüne) stellte die Überlegung an, Abhängigkeiten von Beschneiungstechnologien in bestimmten Schigebieten zu reduzieren.

Drei Anliegen der NEOS wurden ebenso vertagt. Das betraf die beantragte Erleichterung der Betriebsaufgabe wegen oft hoher stiller Reserven im Tourismus. Konkret sollte das Berufsverbot bei steuerlicher Aktivierung der stillen Reserven aufgehoben und die Substanzbesteuerung gestrichen werden, damit sich auch junge Menschen eine Betriebsaufgabe leisten können. Außerdem wird vorgeschlagen, den betrieblichen Steuerfreibetrag von 7.300 € auf 14.600 € zu verdoppeln. Der Umgang mit der Ausstiegsproblematik sei seit Jahrzehnten nicht mehr reformiert worden, bekrittelte Julia Seidl (NEOS). Gerald Hauser (FPÖ) bekundete seitens seiner Fraktion Sympathie für den Antrag.

In einer Phase steigender Energiepreise und Inflation gelte es, die Unternehmen zu entlasten und zugleich mehr Verhandlungsspielraum für die Lohnverhandlungen zu ermöglichen, zeigte sich Seidl (NEOS) ferner von ihrem Vorschlag überzeugt, die Lohnnebenkosten im dienstleistungsintensiven Tourismusbereich auf das OECD-Durchschnittsniveau zu senken.

Außerdem untermauerte die NEOS-Tourismussprecherin ihre Forderung nach dem "digitalen Gästeblatt", einer Umfunktionierung des Unternehmensserviceportals (USP) zu einem zentralisierten und übersichtlichen Tool für alle Unternehmer:innen in Österreich, mit dem sämtliche Behördenwege digital erledigt werden könnten. Nur wenige Betriebe würden bislang damit arbeiten. (Fortsetzung Tourismusausschuss) fan