Parlamentskorrespondenz Nr. 1238 vom 07.11.2022

Gesundheitsausschuss vertagt Oppositionsanträge

Rauch: Projekt "Gesund aus der Krise" aufgestockt

Wien (PK) – Oppositionelle Forderungen nach Psychotherapieangeboten und der Stärkung des heimischen Gesundheitswesens wurden heute im Gesundheitsausschuss diskutiert. Weitere Forderungen der NEOS betrafen den Eltern-Kind-Pass sowie CBD und Suchtmittel. Seitens der ÖVP wollte Josef Smolle die Oppositionsforderungen gesammelt auf sachlicher Ebene in kleiner Runde mit den Gesundheitssprechern besprechen. Er stellte dafür Einigungen in diversen Punkten in Aussicht. Die Anträge der Opposition wurden daher vorerst von ÖVP und Grünen vertagt.

Rauch: Projekt "Gesund aus der Krise" bietet niederschwellige psychosoziale Versorgung ohne lange Wartezeiten

Die letzten drei Jahre stellten für die gesamte Bevölkerung eine enorme Herausforderung und für viele Menschen eine massive psychosoziale Belastung dar, gab die SPÖ-Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek zu bedenken. Derzeit würden rund zwei Millionen Menschen unter depressiven Symptomen leiden. Nationale und internationale Studien würden belegen, dass Kinder und Jugendliche immer stärker betroffen seien. Daher forderte die SPÖ vom Gesundheitsminister die erforderlichen Psychotherapieangebote. Außerdem sollte sowohl die Behandlung durch klinische Psycholog:innen als auch Gesundheitspsycholog:innen in den Leistungskatalog der Krankenversicherung aufgenommen werden, war Heinisch-Hosek überzeugt (2847/A(E)). Ab dem ersten Quartal 2023 soll der Leistungskatalog der Krankenversicherung erweitert werden, sagte Gesundheitsminister Johannes Rauch.

Rauch verwies auf das erfolgreiche Projekt "Gesund aus der Krise" für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Ziel von "Gesund aus der Krise" sei die psychosoziale Versorgung österreichweit, niederschwellig und ohne lange Wartezeiten anzubieten.Über 7.000 Beratungs-/Behandlungsplätze wurden bereits vermittelt. Laut Rauch wurde das Projekt auf 20 Mio. € aufgestockt, um insgesamt bis zu 11.000 Betreuungen zu ermöglichen. Die Wartezeit auf einen Platz liege bei drei bis vier Wochen, was als kurz anzusehen ist.

Ralph Schallmeiner (Grüne) stand der SPÖ-Initiative positiv gegenüber, stellte aber einen Vertagungsantrag mit Blick auf die bevorstehende Novelle des Psychotherapiegesetzes. Inhaltliche Zustimmung signalisierten FPÖ und NEOS, die beide auf eine zeitnahe Novelle bis Anfang 2023 hofften. Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP) zeigte sich zuversichtlich über den Fortschritt der Diskussion zur Novelle. Eine Neuordnung sei bereits vor der Pandemie ein Ziel der Bundesregierung gewesen, betonte sie. Nun müssten alle Beteiligten und Institutionen in die Gespräche einbezogen werden.

FPÖ: Stärkung des niedergelassenen Bereichs sowie des Öffentlichen Gesundheitsdienstes

Die FPÖ trat für die Stärkung des niedergelassenen Bereichs ein (783/A(E)). Neben der Einführung des Facharztes für Allgemeinmedizin, der Verdoppelung der Medizin-Studienplätze für Österreicher:innen und der Gewährung von Lebensunterhaltsstipendien für Ärzt:innen in Ausbildung ging es den Freiheitlichen, um ausreichend Plätze im Rahmen von Lehrpraxen. In einem weiteren Antrag ging es Gerhard Kaniak (FPÖ) um den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD), der neben den Krankenanstalten und dem niedergelassenen Bereich die dritte Säule des heimischen Gesundheitswesens darstellt (1353/A(E)). Zu dessen zentralen Aufgaben zählen neben der Aufsicht und Qualitätssicherung im Gesundheitssektor auch das medizinische Krisenmanagement. Gerade die COVID-19-Pandemie habe deutlich aufgezeigt, dass der Reformprozess des ÖGD rasch fortgesetzt und die aus der Corona-Krise gewonnenen Erfahrungen miteinbezogen werden müssen, betonten die Freiheitlichen. Die Forderungen wurden mit Verweis auf die Gesprächsrunde der Gesundheitssprecher:innen seitens ÖVP und Grüne vertagt.

ÖVP: Novelle des Primärversorgungsgesetzes wird derzeit verhandelt

Wenn Ärzt:innen aus beruflichen Gründen das Bundesland wechseln oder ins Ausland gehen, verlieren sie derzeit einen beträchtlichen Teil ihrer Altersvorsorge, zeigten die NEOS mittels Entschließungsantrag kritisch auf (2195/A(E)). Es würden deutliche Verluste der geleisteten Beiträge an die von den einzelnen Landes-Ärztekammern unterhaltenen Wohlfahrtsfonds entstehen. Nach Auffassung von Fiedler sei dies sachlich in keiner Weise zu rechtfertigen. Daher forderte Fiona Fiedler (NEOS), diese Bestimmung im Ärztegesetz jenen Grundsätzen in Bezug auf die Berechnung des Unverfallbarkeitsbetrages anzugleichen. Laut Werner Saxinger (ÖVP) gibt es diesbezüglich eine Lösung, die in nächste Gesetzesnovelle einfließen wird.

Die Erfahrungen mit der Umsetzung des Primärversorgungsgesetzes in den letzten Jahren hätten gezeigt, dass es in einigen Bereichen praktikabler und realitätsnaher ausgestaltet werden müsse, argumentierten die NEOS. Dies würde auch durch das deutliche Verfehlen der angepeilten Zielwerte - Errichtung von 75 Primärversorgungszentren bis 2022 – eindeutig belegt, so Gesundheitssprecherin Fiedler. Für besonders wichtig erachtete sie, dass der Betrieb von Primärversorgungseinheiten nicht nur Ärzt:innen, sondern auch Vertreter:innen anderer Gesundheitsberufe offen stehen sollte. Um den Ausbau weiter voranzutreiben, müssten zudem vereinfachte Gründungsformen ermöglicht und die nicht-ärztlichen Stellen in der Personalstruktur von Primärversorgungszentren abgesichert werden (2697/A(E)). Die ÖVP erklärte, dass eine Novelle des Primärversorgungsgesetzes in Verhandlung stehe und begründete damit die Vertagung.

Mit der im Rahmen der Gesundheitsreform 2013 erfolgten Etablierung der Primärversorgungszentren und -netzwerke wurde die Pflege im niedergelassenen Bereich deutlich aufgewertet, betonten die NEOS in einer weiteren Initiative (551/A(E)). Was aber noch immer fehle, sei ein Abrechnungskatalog mit der Krankenversicherung. Dadurch werde vor allem die Verbreitung der selbständigen, niedergelassenen Pflege erschwert. Die NEOS forderten daher anhand von internationalen Best-Practice-Beispielen den Tätigkeitsbereich der Primärversorgungspflege in Österreich zu definieren und einen Abrechnungskatalog mit der Sozialversicherung voranzutreiben.

Die Forderungen wurden ebenfalls von ÖVP und Grünen vertagt. Die ÖVP begründete dies mit der bevorstehenden Novelle des Primärversorgungsgesetzes. Während die SPÖ den obigen Forderungen stets positiv gegenüberstand, vertrat Gabriele Heinisch-Hosek eine differenziertere Sicht gegenüber dieser Initiative. Ralph Schallmeiner (Grüne) konnte die Forderungen der NEOS zu der Primärversorgung nachvollziehen und wollte in eine ähnliche Richtung gehen.

NEOS: Mehr Bewusstsein für Zahngesundheit und Autismus im Rahmen der Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen

NEOS-Mandatarin Fiona Fiedler erinnerte an den Nationalratsbeschluss wonach der Mutter-Kind-Pass zum Eltern-Kind-Pass bis zum 18. Lebensjahr weiterentwickelt werden soll (2206/A(E)). Im Zuge dieser Neukonzeption sollten auch notwendige Reformen angegangen werden, argumentierte die Antragstellerin, die sich vor allem für die Aufnahme von zahnmedizinischen Untersuchungen stark macht. Im Konkreten sollten alle Kinder ab dem 7. Lebensmonat bei jedem Mutter-Kind-Pass-Termin auf Zahnerkrankungen und Risikofaktoren untersucht werden, forderte sie. In einem weiteren Antrag setzte sich Fiedler dafür ein, bei der Ausgestaltung des neuen Eltern-Kind-Passes auch "ein ordentliches Screening von Risikofaktoren für Autismus-Spektrum-Störungen vorzusehen" (2207/A(E)). Die beiden Anträge seien als Unterstützung zur Erarbeitung des neuen Eltern-Kind-Passes zu sehen, so Fiedler. Inhaltliche Zustimmung signalisierten SPÖ und FPÖ. Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP) stellte einen Beschluss in Sachen Eltern-Kind-Pass im Ministerrat in naher Zukunft in Aussicht.

Rauch: Erlass zur Handhabung von CBD bleibt vorerst aufrecht

Geht es nach den NEOS, so sollten CBD-haltige Kosmetika in Österreich als legale Waren behandelt werden. Seit Oktober 2018 gelte in Österreich ein Erlass des Gesundheitsministeriums, wonach CBD-Produkte, wie cannabinoidhaltige Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel (z.B. Öle), dem Wirkungsbereich der Novel-Food-Verordnung der EU zuzuordnen sind (1202/A(E)) . Dies sei rechtswidrig und sollte aufgehoben werden, argumentierten die NEOS mit aktuellen Urteilen des Europäischen Gerichtshofs, worin festgehalten wurde, dass CBD nicht als psychotroper Stoff oder Suchtmittel klassifiziert werden könne. Durch den Erlass werde das Verbot des Inverkehrbringens der Produkte auf dem österreichischen Markt geregelt, wobei auch CBD-haltige Kosmetika betroffen seien.

Gesundheitsminister Rauch verdeutlichte: Fakt sei, dass der EuGH CBD nicht als Suchtmittel klassifiziert hat. Dies bedeute aber nicht, dass es keine Zulassung für die Verwendung bei Kosmetika brauche. Eine Risikobewertung sei notwendig. Vorerst bleibe der Erlass inhaltlich aufrecht, unterstrich er. Dem NEOS-Antrag konnten sich auch die Grünen nicht anschließen. Die Situation sei komplexer als dargestellt, betonte Ralph Schallmeiner (Grüne). Weitere Einschätzungen seien notwendig. Zudem liege es an der EU, eine einheitliche Rechtslage herzustellen. Werner Saxinger (ÖVP) bezeichnete CBD als Lifestyleprodukt mit vielen Wirkungen. Die SPÖ hingegen hätte dem Antrag zugestimmt und erachtete die EuGH-Entscheidung als ausreichend, um den Erlass zu ändern. Die FPÖ sprach sich für hochqualitatives Angebot und Konsument:innensicherheit aus.

NEOS-Mandatarn Fiedler wies schließlich darauf hin, dass Österreich in den internationalen Suchtstatistiken traditionell schlecht abschneide (2528/A(E)). Dies betreffe nicht nur den Tabak- und Alkoholkonsum, sondern auch die Einnahme von Drogen wie Kokain, Amphetamin und Methamphetamin, was Abwasserproben belegen würden. Sie plädierte für ein generelles Umdenken in der Suchtpolitik und warb für ein Präventionsmodell am Beispiel Islands basierend auf Sport, Sozialarbeit und psychischer Gesundheit. Aus Sicht der Grünen sind die isländischen Praktiken nicht direkt auf Österreich umzulegen. Grundsätzlich erachtete die ÖVP den präventiven Ansatz für richtig. In Österreich gebe es aber bereits zahlreiche Programme, so die Begründung der Vertagung. (Fortsetzung Gesundheitsausschuss) gla