Parlamentskorrespondenz Nr. 1403 vom 02.12.2022

Seit 20 Jahren im Einsatz für freien und fairen Wettbewerb

Bundeswettbewerbsbehörde legt Tätigkeitsbericht 2021 vor

Wien (PK) – Dem Wirtschaftsausschuss liegt der Tätigkeitsberichts der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) für das Jahr 2021 vor (III-803 d.B.). Die BWB wurde demnach im Laufe ihres Bestehens zunehmend mit wichtigen Ermittlungsbefugnissen ausgestattet. Trotzdem sie die am schwächsten ausgestattete Wettbewerbsbehörde in Europa sei, leiste sie doch beeindruckende Arbeit in gleichbleibender hoher Qualität, so das Fachmagazin "Global Competition Review" laut Bericht. Das Magazin habe die BWB 2021 im Rating der Wettbewerbsbehörden erneut mit 3,5 von 5 Sternen bewertet.

Die Ziele der BWB bestehen in der Sicherstellung eines funktionierenden Wettbewerbs in Österreich, der Beseitigung von Wettbewerbsverzerrungen und -beschränkungen, der Kontrolle von Zusammenschlüssen sowie der Information und Prävention hinsichtlich wettbewerbsrechtlicher Vergehen. Im Mittelpunkt der Tätigkeit steht der Kampf gegen negative Auswirkungen von Machtkonzentrationen. Ein freier und fairer Wettbewerb sei zentral für eine Marktwirtschaft, er fördere Qualität, Innovation und technischen Fortschritt und sei daher wichtig für Konsument:innen wie für Unternehmen, wird im Tätigkeitsbericht festgehalten.

Zahlen und Fakten

2021 wurden laut Bericht (trotz Pandemie) 21 Hausdurchsuchungen durchgeführt, wobei Gegenstand der Ermittlungen vor allem der Verdacht auf kartellrechtswidrige horizontale Absprachen in der Abfallwirtschaft gewesen sei. Mehr als 55 Mio. € an Geldbußen wurden demnach 2021 verhängt und acht Kronzeugenanträge gestellt. Mit 78 Whistleblowing-Meldungen kam es neuerlich zu einer Erhöhung (2020: 59) seit der Einführung des Whistleblowingsystems der BWB im Jahr 2018. 27 werden laut Bericht noch intensiv geprüft, bei sieben wurden Ermittlungen eingeleitet und zwei wurden an die zuständigen Behörden weitergeleitet.

Im Jahr 2021 gab es insgesamt 653 Prüfungen von neu angemeldeten nationalen Unternehmenszusammenschlüssen, wovon 99,7 % in der ersten Verfahrensphase abgeschlossen wurden, sowie 452 Prüfungen von EU-Zusammenschlüssen.

Novelle des Kartell- und Wettbewerbsgesetzes

Im Herbst 2021 trat das Kartell- und Wettbewerbsrecht-Änderungsgesetz 2021 in Kraft, womit sich einige rechtliche Rahmenbedingungen der Tätigkeit der BWB änderten. Zum einen handelt es sich bei der Novelle um die Umsetzung einer EU-Richtlinie zur Stärkung der Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten. Erreicht werden sollte laut Bericht eine wirksame Durchsetzung der Wettbewerbsvorschriften und die Gewährleistung des Funktionierens des Binnenmarkts. Zum anderen sollte damit das österreichische Kartellrecht den Erfordernissen einer modernen Wirtschaft, insbesondere im digitalen Bereich, angepasst werden.

Branchenuntersuchung im Bereich Gesundheit

Im Berichtszeitraum wurde unter anderem der dritte Teilbericht der Branchenuntersuchung Gesundheit zur Arzneimittelversorgung veröffentlicht. Die Untersuchung wurde von März bis Dezember 2020 durchgeführt. In Gesundheitsbereich gebe es seit etlichen Jahren erhebliche Herausforderungen, die durch die COVID-19-Pandemie stärker in den Vordergrund getreten seien. Es habe sich gezeigt, dass das Risiko der Arzneimittelknappheit in Österreich erhöht ist. Allerdings fanden sich laut Bericht keine konkreten Hinweise auf Liefereinschränkungen in Zusammenhang mit der Pandemie. 

In den letzten 30 Jahren verringerte sich dem Bericht zufolge die Anzahl der Unternehmen im Pharmabereich von 110 auf circa 30. Dieser starke Anstieg der Marktkonzentration könne sich negativ auf die Arzneimittelversorgung auswirken, so der Bericht. Die seit 2013 kontinuierlich steigende Beteiligung von Großhändlern an öffentlichen Apotheken wird von der BWB ebenfalls negativ gesehen, weil diese dadurch Einfluss auf Absatz und Preise der Apotheken nehmen können.

Die BWB habe neun Empfehlungen zur Sicherung der Arzneimittelversorgung erarbeitet, darunter die Evaluierung von Preisbestandteilen von Arzneimitteln, insbesondere hinsichtlich gesetzlicher Aufschläge, die Setzung von finanziellen Anreizen für nachweislich in der EU produzierte Arzneimittel bzw. Wirkstoffe, die Reduzierung der Abhängigkeit von einzelnen Zulieferern für mehr Wettbewerb und höhere Versorgungssicherheit oder die Beschränkung der höchst zulässigen Eigentumsanteile des Arzneimittelgroßhandels an öffentlichen Apotheken.

Branchenuntersuchung im Bereich E-Ladeinfrastruktur

Da Beschwerden aus dem Markt eingelangt seien, habe die BWB unter Einbeziehung der E-Control eine Branchenuntersuchung im Bereich E-Mobilität betreffend öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge gestartet. Der Aufbau einer leistungsfähigen, flächendeckenden und sicheren Ladeinfrastruktur sowie die Aufrüstung der Stromnetze seien die größten Herausforderungen hinsichtlich E-Mobilität, wird im Bericht festgehalten. Das Ziel der Branchenuntersuchung sei die Identifikation von wesentlichen Wettbewerbsbeschränkungen, aus denen Empfehlungen abgeleitet werden sollen, um bereits im Transformationsprozess auf die Wettbewerbssituation einzuwirken. Damit solle eine verbraucherfreundliche und preiswerte Versorgung der Nutzer:innen und die Entwicklung von innovativen Geschäftsmodellen sichergestellt sowie potenziellen (über-)regionalen Monopolbildungen rechtzeitig entgegengewirkt werden.

Erfolge bei digitalen Märkten

Mit der Fusion von Facebook (heute: Meta) und Giphy wurde dem Kartellgericht von der BWB ein Präzedenzfall für digitale Märkte zur vertiefenden Prüfung vorgelegt. Dies sei auch mit der Absicht geschehen, Weichen für die Zukunft von digitalen Märkten zu stellen. Der Erwerb von Giphy durch Facebook hätte in Österreich angemeldet werden müssen, da er die Kriterien der Transaktionswertschwelle erfüllte, so der Bericht. Jedoch sei der Erwerb erst nachträglich bei der BWB angemeldet worden.

In der Prüfung haben sich dem Bericht zufolge die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der BWB erhärtet, weshalb eine vertiefte Prüfung am Kartellgericht eingeleitet wurde. Das Kartellgericht habe den Zusammenschluss unter Auflagen freigegeben. Gegen diese Entscheidung habe die BWB beim Obersten Gerichtshof Rekurs erhoben. Im Fokus stehe für die BWB die Frage, ob Facebook durch den Erwerb von Giphy seine marktbeherrschende Stellung bei den sozialen Medien und der Onlinewerbung verstärkt. 

Bei der Fusion von eBay und Advinta erreichte die BWB laut Bericht wichtige Auflagen, um auch regionale Plattformen wie Willhaben zu erhalten, indem etwa die Möglichkeit der Einflussnahme von eBay auf Willhaben eingegrenzt worden sei.

Erstes Verfahren in Baubranche mit Geldbuße rechtskräftig beendet

Aufgrund des Verdachts einer österreichweiten jahrelangen Zuwiderhandlung gegen das Kartellverbot in der Baubranche, werde seit 2017 von der BWB in Kooperation mit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft und dem Bundesamt zur Korruptionsprävention und -bekämpfung ermittelt. Es gehe um den Verdacht von Preisabsprachen, Marktaufteilungen, Austausch von wettbewerbssensiblen Informationen und um kartellrechtswidrige Arbeits- und Bietergemeinschaften bei Ausschreibungen im Hoch- und Tiefbausektor, wobei in erster Linie Ausschreibungen der öffentlichen Hand, aber auch private betroffen seien. Mehr als 40 Bauunternehmen stehen demnach in Verdacht, daran beteiligt zu sein, so der Bericht. Erste Geldbußen seien bereits rechtskräftig verhängt worden. (Schluss) gst/red


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