Parlamentskorrespondenz Nr. 1468 vom 15.12.2022

Raab: Familien brauchen finanzielle Unterstützung

Ministerin für Familie, Jugend, Frauen, Integration und Medien zur Fragestunde im Nationalrat

Wien (PK) – Die Familien stünden "im Zentrum" aller Entlastungsmaßnahmen der Regierung angesichts der Teuerung, sagte heute Bundesministerin Susanne Raab im Nationalrat bei einer Fragestunde mit den Abgeordneten. Neben finanzieller Unterstützung und Sachleistungen trachte die Regierung auch danach, die Rahmenbedingungen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern, bekannte sich Raab als Familienministerin zu Investitionen in die Kinderbetreuung. Außerdem drehte sich die Debatte um Entwicklungen beim Kindschaftsrecht und bei der Integration von Migrant:innen sowie im Medienbereich, der ebenfalls in Raabs Zuständigkeit fällt. Viel Aufmerksamkeit erhielt die Prävention von Gewalt gegen Frauen, nachdem heuer bereits 28 Frauenmorde in Österreich zu beklagen waren.

Eingangs der Sitzung wurde Christian Oxonitsch als neuer SPÖ-Abgeordneter von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka angelobt. Oxonitsch übernimmt das Mandat von der Sozialdemokratin Nurten Yilmaz, die ihre Pension antritt.

Teuerung: Familien laut Raab besonders belastet

Aktuelle Anpassungen beim Kinderbetreuungsgeld und bei der Familienbeihilfe nannte Familienministerin Raab als jüngste Maßnahmen der Regierung, Familien in Zeiten hoher Inflation finanziell zu entlasten. Konkret bezog sie sich dabei auf heute im Nationalrat verhandelte und beschlossene Gesetzesvorschläge. So sollen eine geringfügige Beschäftigung während des Bezugs von Kinderbetreuungsgeld erleichtert und das Verfahren für die Zuerkennung der erhöhten Familienbeihilfe vereinfacht werden. Man habe sehr früh mit konkreten Entlastungen begonnen, verwies Raab in ihren Ausführungen unter anderem auf die Sonderfamilienbeihilfe vergangenen August und die automatische Valorisierung der Familienleistungen ab 1.1.2023. Umfasst von diesen Inflationsanpassungen seien die Familienbeihilfe, der Mehrkindzuschlag, der Kinderabsetzbetrag, das Kinderbetreuungsgeld, der Familienbonus und das Schulstartgeld. Nach Angaben des Familienministeriums erhält eine Familie dadurch jährlich bis zu 1.520 € zusätzlich. Auch Alleinerzieher:innen, deren Einkommen unter der Steuergrenze liegt, würden davon profitieren, so Raab.

Norbert Sieber (ÖVP) hatte zuvor auf bereits vollzogene Anti-Teuerungsmaßnahmen für Familien Bezug genommen, als er sagte: "Familien sind das Herz und auch das Rückgrat der Gesellschaft". Familien in Zeiten der Teuerung zu entlasten, sei daher gesellschaftspolitisch absolut notwendig. Konkret sieht die Novelle zum Kinderbetreuungsgeld vor, bei einer geringfügigen Beschäftigung während des Leistungsbezugs die diesbezüglichen Grenzbeträge von 7.600 € auf 7.800 € (einkommensabhängige Variante) bzw. von 16.200 € auf 18.000 € (pauschale Variante) zu erhöhen. Die Koalitionsparteien sehen diese Änderung als Ergänzung zum vor Kurzem beschlossenen dritten Teuerungs-Entlastungspaket, das jährliche Valorisierungen zahlreicher Familien- und Sozialleistungen ab dem Jahr 2023 enthält. Verfahren für die Zuerkennung der erhöhten Familienbeihilfe sollen künftig vereinfacht werden, indem die Verpflichtung für minderjährige Behindertenpassinhaber:innen entfällt, einen zusätzlichen Nachweis des Sozialministeriumservice zu erbringen.

Familienrechtsreform soll Unterhaltsrecht vereinfachen

Das Unterhaltsrecht zu vereinfachen, die Väterbeteiligung bei der Kinderbetreuung zu verstärkten und Frauen in Gewaltsituationen zu helfen, das sind für Familienministerin Raab die Eckpunkte eines neuen Familienrechts, das allerdings noch vom Justizministerium ausgearbeitet werde. Das Kindschaftsrecht sei grundsätzlich in einer Weise zu modernisieren, dass das Kindeswohl jedenfalls im Mittelpunkt steht. Der neue Eltern-Kind-Pass werde vor diesem Hintergrund künftig um die Familienberatung erweitert, bei der die partnerschaftliche Verteilung der Kinderbetreuung eines der zentralen Themen sei. Die Auswirkung einer Karenz auf die Pension werde ebenfalls dabei thematisiert. Für die SPÖ pochte Petra Wimmer im Zusammenhang mit dem Unterhaltsrecht auf die Umsetzung einer Unterhaltsgarantie im Sinne der Existenzsicherung, doch Raab gab zu bedenken, mit dem existierenden Unterhaltsvorschuss gebe es bereits ein "bewährtes Instrument". Lediglich der Zugang dazu könnte leichter gestaltet werden.  

Einer besseren Unterstützung familieninterner Kinderbetreuung, wie die FPÖ sie forderte, stellte Raab die international vergleichsweise lange mögliche Bezugsdauer des Kinderbetreuungsgeldes in Österreich gegenüber. Durch mehrere Varianten dieser Karenzleistung erreiche man unterschiedliche Familienkonstellationen, sah sie in der aktuellen Ausgestaltung vor allem Vorteile, ohne weitere Erleichterungen bei der Handhabung auszuschließen. Kinderbetreuungszeiten würden zudem auf die Pension angerechnet und es bestehe das Recht auf Elternteilzeit, ging Raab näher auf rechtliche Rahmenbedingungen für Familien ein, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern. Echte Wahlfreiheit erfordere jedenfalls eine "Investition" in der Kinderbetreuung, bekannte sie sich zur Ausweitung der elementarpädagogischen Angebote.

Integration: Raab sieht Verantwortung auch bei Asylsuchenden

Von Faika El-Nagashi (Grüne) und Hannes Amesbauer (FPÖ) nach den Schwerpunkten der Integrationspolitik gefragt, sagte Integrationsministerin Raab, sie lege Wert auf einen faktenbasierten Austausch in diesem Bereich. Wichtig sei der Dialog mit Expert:innen der Integrationsarbeit, etwa in Foren wie der jüngsten Arbeitsmarktkonferenz. Konkret zur Integration am Arbeitsmarkt sagte sie, angesichts des hohen Fachkräftebedarfs in Österreich solle das "Potential" von Zugewanderten bzw. von Geflüchteten – etwa aus der Ukraine - genutzt werden.

Während El-Nagashi davor warnte, dass das Thema Integration häufig populistisch verzerrt dargestellt werde, bezeichnete Amesbauer speziell den "Islamismus" als "größte Gefahr" für das Zusammenleben in Europa. Er forderte von der Ministerin, konkrete Schritte gegen "das Erstarken" des politischen Islam bzw. des islamistischen Extremismus zu setzen. Raab unterstrich, man habe auf gesetzlicher Ebene Vorkehrungen getroffen, extremistischen Vorfällen die Grundlage zu entziehen, etwa durch das Verbot der Auslandsfinanzierung von Moscheen. Verpflichtende Integrationskurse seien aber nur sinnvoll, wenn der Wille zur Annahme heimischer Werte bei den Migrant:innen vorhanden sei, gab die Ministerin zu bedenken. Asylaberkennungen sind für Raab die schärfste Reaktion, die im äußersten Fall bei gewalttätigen Asylant:innen zu erwägen sei. Zum effektiven Kampf gegen die illegale Migration brauche es jedoch ein gemeinsames Vorgehen in der EU.

Gewalt gegen Frauen weiter eindämmen

Im Zusammenhang mit Gewalt gegen Frauen sagte Raab, sie habe als Frauen- und Integrationsministerin beim jüngsten Gewaltschutzgipfel gemeinsam mit dem Sozialminister und dem Innenminister sowie mit Expert:innen die Gründe erörtert, die im schlimmsten Fall zum Mord an Frauen führen. Diese seien psychische Erkrankungen, Drogen, patriarchales Grundverständnis und Machtmissbrauch. Da unter den Tätern ein "überproportional hoher Anteil" von Männern mit Migrationshintergrund sei, so Raab, gebe es im Integrationsbereich viel zu tun. Zur Prävention setze man bereits an den Schulen Maßnahmen, die den Jugendlichen ein Frauen- und Mädchenbild vermitteln, das den "europäischen Werten" entspreche. Zudem gebe es verstärkte Kampagnen gegen Männergewalt sowie verpflichtende Anti-Gewalttrainings bei Betretungsverboten.

Unabhängig von der Nationalität seien patriarchale Rollenbilder die Hauptursachen für Gewalt gegen Frauen, befand Henrike Brandstötter (NEOS) und sie forderte von der Ministerin konkrete Maßnahmen, um nachhaltige Verbesserungen für Frauen herbeizuführen. Da der Schutz von Frauen und Kindern vor Gewalt ihr ein zentrales Anliegen sei, habe man die finanziellen Mittel dafür deutlich erhöht und die Beratungsmöglichkeiten ausgebaut, erläuterte Raab am Beispiel der Frauen- und Mädchenberatungsstellen, der Gewaltschutzzentren und der Frauen-Helpline. Letztlich sei ein "gesamtgesellschaftlicher Zugang" zur Eindämmung häuslicher Gewalt nötig.

Dem SPÖ-Vorstoß, einen neuen Frauenbericht zu veranlassen, um eine evidenzbasierte Grundlage für die Frauenpolitik zu erhalten, konnte Ministerin Raab zwar einiges abgewinnen, sie erinnerte aber an "umfassende Studien", die die Regierung zur Lage von Frauen und Mädchen in Österreich während der letzten Jahre in Auftrag gegeben habe. Daraus ergäben sich bereits geschlechterdifferenzierte Daten und Fakten, gerade in Hinblick auf Gleichberechtigungsfragen.

Medienministerin Raab tritt für unabhängigen Journalismus ein

In ihrer Zuständigkeit für Medien ging Ministerin Raab näher auf die Zukunft von ORF und der Wiener Zeitung ein. Die derzeitige Gremienbesetzung von Österreichs öffentlich-rechtlichem Rundfunk unter Mitwirkung der im Nationalrat vertretenen Parteien verteidigte sie dabei. Immerhin würden auch die Journalist:innen des ORF keinerlei politischen Druck bei ihrer Arbeit erkennen, hielt sie diesbezüglichen Andeutungen von Eva Blimlinger (Grüne) entgegen. Qualitätsvoller Journalismus sei auch mit dem bestehenden Stiftungsrat gesichert.

Zur Finanzierung des ORF-Empfangs über das Internet meinte sie, ein wirkungsvolles Modell werde "unter Hochdruck" erarbeitet. Zur Diskussion stünden drei Varianten, neben einer erweiterten GIS-Gebühr auch eine Haushaltsabgabe oder eine Bundesbudgetfinanzierung. Bis Ende nächsten Jahres sollte es gemäß Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) eine Lösung geben, so Raab, die sich dabei gegen höhere Gebühren aussprach. Zur Wiener Zeitung meinte sie, diese werde weiterbestehen, mithilfe einer "digitalen Transformation", die einen größeren Leser:innenkreis erreiche. Die Einstellung der Printausgabe sei nicht vorgesehen, versicherte sie, zumindest einmal pro Monat werde eine Ausgabe in Papierform angestrebt. Laut Raab soll jedenfalls die Unabhängigkeit der Wiener Zeitung-Redaktion gewahrt bleiben, nicht zuletzt durch eine Stärkung der dortigen Journalist:innenausbildung. (Fortsetzung Nationalrat) rei

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.