Parlamentskorrespondenz Nr. 189 vom 21.02.2023

EU-Jahresvorschau für 2023 informiert über breites Themenspektrum im Agrarbereich

Neue GAP-Periode und Green Deal-Maßnahmen im Fokus des EU-Vorhabensberichts von Landwirtschaftsminister Totschnig

Wien (PK) – Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig hat den Bericht seines Ressorts zur EU-Jahresvorschau für 2023 vorgelegt (III-876 d.B. und III-812-BR/2023 d.B.). Darin wird über die wichtigsten Vorhaben auf EU-Ebene informiert und es werden die österreichischen Positionen festgehalten. Die Grundlage dafür bildet das Legislativ- und Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission (EK) für 2023, das Achtzehnmonatsprogramm des Rates sowie das Arbeitsprogramm der schwedischen Ratspräsidentschaft (erste Jahreshälfte 2023).

Neue GAP-Periode ab 2023

Laut EU-Vorhabensbericht stellt die Gemeinsame EU-Agrarpolitik (GAP) ein wesentliches Politikinstrument für die Landwirtschaft in Europa dar und zählt seit jeher zu den zentralen und "vergemeinschafteten" Politikbereichen der EU. Ziel sei es, ein nachhaltiges Agrarmodell in der gesamten EU umzusetzen, um die Ernährungssicherheit mit sicheren und leistbaren Lebensmitteln zu gewährleisten.

Die Grundlage zur Umsetzung der neuen GAP-Periode ab 2023 bilde der nationale GAP-Strategieplan, mit dem Österreich seinen bisherigen Weg mit einem starken Agrarumweltprogramm, einer zielgerichteten Unterstützung bäuerlicher Familienbetriebe und einer Absicherung der Berglandwirtschaft fortführe. Der österreichische Strategieplan ziele auf die nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit und Resilienz der landwirtschaftlichen Betriebe und die Sicherung der Ernährungssicherung ab, bei gleichzeitig wesentlich erhöhter Ambition hinsichtlich Ressourcen- und Klimaschutz. Insgesamt stehen für die Jahre 2023 bis 2027 8,8 Mrd. € an EU- und nationalen Mitteln für die Landwirtschaft und den ländlichen Raum zur Verfügung. In der ersten Säule sind in Österreich jährlich Direktzahlungen von rund 678 Mio. € vorgesehen, in der zweiten Säule (Ländliche Entwicklung) sieht der GAP-Strategieplan Mittel in der Höhe von etwa 1,06 Mrd. € pro Jahr vor.

Hinsichtlich der Unterstützung der im Vorjahr begonnenen Arbeiten zur Umsetzung eines Pakts für den ländlichen Raum ("Ländlicher Pakt"), hält der Bericht fest, dass die EK im Jahr 2023 etwa die Einrichtung einer EU-Website sowie eines "Rural Pact Support Office" als auch die Organisation von Konferenzen und Veranstaltungen plane. Für die Wiederbelebung des ländlichen Raums soll zudem eine Plattform als zentrale Anlaufstelle für die Zusammenarbeit zwischen Behörden und Interessenvertretungen von Gebieten mit Bevölkerungsverlusten etabliert werden.

Green Deal: Farm-to-Fork-Strategie, EU-Biodiversitätsstrategie, Fit-for-55-Paket

In der EU-Jahresvorschau wird zudem über die im Jahr 2023 seitens der EK geplanten Vorhaben im Bereich der "Farm-to-Fork-Strategie" informiert. Das betrifft etwa Vorschläge für EU-Zielvorgaben zur Verringerung von Lebensmittelabfällen, für einen Rechtsrahmen für nachhaltige Lebensmittelsysteme sowie die Überarbeitung der Verordnung über Statistiken zu Pestiziden. Zudem soll es zu einer Bewertung und Überarbeitung der bestehenden Tierschutzvorschriften‚ einschließlich dem Transport und der Schlachtung von Tieren sowie zu einer Überprüfung des Rechtsrahmens des EU-Schulprogramms in Bezug auf gesunde und nachhaltige Lebensmittel kommen.

Die Farm-to-Fork-Strategie soll zur Entwicklung eines fairen, gesunden und umweltfreundlichen Lebensmittelsystems bis 2030 beitragen und ist ein zentrales Element des Europäischen Green Deals. Die Strategie umfasst Maßnahmen entlang der gesamten Lebensmittelversorgungskette bis hin zu den Konsument:innen. Eine zentrale Rolle spielt dabei die für die EU-Mitgliedsstaaten empfohlene Reduktion der Verwendung von chemischen Pestiziden um 50 %, die Verringerung des Einsatzes von Düngemitteln um mindestens 20 %, die Verringerung des Verkaufs von antimikrobiellen Mitteln für Nutztiere und Aquakultur um 50 % sowie die Anhebung des Anteils der biologisch bewirtschafteten landwirtschaftlichen Flächen auf 25 %.

Was die EU-Biodiversitätsstrategie betrifft, habe darauf aufbauend das Klimaministerium im Zuge der UN-Biodiversitätskonferenz im Dezember 2022 die österreichische Biodiversitätsstrategie 2030 veröffentlicht. Diese enthalte die wesentlichen Zielsetzungen, die bis zum Ende der Dekade erreicht werden sollen, so der Bericht. Bei den auf EU-Ebene definierten GLÖZ-Standards (Guter Ökologischer und Landwirtschaftlicher Zustand der Flächen) handle es sich bereits um wichtige Grundanforderungen an die bäuerlichen Betriebe. Im Rahmen der neuen GAP und der nationalen Umsetzung mittels des Agrarumweltprogramms ÖPUL seien weitere Anreize gesetzt worden, um den hoch gesteckten Zielen der Biodiversitätsstrategie ein Stück weit näher zu kommen.

Von den Maßnahmen des "Fit-for-55-Pakets" zur Reduktion der Treibhausgase um 55 % bis 2030 gegenüber dem Jahr 1990 seien auch die Land- und Forstwirtschaft, wie auch die Wasserwirtschaft direkt betroffen, informiert das Landwirtschaftsressort. Unter dem schwedischen Ratsvorsitz sollen nun die Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED III), die Energieeffizienz-Richtlinie, die Energiebesteuerungs-Richtlinie und die Industrieemissions-Richtlinie weiterverhandelt beziehungsweise finalisiert werden.

In Bezug auf die Zertifizierung von CO2-Entnahmen habe die EK Ende 2022 einen Vorschlag für einen Rechtsrahmen vorgelegt, der 2023 in der Ratsarbeitsgruppe Umwelt und in einer Expertengruppe weiterdiskutiert werde. Ziel dieser Verordnung sei es, ein einheitliches, solides, transparentes und freiwilliges Zertifizierungssystem für den Kohlenstoffabbau (Carbon Removal) zu schaffen, das Anreize für eine zusätzliche Kohlenstoffspeicherung setzen soll. Folglich sei es für Österreich aus landwirtschaftlicher Sicht wichtig, dass ein freiwilliges Zertifizierungssystem im Einklang mit einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung und Landwirtschaft stehe, so die Position des Landwirtschaftsministeriums.

Internationaler Handel und Freihandelsabkommen

Die EU werde im Jahr 2023 die bilateralen Handelsgespräche intensiv mit Australien, Chile, Indien, Indonesien, den MERCOSUR-Staaten (Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay) sowie Mexiko und Neuseeland fortführen, informiert die EU-Jahresvorschau weiter. Auch verschiedene handelspolitische Aspekte, die zum Wiederaufbau der Ukraine beitragen, seien ein Hauptanliegen. Wichtig sei der Kommission auch die Fortführung der WTO-Reformverhandlungen.

Was das bisher umstrittene finalisierte MERCOSUR-Abkommen betrifft, sei davon auszugehen, dass die EK dieses im zweiten Halbjahr 2023 - unter der spanischen Präsidentschaft - dem Rat vorlegen werde, wenn die sogenannte Zusatzerklärung zu Klimaschutz für die EU-Mitgliedstaaten zufriedenstellend verhandelt sei. Im österreichischen Regierungsprogramm sei jedoch die klare Ablehnung des MERCOSUR-Abkommens festgeschrieben, heißt es im Bericht. Das Landwirtschaftsministerium werde sich weiterhin für eine nachhaltigere Ausrichtung der Handelsbeziehungen einsetzen. Dies beinhalte den Kampf gegen den Klimawandel, Schutz der Biodiversität, nachhaltige Forstwirtschaft, inklusive der Bekämpfung von illegalen und unregulierten Landnutzungsänderungen. In allen Gremien würden seitens des Ressorts strengere Verpflichtungen bei internationalen Umwelt-, Lebensmittel- sowie Tier- und Pflanzengesundheitsstandards verlangt und für sensible landwirtschaftliche Produkte dauerhafter Schutz in den Handelsabkommen gefordert.

Weitere Themen: EU-Bodengesundheitsgesetz, Nährwert- und Herkunftskennzeichnung, EU-Waldstrategie

Weitere in der EU-Jahresvorschau angeführte Aspekte betreffen etwa das für 2023 im Rahmen der EU-Bodenschutzstrategie angekündigte EU-Bodengesundheitsgesetz. Durch die GAP und nationale Gesetzgebungen sei grundsätzlich eine ausreichende Regelung gegeben, so die österreichische Position. Einer genauen Prüfung des Vorschlags der EK werde daher mit Interesse entgegengesehen.

Zum für 2023 erwarteten Vorschlag einer verpflichtenden Nährwertkennzeichnung hält der Bericht fest, dass von österreichischer Seite grundsätzlich ein einheitliches, leicht verständliches, und farblich codiertes Nährwertkennzeichnungsmodell unterstützt werde. Im Zusammenhang mit der ebenfalls erwarteten Herkunftskennzeichnung unterstütze Österreich eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung für verarbeitete Lebensmittel, insbesondere bei Fleisch, Milch und Eiern.

Positiv bewertet wird zudem die Erneuerung der EU-Waldstrategie für eine weitere Periode. Eine umfassende Einbindung der Mitgliedstaaten bei der Erarbeitung sowie die Berücksichtigung der drei Dimensionen der nachhaltigen Forstwirtschaft (ökologische, ökonomische und soziale Dimension) sei seitens Österreichs und weiterer waldreicher Staaten mehrfach festgehalten worden. (Schluss) med