Parlamentskorrespondenz Nr. 220 vom 01.03.2023

FPÖ wendet sich gegen Pläne einer Haushaltsabgabe zur ORF-Finanzierung

Dringlicher Antrag der FPÖ zu ORF-Gebühren und Misstrauensantrag gegen Medienministerin Raab abgelehnt

Wien (PK) – Die Frage der künftigen Finanzierung des ORF brachten die Freiheitlichen in der heutigen Nationalratssitzung zur Sprache. In einem Dringlichen Antrag forderten sie von der Bundesregierung und insbesondere von Medienministerin Susanne Raab, von den Plänen zur Einführung einer ORF-Steuer oder einer ORF-Haushaltsabgabe Abstand zu nehmen.

Susanne Raab betonte, dass die Bundesregierung dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs, wonach das bisherige GIS-Modell nicht mehr beibehalten werden könne, entsprechen wolle. Die Gespräche, wie ein neues Finanzierungsmodell aussehen könne, seien aber erst am Anfang.

Die Redner:innen der FPÖ kritisierten, dass der ORF seinem öffentlich-rechtlichen Kernauftrag schon seit längerer Zeit nicht mehr nachkomme. Die Antwort könne aber nicht darin bestehen, durch eine Steuer oder Abgabe alle Haushalte zur Finanzierung des ORF in seiner derzeitigen Form zu verpflichten. Im Zuge der Debatte brachte die FPÖ noch einen Antrag ein, die Sportübertragungen des ORF abzusichern. Außerdem wollten die Freiheitlichen Bundesministerin Susanne Raab das Misstrauen aussprechen. Die Anträge blieben in der Minderheit.

Die SPÖ betonte die Notwendigkeit der Absicherung eines starken, unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunks, der über ein faires Finanzierungsmodell abgesichert wird. Ein Antrag der SPÖ in diesem Sinne fand aber keine Mehrheit. Die NEOS sprachen sich ebenfalls für einen unabhängigen ORF aus, kritisierten aber auch eine aus ihrer Sicht nach wie vor bestehende politische Einflussnahme. Eine dementsprechende NEOS-Initiative fand keine Mehrheit.

Die ÖVP betonte, dass der ORF an Einsparungen nicht herumkommen werde. Ziel müsse ein günstigerer Beitrag als das überholte GIS-System sein. Die Grünen unterstrichen die wichtigen kulturellen und demokratiepolitischen Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

FPÖ: Keine Finanzierung des ORF durch "Zwangsgebühren"

Antragsteller Christian Hafenecker (FPÖ) warf Bundesministerin Raab vor, das ORF-Gesetz seit Jahren zu verschleppen. Gleichzeitig plane sie einen "Griff in die Taschen der Steuerzahler:innen". Die Freiheitlichen würden die geplante Haushaltsabgabe als "ORF-Steuer" sehen, die von der Mehrheit der Österreicher:innen abgelehnt werde. Obwohl der ORF aus der GIS, Werbeeinnahmen und anderen Einnahmen über ein Gesamtbudget von rund einer Milliarde Euro verfüge, sei der ORF in der Krise und verliere immer mehr Zuseher:innen. Hafenecker erinnerte daran, dass der ORF selbst über einen Antrag beim Verfassungsgerichtshof erreichen wollte, dass auch jene Haushalte, die bisher nicht gebührenpflichtig waren, für den ORF bezahlen sollten. Der Verfassungsgerichtshof habe festgehalten, dass das aktuelle Finanzierungsmodell verfassungswidrig sei, da es die Stellung des ORF als öffentlich-rechtlicher Rundfunk nicht in ausreichendem Maße gewährleiste. Der Schluss daraus, dass nun alle zahlen sollten, sei allerdings der falsche Ansatz, meinte Hafenecker. Die Freiheitlichen seien daher für die Abschaffung aller Zwangsgebühren.

Der ORF erfülle seit längerer Zeit kein adäquates Programm mehr, argumentierte der Abgeordnete. Vielmehr sei man damit beschäftigt, sich "im Privilegienstadel Küniglberg selbst zu versorgen", kritisierte der Abgeordnete. Hafenecker wies dabei auf die seiner Meinung nach weit überhöhten Managergagen und Gehälter sowie hohe Abfindungen und Pensionen des ORF, etwa für den ehemaligen Generalsekretär Alexander Wrabetz, hin. Neben hohen Rücklagen für "Golden Handshakes" verfüge der ORF über einen "Geldspeicher" mit mehr als 100 Mio. €, deren Zweck völlig unklar sei. Der ORF sei auch politisiert wie nie zuvor und zeige eine große Nähe zu den Koalitionsparteien. Die Berichterstattung über viele Themen, etwa zur Corona-Krise, sei tendenziös. Hafenecker warf vor allem den Grünen vor, ihren Einfluss auf den ORF zu verwenden, um ihre ideologischen Ideen zu verbreiten. Der ORF sei jedenfalls eine "riesige Baustelle", er müsse reformiert und entpolitisiert werden.

Petra Steger (FPÖ) sprach von einer "katastrophalen Performance" der Bundesregierung, die sich in der "schlechtesten ORF-Reform aller Zeiten" fortsetze. Offenbar wolle man das ORF-Management für seine schlechten Entscheidungen auch noch belohnen. Das der ORF sparen müsse, stehe außer Frage. Allerdings werde gerade dort gespart, wo der ORF einen öffentlich-rechtlichen Auftrag habe, etwa bei Sportübertragungen und hier vor allem bei Randsportarten. Gerade diese hätten eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe.

Mit den von Ministerin Raab vorgelegten Plänen würden die Österreicher:innen "hinters Licht geführt", da der ORF mit der geplanten Haushaltsabgabe "unterm Strich" mehr Geld bekommen würde, argumentierte Dagmar Belakowitsch (FPÖ) den von ihr eingebrachten Misstrauensantrag.

Raab: Wollen die Gelegenheit für einen günstigeren ORF-Beitrag nutzen

Medienministerin Susanne Raab erinnerte in ihrer Stellungnahme an den Hintergrund der aktuellen Debatte über die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Die Aussage, dass auch Bezieher:innen von ORF-Programmen per Streaming einen Beitrag leisten müssten, sei keine politische, sondern eine höchstgerichtliche Entscheidung und dementsprechend auch umzusetzen. Für sie sei es wichtig, dass in der Umsetzung des Urteils jene Österreicher:innen spürbar entlastet werden, die den ORF bisher über ihren GIS-Beitrag finanziert haben. Für sie sei auch klar, dass der ORF einen Sparkurs fahren müsse, um die Grundlage für einen ORF-Rabatt zu schaffen. Die Entscheidung, wie der Sparkurs umzusetzen sei, obliege aber dem ORF-Management. Sie persönlich wünsche sich einen "schlanken, österreichischen und digitalisierten" öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

Dem immer wieder zu hörenden Ruf nach einer Abschaffung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erteilte Raab eine klare Absage. Er sei eine tragende Säule des dualen Systems der Medienlandschaft mit öffentlich-rechtlichem Rundfunk und privaten Medien. Gerade in Krisenzeiten erfülle der ORF, der objektiv und unabhängig informiere, eine wichtige Aufgabe. Wolle man einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der alle Aufgaben erfülle, müsse man auch eine verfassungskonforme Finanzierung bereitstellen. Im Übrigen seien entgegen dem, was einzelne Medien berichten würden, die Gespräche mit dem Koalitionspartner erst am Anfang, sagte Raab. Zwar liege eine Variante für einen neuen, günstigeren ORF-Beitrag auf dem Tisch, es gebe aber andere Modelle, über die man reden müsse.

Unabhängig vom Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs sei das GIS-Modell mit seinen Kontrollen und Strafen aus ihrer Sicht auf jeden Fall nicht mehr zeitgemäß, meinte die Medienministerin. Die Diskussion, wie ein neues Modell aussehen soll, müsse geführt werden. Da der Wettbewerb am Medienmarkt durch die Digitalisierung immer härter werde, müsse die Medienpolitik dafür sorgen, dass ein duales Mediensystem aufrechterhalten und eine pluralistische Medienlandschaft gesichert werden könne. Der rechtliche Rahmen werde über eine ORF-Digital-Novelle geschaffen werden, kündigte die Ministerin an. Bereits umgesetzt sei eine Digitalförderung für Medien und die Qualitätsförderung im Journalismus. Auch werde man völlige Transparenz bei der Inseratenvergabe der öffentlichen Hand schaffen, betonte Raab.

ÖVP will leistungsfähigen Rundfunk mit niedrigen Gebühren

Kurt Egger (ÖVP) warf der FPÖ vor, in der Debatte vor allem "heiße Luft zu produzieren". Die Freiheitlichen hätten aus seiner Sicht kein Interesse an einem starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk, sondern würden nur in ihren Echokammern bleiben wollen. Er wolle unterstreichen, dass seine Fraktion für eine pluralistische, starke Medienlandschaft stehe. Die Debatte um die Finanzierung sei aus einem Auftrag des Verfassungsgerichtshofs entstanden. Seine Fraktion sei bereit, Verantwortung zu übernehmen und diesen Auftrag umzusetzen. Dabei werde man einen schlanken, leistungsfähigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit niedrigen Gebühren sicherstellen.

"Der ORF muss bestimmt Sparen, aber nicht bei der Kultur", hielt Maria Großbauer (ÖVP) in Bezug auf das ORF-Radio-Symphonieorchester (RSO) fest. Sport- und Kultursendungen seien zudem die meistgesehenen Sendungen im ORF. Dem schloss sich ihr Fraktionskollege Stefan Hintner an. Einsparungspläne beim RSO oder bei ORF-Sport-Plus seien vom ORF-Generaldirektor selbst "durchgesickert" und nicht von der ÖVP angedacht worden.

SPÖ fordert unabhängigen ORF mit sozial verträglichem Finanzierungsmodell

Jörg Leichtfried (SPÖ) erinnerte an Aussagen des früheren FPÖ-Parteivorsitzenden Heinz-Christian Strache über eine erwünschte "Umfärbung" des ORF und anderer Medien im Sinne der Freiheitlichen. Das zeige die Doppelmoral der FPÖ in der Frage der "Entpolitisierung" des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Der FPÖ-Antrag ziele offenbar auf die letztendliche Zerschlagung des ORF ab. Seine Fraktion werde da sicherlich nicht mitgehen. Die Debatte um den ORF-Beitrag zeige aber auch das Versagen der Bundesregierung auf, meinte Leichtfried. Nach monatelanger Debatte habe sie noch immer nicht mehr als vage Aussagen über eine Haushaltsabgabe anzubieten. Die Zukunft des ORF brauche eine ernsthafte Medienpolitik, die sich nicht in Einsparungen erschöpfe. Erforderlich sei ein Konzept, das darlege, welche Aufgaben der ORF erfüllen und wie die Digitalisierung umgesetzt werden soll.

Laut Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) braucht es eine Diskussion über die Zukunft des ORF, "unter der Einbindung jener, die ihn konsumieren".

Grüne: Öffentlich-rechtlicher Rundfunk erfüllt zentrale Aufgaben

Sigrid Maurer (Grüne) meinte, der Antrag der FPÖ sei "nur zum Weinen". Er sei ganz im Geist des ehemaligen FPÖ-Parteichefs Heinz-Christian Strache, der auf Ibiza bekanntlich die Pressefreiheit und letztlich die Demokratie in Frage gestellt habe. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sei eine der großen gesellschaftlichen Errungenschaften nach dem Zweiten Weltkrieg, um verlässliche Informationen bereitzustellen. Seine Bedeutung zeige sich auch daran, dass Tag für Tag rund 6,4 Mio. Menschen das Angebot des ORF nutzen. Der Antrag der FPÖ sei in sich widersprüchlich und zeige eine grundlegende Unkenntnis des ORF-Gesetzes. Über Sparprogramme entscheide etwa ausschließlich der ORF-Stiftungsrat, nicht die Politik. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk erfülle zudem wichtige gesellschaftliche und kulturelle Aufgaben. So sei er insbesondere eine wichtige Säule für die heimische Film- und Musikwirtschaft. Eine starke, unabhängige Medienlandschaft sei für eine Demokratie unerlässlich, unterstrich Maurer.

Die FPÖ wolle den ORF "verscherbeln", weshalb es die Aufgabe der Grünen sei, den öffentlichen und unabhängigen ORF zu erhalten, hielt Hermann Weratschnig (Grüne) fest.

NEOS: Aufgaben und Ziel des ORF müssen in einer öffentlichen Debatte geklärt werden

Henrike Brandstötter (NEOS) erinnerte daran, dass Falschinformationen, Verschwörungstheorien und Fake News immer mehr um sich greifen und Medien, auf die man sich verlassen könne, daher immens wichtig seien. Die NEOS würden sich daher zu einem starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk bekennen. Allerdings mache der ORF "es einem nicht leicht", sagte Brandstötter. Sie erinnerte an jüngste Personalentscheidungen, die aus ihrer Sicht die fatale Botschaft aussenden würden, als ob man beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk "alles machen dürfe, ohne dass es Konsequenzen hat". Aber nicht nur der ORF beschädige sich selbst. Auch die Bundesregierung trage ihren Teil bei, wenn die Medienministerin nach sieben Monaten keine Konzepte vorlegen könne und nur dem ORF mitteile, dass er sparen müsse. Der Antrag der FPÖ sei zwar an sich "grindig", werfe aber doch einen wichtigen Punkt auf. Vor der Frage des Finanzierungsmodells müsse nämlich grundsätzlich diskutiert werden, wie der Auftrag und die Leistungen eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks heute aussehen sollen. Diese Debatte werde aber nicht geführt, stattdessen herrsche nur Chaos und Verunsicherung, meinte Brandstötter. Nach der Klärung des Auftrags des ORF müsse eine Gremienreform erfolgen, die sicherstellt, dass der ORF entpolitisiert und der Einfluss der Parteien und der Landeshauptleute beendet wird, so die Abgeordnete.

Dem schloss sich Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS) an. "Das Problem des ORF sind rein die parteipolitischen Einflussnahmen und nicht die Journalist:innen", so der NEOS-Mandatar. (Fortsetzung Nationalratssitzung) sox/med

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