Parlamentskorrespondenz Nr. 456 vom 27.04.2023

Entschließung des Nationalrats: Steuer- und arbeitsrechtliche Bedingungen im Berufssport sollen verbessert werden

Darüber hinaus strenge Auslegung der IOC-Empfehlungen für Athlet:innen aus Russland und Belarus gefordert

Wien (PK) – Um den besonderen Bedürfnissen des Berufssports im Arbeits-, Steuer- und Sozialversicherungsrecht gerecht zu werden, soll gemäß einer einhelligen Entschließung ein neuer gesetzlicher Rahmen erarbeitet werden. Mit breiter Mehrheit spricht sich der Nationalrat außerdem für eine strenge Auslegung der Empfehlungen des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) hinsichtlich der Teilnahme von Sportler:innen aus Russland und Belarus an internationalen Wettkämpfen als "neutrale Athlet:innen" aus. Einzig die FPÖ-Fraktion stimmte dagegen und plädierte für ein generelles Ende der Sportsanktionen gegen Russland.

Initiative für Berufssportgesetz

Um die Bedingungen für sportspezifische Berufe im Arbeits-, Steuer- und Sozialversicherungsrecht zu verbessern, regen ÖVP und Grüne die Erarbeitung eines Berufssportgesetzes an. Ein solches ist auch im Regierungsprogramm vorgesehen. Konkret von den Abgeordneten gefordert wird die Absicherung von Sportler:innen, Trainer:innen und Mitarbeiter:innen in Verbänden und Vereinen sowie die Beseitigung bestehender Ungleichbehandlungen bei der Anerkennung der Spezifika des Sports.

Das "Gewirr" an unterschiedlichen arbeitsrechtlichen Bestimmungen für hauptberuflich im Sport tätige Personen sei als Anlass genommen worden, ein Berufssportgesetz in Arbeit zu geben und rechtssichere Gegebenheiten zu schaffen, erklärte Agnes Sirkka Prammer (Grüne).

Laut Elisabeth Feichtinger und Petra Tanzler (beide SPÖ) gibt es dringenden Nachbesserungsbedarf. Saisonale Sportler:innen etwa würden derzeit in der Luft hängen gelassen werden, da sie sich außerhalb der Saison beim AMS anmelden müssen, meinte Feichtinger. Sie forderte die rasche Einsetzung einer Arbeitsgruppe im Sportministerium, die Behebung von Rechtsunsicherheiten und die Erarbeitung eines Kollektivvertrags für alle Berufsgruppen im Sport.

Während Rechtssicherheit bei anderen Berufsgruppen als Selbstverständlichkeit gilt, sei dies im Sport jahrelang aufgeschoben worden, meinte Petra Steger (FPÖ), die von einem "Alibi-Antrag" der Regierungsparteien sprach. ÖVP und Grüne würden sich selbst auffordern, aktiv zu werden, obwohl sie schon drei Jahre lang Zeit dafür gehabt hätten.

Auch Yannick Shetty (NEOS) kritisierte die "unverbindliche Selbstaufforderung" der Regierungsparteien trotz inhaltlicher Befürwortung des Anliegens. Im Sportausschuss hätte es in dieser Gesetzesperiode erst eine einzige Regierungsvorlage gegeben.

Die ÖVP-Mandatare Christoph Zarits, Karl Schmidhofer und Alexander Melchior verwiesen daraufhin auf die von der Bundesregierung in der laufenden Legislaturperiode gesetzten Maßnahmen im Sportbereich und auf das Sportbudget. Österreich soll von einem Sportland zu einer Sportnation werden, sagte Zarits. Der Prozess zur Erarbeitung eines Berufssportgesetzes würde ihm zufolge nun unter Einbindung von Stakeholdern und mit Themen wie Arbeitsruhe, Minderjährigenschutz und Ausbildung starten.

Sportsanktionen gegen Russland

Die Regierungsparteien regen außerdem beim Sportminister an, sich dafür einzusetzen, dass die kürzlich vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) publizierten Empfehlungen zur Teilnahme von Sportler:innen aus Russland und Belarus als "neutrale Athlet:innen" bei internationalen Wettkämpfen streng ausgelegt und präzisiert werden. Insbesondere für die Definition von Militärangehörigen gelte es, einen rückwirkenden Stichtag festzulegen, damit diese jedenfalls von internationalen Großevents ausgeschlossen sind. Auch der Mannschaftsbegriff sei zu präzisieren.

Vizekanzler Werner Kogler sieht das genauso. Als einer von 35 Sportminister:innen habe er sich mit dem Anliegen an das IOC gewandt, einzelnen Sportler:innen mit russischem Pass die Teilnahme an internationalen Events zu ermöglichen, aber gleichzeitig für das Ausbleiben von Propaganda zu sorgen. Daher gelte es, in den IOC-Richtlinien zu konkretisieren, dass weder Mannschaften unter russischer Flagge noch Angehörige des Militärs teilnehmen können. Es sei unzumutbar, dass sich ukrainische Athlet:innen mit ihnen messen, meinte Kogler.

Auch für Agnes Sirkka Prammer (Grüne) ist eine Präzisierung seitens des IOC wichtig, um eine Möglichkeit zu schaffen, dass die betroffenen Sportler:innen an olympischen Spielen teilnehmen können, ohne dass sie von Russland als Plattform für politische Agitation verwendet werden.

Die Sportverbände würden autonom entscheiden, ergänzte Christoph Zarits (ÖVP). Als neutrales Land sollte Österreich aber nicht schweigen wenn Menschenrechte mit Füßen getreten werden. Mit entsprechender Präzisierung sei das Antreten unter neutraler Flagge vorstellbar, meinte er.

Maximilian Köllner (SPÖ) sprach sich dafür aus, den Empfehlungen des IOC zu folgen und für Sanktionen einzutreten. Sport sollte als Ort der Gemeinschaft und des Friedens bewahrt werden. Kriegstreibern dürfe man keinesfalls eine Bühne auf sportlicher Ebene geben, auch wenn Sport eine politische Dimension habe, so Köllner.

Die Politik sollte sich nicht in den Sport einmischen und Athlet:innen nicht den Preis für einen Konflikt zahlen müssen, meinte Axel Kassegger (FPÖ). Seiner Meinung nach wäre der Ausschluss von einer Sportveranstaltung einzig aufgrund der Nationenzugehörigkeit diskriminierend und ein Verstoß gegen das Menschenrecht auf Teilhabe am kulturellen Leben. Sportler:innen sollten nicht sanktioniert werden. Seiner FPÖ-Fraktionskollegin Petra Steger geht es darum, die politische Instrumentalisierung des Sports und "politische Wettbewerbsverzerrung" zu verhindern. Ein Teilnahmeverbot russischer Athlet:innen bei internationalen Bewerben wäre ihrer Meinung nach aber genau das und widerspreche dem olympischen Gedanken. Ihr Antrag zur Beendigung der Sportsanktionen gegen Russland wurde ebenso abgelehnt wie ein NEOS-Antrag zur Ausweitung dieser.

Die russischen Kriegsverbrechen seien nicht nur als Kampf gegen die Ukraine, sondern gegen Europa und die offene Gesellschaft zu verstehen, meinte Yannick Shetty (NEOS). Für ihn ist es daher "ungeheuerlich", dass das IOC den Antritt von Athlet:innen aus Russland befürworte. Die vorgeschlagenen Sportsanktionen würden keinen Cent kosten, aber die Eliten in Russland spalten, wo der Sport eine hohe gesellschaftliche Bedeutung habe, argumentierte er seinen Vorstoß. (Fortsetzung Nationalrat) fan

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