Parlamentskorrespondenz Nr. 511 vom 10.05.2023

Sobotka: Politischer Wille und Kompromissfähigkeit notwendig für weitere Fortschritte im Belgrad-Pristina-Dialog

Austausch mit Serbiens Präsident Vučić, Nationalversammlungs-Präsidenten Orlić sowie Außenminister Dačić

Wien/Belgrad (PK) – Am letzten Tag seiner Westbalkan-Reise traf Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka heute in Belgrad mit dem Präsidenten der Republik Serbien Aleksandar Vučić, mit dem Präsidenten der serbischen Nationalversammlung Vladimir Orlić sowie mit dem stellvertretenden Premierminister und Außenminister Ivica Dačić zusammen. In den Gesprächen betonte Sobotka, dass politischer Wille und Kompromissfähigkeit für weitere Fortschritte im Verhältnis zwischen dem Kosovo und Serbien notwendig seien. Österreich unterstütze die EU-Annäherung Serbiens. EU-Beitrittskandidaten müssten ihre Außenpolitik aber an die Europäische Union anpassen. Hinsichtlich Migration begrüßte der Nationalratspräsident die bilaterale aber auch die trilaterale Zusammenarbeit mit Ungarn und forderte weitere Maßnahmen. Erschüttert zeigte sich Sobotka über das jüngste Schussattentat an einer Belgrader Volksschule.

Belgrad-Pristina-Dialog: Politischer Wille und Kompromissfähigkeit notwendig für weitere Fortschritte

Es sei begrüßenswert, dass Serbien und der Kosovo den Normalisierungsvorschlag akzeptiert haben und die Verpflichtungen daraus Teil der EU-Beitrittsperspektiven werden, sagte Nationalratspräsident Sobotka im Gespräch mit seinem Amtskollegen Vladimir Orlić. Das Abkommen müsse nun zügig umgesetzt werden. Dazu sei politischer Wille und Kompromissfähigkeit das Gebot der Stunde. Zudem erkundigte sich Sobotka bei seinem Amtskollegen nach Fortschritten im Belgrad-Pristina-Dialog. Hinsichtlich der geringen Wahlbeteiligung bei den Wahlen in Nord-Kosovo Ende April bedürfe es Schritte, um die dortigen serbischen Minderheiten wieder zur Teilnahme in den Institutionen zu bewegen.

Migration: Zusammenarbeit mit Serbien und Ungarn hat Verbesserungen gebracht, weitere Maßnahmen notwendig

Migration sei ein destabilisierender Faktor, erklärte Sobotka bezugnehmend auf die mehr als 112.000 Asylsuchenden 2022 in Österreich. Die meisten illegalen Migrant:innen würden über die Westbalkan-Route nach Europa kommen. Die Zusammenarbeit zwischen Serbien und Österreich in diesem Bereich sei deswegen wichtig und positiv, begrüßte Sobotka die Aufhebung der Visafreiheit für Drittländer wie Tunesien oder Indien durch Serbien. Das trilaterale Engagement Serbiens und Österreichs gemeinsam mit Ungarn sei ein "Best-Practice-Beispiel" und habe deutliche Verbesserungen für die gesamte EU gebracht. Der aktuelle Aktionsplan der Europäischen Kommission zur Westbalkan-Route sei ermutigend, aber nicht genug. Eine rasche Umsetzung sei dringend notwendig, meinte der Nationalratspräsident. Österreich werde jedenfalls die Westbalkan-Länder bei der Stärkung und Entwicklung von Grenzmanagement, Rückführung, Schmuggel und Schutzkapazitäten unterstützen.

EU-Integration: Weitere Reformen notwendig

Österreich unterstütze Serbien konsequent auf dessen Weg in die Europäische Union, erklärte Sobotka gegenüber Serbiens Präsident Vučić. Die aktuellen Reformen seien begrüßenswert, die Reformagenda müsse aber besonders in den Bereichen Grundrechte, Pressefreiheit und Korruptionsbekämpfung weiter konsequent voran getrieben werden. Dazu sei auch die vollständige Angleichung an die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU, einschließlich der Sanktionen gegen Russland, notwendig. Dies sei aktuell der wichtigste Faktor für Fortschritte im Beitrittsprozess. Serbien müsse hier daher Fortschritte erzielen.

Österreich werde jedenfalls alles unternehmen, damit der Annäherung der Westbalkan-Staaten weiterhin die entsprechende Bedeutung auf europäischer Ebene gegeben werde. Es dürfe keinesfalls zwei Klassen von Beitrittskandidaten geben, meinte Sobotka angesichts der vielerorts gewünschten Priorisierung der EU-Integration der Ukraine und von Moldau.

Bilaterale Beziehungen von enger Verbundenheit geprägt

Die Beziehungen zwischen Österreich und Serbien seien von einer engen politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und menschlichen Verbundenheit geprägt, betonte Sobotka. Dies zeige sich an den dynamischen Kooperationen im Wissenschafts- und Technologiebereich, aber auch an der geschätzten und gut integrierten serbischen Gemeinschaft in Österreich. Auch auf wirtschaftlicher Ebene gebe es enge Verbindungen und Österreich sei zweitgrößter ausländischer Investor in Serbien. 400 österreichische Unternehmen würden rund 22.000 Arbeitsplätze in Serbien schaffen.

Auch auf parlamentarischer Ebene gebe es gute Beziehungen zwischen Serbien und Österreich, hob der Nationalratspräsident hervor und schlug eine weitere Vertiefung vor. Seit mehreren Jahren sei der Westbalkan die Schwerpunktregion des österreichischen Parlaments. Mit dem Westbalkan-Stipendienprogramm ermögliche man Parlaments-Mitarbeiter:innen aller sechs Westbalkanländer, darunter Serbien, einen Austausch mit Österreich.

Die Programmpunkte der Westbalkan-Reise

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka hielt sich die letzten drei Tage am Westbalkan auf. Am Montag führte er im Kosovo Gespräche mit Parlamentspräsident Glauk Konjufca und Premierminister Albin Kurti. Dabei betonte Sobotka hinsichtlich der Beziehungen zwischen dem Kosovo und Serbien, dass es keine Alternative zum Dialog gebe. Gestern Dienstag besuchte der Nationalratspräsident am Europatagtag die Demokratiewerkstatt des montenegrinischen Parlaments in Podgorica und tauschte sich mit Parlamentspräsidentin Danijela Đurović aus. Es sei wichtig, den Weg der Westbalkan-Länder in die Europäische Union zu unterstützen, damit man in der Zukunft gemeinsam in einer erweiterten Union Kompromisse und zukunftsweisende Lösungen zu wesentlichen Herausforderungen der Gesellschaften verhandeln und umsetzen könne, meinte Sobotka in diesem Rahmen. (Schluss) pst

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