Parlamentskorrespondenz Nr. 547 vom 19.05.2023

Parlament: TOP im Nationalrat am 24. Mai 2023

Energieeffizienzgesetz, Bargeld-Volksbegehren, Vermeidung von Lebensmittelverschwendung, Rechnungshofberichte, Europastunde

Wien (PK) – Der Nationalrat wird in seiner nächsten Sitzung am 24. Mai unter anderem über das Volksbegehren zur Sicherstellung der uneingeschränkten Bargeldzahlung und einen Antrag der Koalitionsparteien zum Thema Lebensmittelverschwendung beraten. Außerdem stehen mehrere Rechnungshofberichte – etwa zu den Generalsekretariaten der Ministerien – sowie zwei Entschließungen aus dem Außenpolitischen Ausschuss zum Konflikt im Sudan und zur Unterstützung von Tunesien zur Diskussion.

Spannend wird, ob das von der Regierung vorgeschlagene neue Energieeffizienzgesetz die nötige Zweidrittelmehrheit erhalten wird. Im Wirtschaftsausschuss hatte die SPÖ die bisherigen Zugeständnisse als unzureichend gewertet und zuletzt öffentlich angekündigt, so lange keine Gesetzesvorhaben der Regierungsparteien zu unterstützen, so lange keine adäquaten Maßnahmen gegen die aktuelle Teuerung gesetzt werden. Der endgültige Beschluss von insgesamt vier Fünf-Parteien-Anträgen zur Verhältnismäßigkeitsprüfung von Berufsregulierungen und zur Einrichtung eines Klubregisters sollte dadurch aber nicht gefährdet sein.

Aktuelle Stunde

Die Sitzung beginnt um 09.00 Uhr mit einer Aktuellen Stunde, in der die FPÖ unter dem Titel "Preisstopp – Steuerstopp – Sanktionsstopp! Wann setzt die Regierung endlich echte Maßnahmen gegen die Kostenlawine?" unter anderem über die aktuelle Teuerung und die Russland-Sanktionen diskutieren will.

Aktuelle Europastunde

Für die daran anschließende Aktuelle Europastunde haben die NEOS das Thema "Auf in die Vereinigten Staaten von Europa. Europa jetzt entscheidungs-, zukunfts-, und vor allem verteidigungsfähig machen!" gewählt.

Volksbegehren "Für uneingeschränkte Bargeldzahlung"

An der Spitze der Tagesordnung steht das Volksbegehren "Für uneingeschränkte Bargeldzahlung", das von 530.938 Menschen unterschrieben worden ist. Der Finanzausschuss hatte dazu ein öffentliches Expert:innen-Hearing abgehalten. Dabei wurde über die Forderung beraten, Bargeldzahlungen verfassungsgesetzlich zu verankern. Ziel des Volksbegehrens ist der Erhalt der Bargeldzahlung, und zwar, wie die Initiator:innen fordern, "ohne Beschränkung". Die Proponent:innen des Volksbegehrens sehen gerade in Zeiten der Digitalisierung Bargeld als wichtiges Element der persönlichen Freiheit. Obergrenzen bei zulässigen Bargeldzahlungen, wie sie die EU diskutiere, werden daher abgelehnt. Solche Beschränkungen würden nicht vor kriminellen Aktivitäten wie Geldwäsche schützen, wie oft behauptet werde.

Die Expert:innen wiesen im Hearing unter anderem darauf hin, dass keine aktuelle Rechtslage für eine Annahmeverpflichtung von Bargeld bestehe. Sie sprachen sich dafür aus, die Regelungen in diesem Bereich neu zu denken. Zudem warnten sie vor künftigen Gebühren bei unbaren Zahlungsmitteln. Daher müsse auch die Frage, wie der Zugang zu Bargeld sichergestellt werden kann, diskutiert werden. Das sei für viele Menschen im Alltag wichtig, aber auch im Krisenfall, etwa bei einem Blackout, von Bedeutung.

Finanzminister Brunner unterstrich, dass Österreich in der EU sehr klar dafür eintrete, dass die Wahlmöglichkeit zwischen Bargeld und digitalen Zahlsystemen erhalten bleibt. Zuversichtlich zeigte sich der Minister, dass für die angesprochenen Fragen wie die Annahmeverpflichtungen gesetzliche Regelungen gefunden werden können.

Zweidrittelmehrheit für Energieeffizienz-Reformgesetz offen

Das von Umwelt- und Energieministerin Leonore Gewessler vorgelegte neue Energieeffizienzgesetz und begleitende Bestimmungen im Energie-Control-Gesetz sollen dazu beitragen, nationale und EU-weite Klimaziele wie die bis 2040 angepeilte Klimaneutralität Österreichs zu erreichen. Demnach ist geplant, den jährlichen gesamtstaatlichen Endenergieverbrauch in Österreich bis zum Jahr 2030 auf 920 Petajoule bzw. rund 255 Terawattstunden zu senken, wobei sowohl der Bund als auch die Länder angehalten sind, Maßnahmen, insbesondere zur Erhöhung der Energieeffizienz, zu setzen. Gedacht ist etwa an fiskalpolitische Schritte, die Aufwertung von Beratungsstellen, Förderanreize und ordnungspolitische Eingriffe. So sollen etwa in zentral beheizten Gebäuden mit mehreren Wohnungen individuelle Verbrauchszähler eingebaut werden. Zudem strebt der Bund – neben bereits erfolgten Schritten – eine Sanierungsquote von jährlich 3 % für Bundesgebäude an.

Insgesamt muss der Endenergieverbrauch bis zum Jahr 2030 um 650 Petajoule reduziert werden. Zumindest 250 Petajoule davon sollen durch zusätzliche Fördermittel des Bundes von 190 Mio. € pro Jahr für Haushalte und Unternehmen erreicht werden. Für das restliche Einsparungsvolumen von 400 Petajoule werden zu 80 % der Bund und zu 20 % die Länder verantwortlich sein, sofern es zu keiner konkreten Bund-Länder-Vereinbarung kommt.

Im Wirtschaftsausschuss stimmten lediglich die beiden Koalitionsparteien für den sogenannten "Energiesparplan für Österreich", wobei die Regierungsvorlage mittels Abänderungsantrag unter anderem noch um die Einrichtung einer Koordinierungsstelle zur Bekämpfung von Energiearmut ergänzt wurde. Der SPÖ ist das allerdings "viel zu wenig". Ob sich im Plenum des Nationalrats die für das Gesetz erforderliche Zweidrittelmehrheit findet, ist daher offen, zumal die SPÖ zuletzt öffentlich angekündigt hat, generell keinen Gesetzesvorschlägen der Regierungsparteien mehr zuzustimmen.

Mehr Transparenz zur Verhinderung von Lebensmittelverschwendung

Eine von den Koalitionsparteien vorgeschlagene Änderung des Abfallwirtschafts-Gesetzes zielt auf mehr Transparenz in Bezug auf die Verwendung von Lebensmitteln ab. Demnach sollen größere Unternehmen im Lebensmitteleinzelhandel und im Großhandel künftig regelmäßig berichten müssen, wie viele Lebensmittel sie entsorgt haben und wie viele Lebensmittel unentgeltlich weitergegeben wurden. "Mikrounternehmen" und Lebensmittel-Produzent:innen wie Landwirt:innen mit Direktvertrieb sind nicht umfasst. Die Daten sollen ab dem vierten Kalenderquartal 2023 erfasst und erstmalig bis 10. Februar 2024 gemeldet werden. Die Entsorgung von Lebensmitteln stelle eine Verschwendung wertvoller Ressourcen und eine enorme Umweltbelastung dar, begründen ÖVP und Grüne den Vorstoß.

Vorberaten wurde die Gesetzesinitiative im zuständigen Umweltausschuss nicht. Sie steht aufgrund einer vom Nationalrat beschlossenen Fristsetzung auf der Tagesordnung.

Rechnungshofbericht zu den Generalsekretariaten der Ministerien

Auch mehrere Berichte des Rechnungshofs liegen dem Plenum zur Beratung vor. So hat der Rechnungshof auf Verlangen der SPÖ die Generalsekretariate der Bundesministerien in der Zeit der türkis-blauen Bundesregierung unter die Lupe genommen. Kritisiert wird im Bericht unter anderem, dass die Aufgaben und Ziele der Generalsekretariate nicht klar definiert waren, was das Risiko von Doppelgleisigkeiten erhöht hat. Zudem habe die Einrichtung der Generalsekretariate mit umgerechnet rund 63 Vollzeitkräften keine Reduktion von Bediensteten in den Kabinetten bewirkt.

Konkret moniert der Rechnungshof etwa eine klare Abgrenzung der Tätigkeit der Generalsekretariate zur Tätigkeit der Kabinette. Außerdem mahnen die Prüfer:innen qualitätssichernde Maßnahmen zur objektiven, transparenten und nachvollziehbaren Feststellung der Eignung von Generalsekretär:innen vor deren Bestellung, die Festlegung strategischer Ziele sowie Maßnahmen zur Überprüfung der Erreichung dieser Ziele ein.

Telearbeit in ausgewählten Bundesministerien

Gegenstand eines weiteren Prüfberichts des Rechnungshofs ist die dienstrechtliche und technische Umsetzung von Telearbeit in ausgewählten Bundesministerien. Von Juli bis Oktober 2021 wurden die Zentralstellen des Bundeskanzleramts (BKA) und weiterer fünf Ministerien überprüft, wobei der überprüfte Zeitraum die Jahre 2020 und 2021 und damit auch Phasen coronabedingter Homeoffice-Pflicht umfasste.

Laut Rechnungshof mussten vor allem zu Beginn der Pandemie auch private PCs im Homeoffice eingesetzt werden, weil es zu wenig für Telearbeit geeignete mobile IT-Arbeitsplätze gab. Im Hinblick auf die IT-Sicherheit empfiehlt er daher, sich für mögliche weitere Krisen zu rüsten. Zudem regt er an, die mit dem Einsatz von Telearbeit verfolgten Ziele klar zu definieren und deren Erreichung zu evaluieren, wobei ihm zufolge auch bei Telearbeit die Wahrung dienstlicher Interessen und die Funktionsfähigkeit der jeweiligen Dienststelle im Mittelpunkt stehen müssten.

Tätigkeitsbericht 2022 des Rechnungshofs

Aus dem Tätigkeitsbericht 2022 geht hervor, dass der Rechnungshof im vergangenen Jahr insgesamt 50 Prüfberichte vorgelegt hat, wobei ein Großteil davon die Bundesverwaltung bzw. staatsnahe Unternehmen im Einflussbereich des Bundes betrafen. Zwei dieser Prüfberichte wurden auf Verlangen einzelner Nationalratsfraktionen erstellt, acht betrafen Follow–up–Überprüfungen. Insgesamt waren 2022 81 Prüfungen im Laufen, davon zehn in Zusammenhang mit der COVID–19–Pandemie.

Neben der Frage, wie die öffentliche Verwaltung in der Pandemie funktioniert hat, gehörte laut Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker auch der Gesundheitsbereich zu den Prüfschwerpunkten im vergangenen Jahr. Aus seiner Prüfung der COVID-19-Hilfen hat der Rechnungshof ihr zufolge mehrere Erkenntnisse abgeleitet, die auch für die Abwicklung künftiger großer Förderprogramme von Relevanz seien.

Einmal mehr verdeutlicht der Bericht die hohe Wirksamkeit der Tätigkeit des Rechnungshofs. Demnach ergaben Nachfragen, dass von den 1.958 Empfehlungen, die die Prüfer:innen 2021 ausgesprochen hatten, rund ein Jahr später bereits 744 umgesetzt und 328 teilweise umgesetzt waren. Bei 672 Empfehlungen wurde die Umsetzung zugesagt. Damit ergab sich laut Rechnungshof ein Wirkungsgrad von 89,1 %. Bei Follow–up–Überprüfungen wird der Wirkungsgrad mit 87,3 % angegeben.

Auch über weitere Aufgaben des Rechnungshofs wie die Kontrolle der Parteifinanzen informiert der Bericht.

FACULTAS DOM Buchhandel

Was die FACULTAS DOM Buchhandels GmbH betrifft, empfiehlt der Rechnungshof vor dem Hintergrund vorwiegend negativer Jahresabschlüsse in den letzten Jahren eine Fortsetzung des Sanierungsplans. Nur im Jahr 2020/21 hat die Gesellschaft, die zu zwei Drittel der Hochschüler:innenschaft der Universität Wien und der Wirtschaftsuniversität Wien und zu einem Drittel einer kirchlichen Stiftung der Erzdiözese Wien gehört, positiv bilanziert, was die Prüfer:innen vorrangig auf Förderungen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie zurückführen. In Summe flossen 479.000 € an COVID-Hilfen an FACULTAS, davon 155.000 € aus Mitteln der Kurzarbeit.

Mängel ortete der Rechnungshof unter anderem beim internen Kontrollsystem. Positiv wurde hingegen bewertet, dass bereits vor Beginn der Gebarungsüberprüfung Sanierungsmaßnahmen eingeleitet wurden, wobei deren Wirksamkeit aufgrund des Ausbruchs der Pandemie nicht abschließend beurteilt werden konnte.

Schließlich steht auch noch ein Prüfbericht des Rechnungshofs betreffend Investitionen der Länder Oberösterreich und Steiermark im Plenum zur Diskussion.

Bewaffneter Konflikt im Sudan

Zum bewaffneten Konflikt im Sudan liegt dem Plenum ein von ÖVP und Grünen initiierter Entschließungsantrag vor, der im Außenpolitischen Ausschuss von allen Parteien mit Ausnahme der FPÖ mitgetragen wurde. Die Regierung soll sich gemeinsam mit den EU-Partnern und den Vereinten Nationen für ein sofortiges Ende der Kämpfe und einen politischen Prozess zur Etablierung demokratischer Strukturen im Sudan einsetzen, fordern die Abgeordneten. Zudem geht es ihnen um einen umfassenden Schutz der Zivilbevölkerung und der zivilen Infrastruktur sowie um humanitäre Hilfe sowohl vor Ort als auch in den angrenzenden Nachbarländern. Bei einer weiteren militärischen Zuspitzung der Auseinandersetzungen könnte ein Bürgerkrieg sowie eine weitere Ausdehnung auf die gesamte Region drohen, warnen sie. Die Freiheitlichen begründeten ihre Ablehnung des Antrags im Ausschuss damit, dass die Formulierungen zu wenig konkret seien.

Fortsetzung der Unterstützung von Tunesien

Eine weitere vom Außenpolitischen Ausschuss gefasste Entschließung betrifft Tunesien. ÖVP und Grüne sprechen sich unter anderem dafür aus, Tunesien im Verbund mit den EU-Partnern weiterhin bei der Bewältigung der sozioökonomischen und finanziellen Herausforderungen zu unterstützen, wobei sie unter anderem auf Preissteigerungen, Versorgungsengpässe und die hohe Schuldenquote verweisen. Es liege im Interesse Europas, dass demokratische Errungenschaften in Tunesien und verfassungsmäßig garantierte Rechte, Grund- und Menschenrechte sowie die Gewaltenteilung gewahrt bleiben, argumentieren sie. Auch eine Zusammenarbeit mit Tunesien auf Augenhöhe zur Akquirierung qualifizierter Arbeitskräfte und eine Kooperation bei der Bekämpfung irregulärer Migration und Menschenhandel samt Rückführung von Personen ohne Bleibemöglichkeit in Österreich ist ihnen ein Anliegen. Zudem tritt der Ausschuss für eine Aufstockung der EU-Mittel zur Schaffung von Perspektiven vor Ort in der gesamten nordafrikanischen Region ein.

Bei der Opposition stieß die Initiative auf Ablehnung. So kritisierten SPÖ und NEOS etwa, dass sich Tunesien – bis vor Kurzem noch ein Vorzeigeland des Arabischen Frühlings – nunmehr auf dem Weg in Richtung Diktatur befinde, was im Antrag jedoch nicht klar zum Ausdruck gebracht werde. Die FPÖ hält außerdem nichts vom Vorhaben, die Kooperation mit Tunesien zur Akquirierung qualifizierter Arbeitskräfte weiter auszubauen.

Verhältnismäßigkeitsprüfung von Gesetzesvorhaben, Klubregister

In Dritter Lesung wird der Nationalrat schließlich über vier Gesetzentwürfe abstimmen, die bereits in der letzten Plenarwoche zur Diskussion standen. Dabei geht es zum einen um eine Ausweitung der sogenannten Verhältnismäßigkeitsprüfung von Gesetzesvorhaben, die Berufsreglementierungen zum Inhalt haben. Künftig sollen auch Anträge von Abgeordneten und Ausschussanträge, die derartige Regulierungen zum Inhalt haben, darauf abgeklopft werden, welche Auswirkungen sie auf den freien Personen- und Dienstleistungsverkehr in der EU haben und ob es nicht andere, weniger einschränkende Alternativen gäbe. Damit sollen unter anderem das Grundrecht auf Berufsfreiheit abgesichert und eine Diskriminierung von Bürger:innen anderer EU-Länder vermieden werden. Derzeit gilt diese von der EU vorgegebene Verpflichtung nur für Regierungsvorlagen.

Zum anderen ist geplant, ein öffentlich einsehbares Klubregister einzurichten, das die Namen der parlamentarischen Klubs sowie die für diese vertretungsbefugten Personen enthält.

Da beide Vorhaben auf Fünf-Parteien-Anträgen beruhen, ist mit einer einhelligen Zustimmung von Seiten der Abgeordneten zu rechnen. Das betrifft auch die erforderlichen begleitenden Änderungen der Geschäftsordnung des Nationalrats (GOG). Dass über die Anträge erst jetzt endgültig abgestimmt wird, liegt daran, dass bei GOG-Novellen zwischen Zweiter und Dritter Lesung mindestens 24 Stunden liegen müssen. (Schluss) gs/mbu

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.