Parlamentskorrespondenz Nr. 563 vom 24.05.2023

Nationalrat: Kontroverse Debatte über Einführung einer Bargeldobergrenze

Konsens zu Erhalt des Bargelds

Wien (PK) – Der Nationalrat hat heute die Beratungen über das Volksbegehren "Für uneingeschränkte Bargeldzahlung", das von 530.938 Menschen unterschrieben worden ist, abgeschlossen. Gefordert wird darin, Bargeldzahlungen verfassungsgesetzlich zu verankern. Ziel des Volksbegehrens ist der Erhalt der Bargeldzahlung, und zwar, wie die Initiator:innen fordern, "ohne Beschränkung". Obergrenzen bei zulässigen Bargeldzahlungen werden daher vom Volksbegehren abgelehnt, da sie nicht vor kriminellen Aktivitäten wie Geldwäsche schützen würden.

Einigkeit bestand bei den Fraktionen über die Bedeutung und den Erhalt des Bargelds. Niemand sei für die Abschaffung von Bargeld, betonte Gabriel Obernosterer (ÖVP). Auffassungsunterschiede gebe es aus seiner Sicht nur über die Details, wie man die Annahmeverpflichtung von Bargeld regeln solle, und wie man die Möglichkeit zur Bargeldzahlung für die Zukunft absichern könne. Das Volksbegehren zwinge die Politik, sich mich dem Thema auseinanderzusetzen, unterstrich Kai Jan Krainer (SPÖ).

Im Vorfeld der Nationalratssitzung hielt der Finanzausschuss ein Hearing ab. Darin wiesen die Expert:innen darauf hin, dass keine aktuelle Rechtslage für eine Annahmeverpflichtung von Bargeld bestehe. Sie sprachen sich dafür aus, die Regelungen in diesem Bereich neu zu denken. Zudem warnten sie vor künftigen Gebühren bei unbaren Zahlungsmitteln.

Keine Mehrheit fanden drei von SPÖ und FPÖ eingebrachte Entschließungsanträge. Darin machte sich Kai Jan Krainer (SPÖ) für die Sicherung der Bargeldversorgung und der Annahmepflicht von Bargeld stark. Reinhold Einwallner (SPÖ) trat gegen die Blockadehaltung der Regierung im Kampf gegen die Teuerung ein. Peter Wurm (FPÖ) forderte den Schutz des Bargeldes und der uneingeschränkten Bargeldzahlung.

SPÖ: Kampf gegen Kriminalität bedarf Obergrenzen

Kai Jan Krainer (SPÖ) sprach sich für die Sicherstellung einer wohnortnahen Versorgung mit Bargeld aus. Die bestehende Annahmeverpflichtung sollte aus seiner Sicht durchgesetzt werden oder gegebenenfalls eine Gesetzesänderung erfolgen, wodurch die Annahmeverpflichtung in der Praxis durchgesetzt werden kann. Zu prüfen ist laut Krainer, welche Legitimations- und Sorgfaltspflichten notwendig sind, um den Missbrauch durch die organisierte Kriminalität zu verhindern. Der Datenschutz müsse unabhängig von der Bezahlform für alle Bürger:innen gewährleistet sein, unterstrich Krainer seine Forderungen aus dem Entschließungsantrag. Der ÖVP warf Krainer Zensur von Umfrageergebnissen in Bezug auf Bargeldobergrenzen vor.

Fraktionskollege Reinhold Einwallner (SPÖ) wollte hingegen bei der Teuerung ansetzen. Er forderte ein Inflationsdämpfungsgesetz, das Sofortmaßnahmen wie die Rücknahme der April-Erhöhung der Richtwertmieten beinhaltet. Darüber hinaus setzte er sich für ein sofortiges, temporäres Aussetzen der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel des täglichen Bedarfs ein. Weitere Punkte betrafen die Einsetzung einer Anti-Teuerungskommission und Sanktionsmechanismen bei einer Nicht-Weitergabe von Energiehilfen.

Selma Yildirim (SPÖ) sah einen fraktionsübergreifenden Konsens, dass es eine echte Wahlfreiheit zwischen Bezahlung mit Bargeld und bargeldlosen Zahlungsformen geben müsse. Gerade im ländlichen Raum sei es wichtig, die entsprechende Infrastruktur für den Zugang zu Bargeld zu erhalten. Aus Gründen des Kampfes gegen die organisierte Kriminalität und Steuerhinterziehung brauche man aber auch Obergrenzen für Bargeld.

NEOS: Einführung einer Bargeldobergrenze sei "schleichende Bargeldabschaffung"

Gerald Loacker (NEOS) bezeichnete die Einführung einer Bargeldobergrenze als "schleichende Bargeldabschaffung". Zudem kritisierte er die Einstellung der Grünen zur Verbindung von Bargeld und Kriminalität. Bargeld sei nicht für Pfusch verantwortlich, vielmehr liege es an hohen Steuern und Abgaben, erinnerte er an die Meinung eines Experten im Hearing. Bargeld sei Ausdruck der Freiheit, betonte Loacker, demgegenüber würden Kartenzahlungen dokumentiert.

ÖVP: Keine Abschaffung von Bargeld

Nach dem Motto "Nur Bares ist Wahres" hielt Peter Haubner (ÖVP) ein Plädoyer für Bargeld. Die ÖVP bekenne sich zum Bargeld und zur flächendeckenden Versorgung mit Bargeld. Bargeld sei sicher und günstig. Für die ÖVP sei Bargeld eine wichtige Errungenschaft, die es abzusichern gelte. Durch Bargeld lerne man mit Geld umzugehen, daher sprach sich Haubner für Taschengeld statt einer Kreditkarte für Kinder aus.

Es gebe keine Pläne zur Abschaffung von Bargeld in Österreich, betonte Angela Baumgartner (ÖVP). In Österreich gelte für den alltäglichen Handel eine Annahmeverpflichtung für Bargeld. Die Verwendung von Bargeld sei gesetzlich gut geregelt und es gebe auch keine Probleme in der Versorgung mit Bargeld, betonte sie. Eine Verankerung von Bargeld in der Verfassung ist aus Sicht von Abgeordnetem Franz Eßl fragwürdig. Man solle die Verfassung nicht mit zu vielen Anliegen überladen, meinte Eßl. FPÖ-Abgeordneter Hubert Fuchs wiedersprach der Aussage, wonach das Nationalbankgesetz die Annahmeverpflichtung für Bargeld regle. Vielmehr müsse das Gesetz nachgeschärft werden, nachdem es de facto "zahnlos" sei. Auch Peter Wurm (FPÖ) wies darauf hin, dass der Kontrahierungszwang, also die unbedingte Annahmeverpflichtung für Bargeld, gesetzlich klar geregelt werden müsse.

Grüne: Obergrenze nicht mit Abschaffung von Bargeld verwechseln

Die Grünen sprachen sich für die Umsetzung der von der EU geforderten Bargeldobergrenze aus. Obwohl digitale Zahlungsmittel in der Praxis vermehrt genutzt werden, behalte Bargeld seine wichtige Funktion, erklärte Nina Tomaselli (Grüne). Die Schaffung einer Obergrenze sei nicht mit der Abschaffung von Bargeld zu verwechseln. Menschen sollten diesbezüglich nicht verunsichert werden. Kriminelle nutzen Bargeld für ihre Tätigkeiten, stellte sie dar. Tomaselli warnte vor kriminellem Aufkommen, sollte die Bargeldobergrenze nicht mitgetragen werden. Wichtig sei den Grünen, Kriminellen einen Schranken vorziehen.

Der Politik sei Bargeld wichtig, es werde daher erhalten bleiben, versicherte Ulrike Fischer (Grüne). Allerdings gebe es vereinzelt Probleme mit der Annahme von Bargeld, hier brauche man Lösungen. Die Grünen hielten die Forderung der FPÖ für überzogen, die Annahmeverpflichtung mittels einer Festschreibung des Kontrahierungszwangs in der Verfassung regeln zu wollen.

FPÖ warnt vor Folgen einer Abschaffung des Bargelds

Bei der ÖVP würden "schönen Worten keine Taten folgen", kritisierte Hubert Fuchs (FPÖ). Der Abgeordnete warnte vor Folgen einer Abschaffung des Bargelds und setzte sich für eine Wahlfreiheit ein. Kinder benötigten Geld zum Angreifen, um den Umgang mit Geld zu lernen, aber auch für Erwachsene ermögliche es Budgetkontrolle. Demgegenüber gebe es bei bargeldlosen Zahlungen eine digitale Kontrolle. Aus Sicht der FPÖ bedarf es einer Annahmeverpflichtung für Bargeld, replizierte Fuchs auf Statements der Expert:innen im Hearing des Finanzausschusses.

Peter Wurm (FPÖ) pochte mittels Entschließungsantrag darauf, die Cent- und Euro-Bargeldmünzen in ihrem aktuellen Bestand zu erhalten, um einer Aufrundung von Preisen für Waren und Dienstleistungen entgegenzuwirken. Ein wichtiges Anliegen war ihm die verfassungsrechtliche Verankerung der uneingeschränkten Bargeldzahlung in Österreich und Europa sowie der verfassungsrechtliche Schutz des Bargelds als Zahlungsmittel und Vermögensform ohne Obergrenzen. Wurm verlangte daher einen Kontrahierungszwang für den Waren- und Dienstleistungsverkehr zur grundsätzlichen Annahme von Bargeld als Zahlungsmittel. (Schluss) gla/sox

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