Parlamentskorrespondenz Nr. 576 vom 25.05.2023

Nationalrat spricht sich für höheren Energiekrisenbeitrag von Stromerzeugern aus

Senkung der Elektrizitäts- und Erdgasabgabe wird bis Jahresende verlängert

Wien (PK) – Zur Dämpfung der hohen Inflation sollen Stromerzeuger einen höheren Energiekrisenbeitrag zahlen, wenn sie die Strompreise nicht senken. Der dazu von ÖVP und Grünen vorgelegte Initiativantrag wurde heute mehrheitlich vom Nationalrat angenommen. Zudem bleiben die Elektrizitäts- und Erdgasabgabe bis Ende des Jahres gesenkt.

Obwohl Österreich die höchste Inflation in Westeuropa habe, würden die von den Regierungsparteien gesetzten Maßnahmen nicht dazu beitragen, die Preise zu senken, begründete die SPÖ ihre Ablehnung. Die FPÖ bezeichnete die Maßnahmen bei der Übergewinnbesteuerung als "Nebelgranate", da die Einnahmen daraus überschaubar wären. Für die NEOS braucht es grundlegende Reformen zur Liberalisierung des Strommarktes, um nicht Geld "von der linken in die rechte Tasche" zu transferieren. ÖVP und Grüne sprachen von einer Nachschärfung der im Vorjahr gesetzten Maßnahmen und kritisierten die "Blockadehaltung" der SPÖ, die genau solche Initiativen einfordere.

Ebenfalls mehrheitliche Zustimmung gab es für eine Regierungsvorlage zur Umsetzung von EU-Bestimmungen in Zusammenhang mit der sogenannten Distributed-Ledger-Technologie (DLT) zur Förderung von Finanzmarktinfrastrukturen.

Stromerzeuger sollen höheren Energiekrisenbeitrag zahlen

Um die zuletzt wieder auf 9,7 % gestiegene Inflation zu dämpfen, wird aufgrund der gesunkenen Großhandelspreise die Schwelle für unangetastete Markterlöse von Stromerzeugern ab 1. Juni von 140 € auf 120 € je Megawattstunde Strom herabgesetzt. Darüber hinausgehende "Überschusserlöse" sind grundsätzlich zu 90 % an den Staat abzuliefern, wobei Investitionen in erneuerbare Energien und Energieeffizienz unter bestimmten Voraussetzungen abgesetzt werden können. Auch höhere Gestehungskosten bei der Stromerzeugung werden berücksichtigt. Gleichzeitig wird die Elektrizitäts- und Erdgasabgabe um ein weiteres halbes Jahr – bis Ende 2023 – auf das in der EU zulässige Mindestbesteuerungsniveau gesenkt.

Der Antrag trage nicht dazu bei, die Preise zu senken, obwohl Österreich in einer "fürchterlichen Situation" sei und die höchste Inflation in ganz Westeuropa habe, kritisierte Jörg Leichtfried (SPÖ). So könnten sich 1,5 Mio. Menschen teilweise das Wohnen nicht mehr leisten. Die SPÖ stehe jedoch "auf der Seite der Menschen" anstatt der großen Konzerne. Zudem sprach sich Leichtfried gegen medial kolportierte Pläne der Klimaschutzministerin aus, die C02-Steuer bis zum Jahr 2030 auf 240 € pro Tonne anzuheben. Der entsprechende Entschließungsantrag erhielt jedoch keine Mehrheit.

Ähnlich argumentierte Alois Schroll (SPÖ). In einem ebenfalls abgelehnten Entschließungsantrag forderte der SPÖ-Mandatar, die Übergewinne von Energiekonzernen - auf Basis eines Gewinnvergleichs mit den Vorjahren - abzuschöpfen. Mit den Steuereinnahmen solle die Finanzierung von Anti-Teuerungsmaßnahmen, wie die Etablierung einer Anti-Teuerungskommission, zweckgewidmet werden.

Axel Kassegger (FPÖ) sprach von "Kleinigkeiten", wie der Verlängerung von Fristen und dem Aussetzen von Abgaben. Die Übergewinnbesteuerung bezeichnete der FPÖ-Abgeordnete als "Nebelgranate", da die Einnahmen daraus überschaubar wären. Vielmehr erkenne die Bundesregierung die Ursachen der Teuerung nicht. Sie reagiere mit falschen Maßnahmen, wie dem "Ausschütten von noch mehr Geld", und das "in einer Situation, wo wir einen Nachfrageüberhang über das Angebot haben", so Kassegger.

Der Antrag klinge plausibel, da im Augenblick die Großhandelspreise nicht weitergegeben würden, hielt Karin Doppelbauer (NEOS) fest. Dies zeige auf, dass man ein Wettbewerbsproblem und keinen liberalisierten Strommarkt habe. Grund dafür seien unter anderem die gegenseitigen Beteiligungen und engen Verschränkungen der meist in Landes- oder Bundesbesitz befindlichen Stromerzeuger, die auch die Nutznießer des teuren Stroms seien. Für Doppelbauer braucht es grundlegende Reformen, "damit wir nicht Geld von der linken in die rechte Tasche transferieren".

Die Märkte würden – wie derzeit der Strommarkt – nicht immer perfekt funktionieren, weshalb es wichtig sei, indirekt einzugreifen, argumentierte Andreas Hanger (ÖVP). "Wir haben im Vorjahr eine Übergewinnsteuer beschlossen, nun schärfen wir nach", sagte Hanger. Die Maßnahmen würden zum Rückgang der Inflation beitragen. Gabriel Obernosterer (ÖVP) sprach von den "immer gleichen Argumenten der Opposition". Österreich gehöre zu "den Besten im EU-Vergleich". Dort wo es ein starkes Wirtschaftswachstum und eine hohe Kaufkraft gebe, sei auch die Inflation höher.

"Bei der SPÖ kennt man sich wirklich nicht mehr aus", meinte Jakob Schwarz (Grüne). Die heute beschlossenen Maßnahmen würden zu den von der SPÖ geforderten Preissenkungen beitragen, kritisierte Schwarz die "Blockadehaltung" der SPÖ. Dem schloss sich Lukas Hammer (Grüne) an. Die Verlängerung der Senkung der Energieabgaben bedeute eine Entlastung von 400 Mio. € für die Menschen. Zudem lasse die SPÖ mit ihrem Antrag zur CO2-Bepreisung "die Hüllen ihrer Antiklimaschutzpolitik fallen".

"Nicht alles was populär klingt, ist sinnvoll", betonte Finanzminister Magnus Brunner in Richtung der Oppositionsparteien. Deren Vorschläge hätten in anderen Ländern zur Folge gehabt, dass die Preise trotzdem nach oben gegangen seien. Die Inflation sei vor allem durch die Lieferkettenproblematik, das starke Wachstum nach der Pandemie sowie durch die von "Putin als Waffe eingesetzten hohen Energiepreise" geprägt. Was Österreich betrifft, sei die hohe Inflation zusätzlich auf die Zusammensetzung des Warenkorbes, auf hohe Lohnabschlüsse sowie auf langfristige Energielieferverträge zurückzuführen. Mit der Absenkung der Erdgas- und Elektrizitätsabgabe bringe man jedoch dämpfende Maßnahmen auf den Weg, so der Finanzminister. Zudem sei der Bund durch das Aussetzen der Gebühren und Abgaben "Vorreiter". Immerhin gehe es um eine Ersparnis von über 40 Mio. €.

Distributed-Ledger-Technologie für Finanzmarktinfrastrukturen

Mit der sogenannten Distributed-Ledger-Technologie (DLT) zur Förderung von Finanzmarktinfrastrukturen sollen Effizienz, Transparenz und Wettbewerb bei Handels- und Abwicklungstätigkeiten erhöht werden. Gleichzeitig will man ein hohes Maß an Anlegerschutz, Marktintegrität und Finanzmarktstabilität sicherstellen und einen Erfahrungsaustausch zwischen Marktteilnehmern und Aufsichtsbehörden in Bezug auf DLT und jene Kryptowertpapiere, die als Finanzinstrumente gelten, ermöglichen. Künftig soll die FMA für die Erteilung einer besonderen Genehmigung für den Betrieb einer auf DLT basierten Marktinfrastruktur und die Beaufsichtigung der Betreiber von solchen Marktinfrastrukturen mit Sitz oder Hauptverwaltung in Österreich verantwortlich sein. Die Laufzeit der europäischen Pilotregelung ist vorerst zeitlich begrenzt. Bis zum 24. März 2026 soll die ESMA (European Securities and Markets Authority) der Europäischen Kommission über ihre Bewertung der Pilotregelungen Bericht erstatten.

Es sei prinzipiell zu begrüßen, dass sich die Politik zu neuen Technologien, wie Blockchain, Gedanken mache und die Aufsicht sicherstelle, erklärte Christoph Matznetter (SPÖ). Da die Regierung jedoch keine Maßnahmen gegen die Teuerung setze, könne man der Umsetzung der EU-Verordnung aber nicht zustimmen. Matznetter regte an, dass die EU die Einführung eines Digitalen Euros andenken solle, um den privaten Kryptowährungen etwas entgegenzusetzen.

Ernst Gödl (ÖVP) sprach von einem "sperrigen Thema". Es gehe dabei um neue Regelungen und Chancen für die digitale Finanzwelt ohne die Transparenz und Sicherheit einzuschränken. Der ÖVP-Abgeordnete kritisierte die Ablehnung der SPÖ, die Themen setze, "die gar nicht auf der Tagesordnung stehen, nur weil es die Parteiideologie verlangt".

Als "konstruktive Mitte" stimme man dem Gesetz zu, hielt Karin Doppelbauer für die NEOS fest. Es gehe um eine Pilotregelung bis 2026, um Transaktionen im Finanzbereich in Echtzeit zu dokumentieren. Doppelbauer begrüßte die Ansiedelung bei der FMA, kritisierte aber das Fehlen von Wagniskapitalregelungen in Österreich. Junge Unternehmen und Start-ups würden deshalb aus Österreich abwandern. (Fortsetzung Nationalrat) med

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.

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