Parlamentskorrespondenz Nr. 625 vom 06.06.2023

Gesundheitsausschuss gibt grünes Licht für Überführung von COVID-19 vom Pandemie- in das Regelsystem

Frauengesundheitsbericht 2022: Hearing mit Expert:innen für Herbst geplant

Wien (PK) – COVID-19 soll rechtlich künftig wie alle nicht-anzeigepflichtigen Infektionskrankheiten behandelt werden und damit vom Pandemie- in das Regelsystem überführt werden. Mit der Stimmenmehrheit von ÖVP und Grünen passierte die dementsprechende Regierungsvorlage den heutigen Gesundheitsausschuss. Damit sollen die Kosten von Testungen nur mehr bei Personen mit Symptomen von der Krankenversicherung getragen werden. Eine generelle Testinfrastruktur soll aber weiter sichergestellt werden. Ebenso wird in der Vorlage die Infrastruktur für Impfungen geregelt. Die Bestimmungen für COVID-19-Medikamente sollen weitgehend beibehalten werden. Zudem ist vorgesehen, die Überwachungsprogramme fortzuführen. Bewährte, während der Pandemie eingeführte, Regelungen sollen bestehen bleiben – andere sollen hingegen auslaufen.

Einstimmig vertagt wurde der Frauengesundheitsbericht 2022 mit dem Ziel, ein Expert:innenhearing im Herbst abzuhalten. Bemängelt wird in dem Bericht die ungenügende Datenlage über die Gesundheit von Frauen. Gesundheitsminister Rauch kündigte hier Verbesserungen an.

Mehrheitlich zur Kenntnis genommen wurde ein Bericht zu den bisherigen Corona-Ausgaben des Gesundheitsministeriums im Jahr 2023. Zwei FPÖ-Forderungen für einen Corona-Wiedergutmachungsfonds des Bundes und nach einem Schlussstrich unter allen Corona-Maßnahmen wurden mit den Stimmen von ÖVP und Grünen erneut vertagt.

Neue Regelungen für COVID-19 zur Überführung vom Pandemie- in das Regelsystem

COVID-19 soll rechtlich künftig wie alle nicht-anzeigepflichtigen Infektionskrankheiten behandelt und der Umgang damit in die Regelstrukturen überführt werden. Dies sieht das COVID-19-Impffinanzierungsgesetz und das COVID-19-Überführungsgesetz vor, das die Bundesregierung dem Nationalrat vorgelegt hat (2048 d.B.). Begründet wird die Änderung mit der höheren Grundimmunität sowie den milden Krankheitsverläufen durch die vorherrschenden Virusvarianten und dem in Folge geringeren Risiko für die Gesundheit und das Gesundheitssystem.

Im Zuge der Gesetzesinitiative sollen zahlreiche, während der COVID-19-Pandemie erlassene Regelungen überarbeitet und teilweise aufgehoben werden. Neben der rechtlichen Gleichstellung mit anderen nicht-anzeigepflichtigen Infektionskrankheiten werden zudem auch neue Regelungen für die Testungen, die Impfungen und die Arzneimittel getroffen. Testungen sollen von der Krankenversicherung künftig nur mehr bei Personen mit Symptomen getragen werden. Eine generelle Testinfrastruktur soll aber weiter sichergestellt werden. Für die Impfsaison 2023/2024 sollen 2 Mio. kostenfreie Impfungen ermöglicht werden. Die Regelungen für COVID-19-Medikamente sollen weitgehend beibehalten werden. Zudem ist vorgesehen, die Überwachungsprogramme schrittweise, um weitere Elemente zu ergänzen. Bewährte, während der Pandemie eingeführte Bestimmungen, sollen fortgeführt werden, andere sollen hingegen auslaufen.

Mittels eines im Ausschuss von ÖVP und Grünen eingebrachten Antrags sollen zusätzlich die im Zuge der Corona-Pandemie eingeführten und bewährten Regeln zur Opioid-Subsitutionsbehandlung weiter geführt werden. Das nach den Erläuterungen gut funktionierende System soll damit bis zur technischen Verfügbarkeit eines elektronischen Prozesses (digitalen Verschreibungsprozesses) weiterhin ermöglicht werden. Konkret haben die behandelnden Ärzt:innen unter bestimmten Voraussetzungen weiter die Möglichkeit, eine Substitutions-Dauerverschreibung mit dem Vermerk "Vidierung nicht erforderlich" auszustellen. Die Regierungsvorlage wurde mit der Stimmenmehrheit von ÖVP und Grünen angenommen. Der Ausschussantrag wurde hingegen einstimmig befürwortet.

Den Gesetzesentwurf erläuterte Gesundheitsminister Johannes Rauch und betonte, dass zur genauen Ausgestaltung der Impfinfrastruktur die Impfempfehlungen abgewartet würden. In Richtung der FPÖ betonte Rauch, dass die verfassungsmäßigen Bedenken aus der Begutachtung, wie etwa vom Verfassungsdienst, sehr wohl berücksichtigt worden seien.

Die Meldepflicht sei angesichts der Entwicklungen nicht mehr angemessen und ein neuer rechtlicher Rahmen für die Bereiche Testen, Impfen und Arzneimittel notwendig geworden, erklärte Werner Saxinger (ÖVP). Da man weiter wachsam sein müsse, würden die Überwachungsprogramme fortgeführt.

Dem stimmte Ralph Schallmeiner (Grüne) zu. Mit dem Beschluss der Regierungsvorlage werde die letzte Phase der Pandemiebekämpfung eingeläutet. Dennoch gelte es, für etwaige erneute Ausbrüche gerüstet zu sein. Trotz der Endphase der Pandemie müsse es allen klar sein, dass es weiter vulnerable Gruppen gebe, die geschützt werden müssen, und das Masketragen in bestimmten Settings weiter wichtig sei.

Den Gesetzesentwurf kritisch sah hingegen Rudolf Silvan (SPÖ), da dieser zu wenig auf Risikogruppen Bedacht nehme und der Kostenersatz für die Bundesländer und Gemeinden zu gering sei. Die Zustimmung ihrer Fraktion zu dem Ausschussantrag signalisierte Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ).

Von seiner "diametral anderen Position" berichtete Gerhard Kaniak (FPÖ). Es brauche eine Rückkehr zum Zustand vor Corona sowie ein neues Pandemiegesetz, forderte er. Der vorgelegte Entwurf sei aber keine Rückkehr zur Normalität. Hinsichtlich des Ausschussantrags signalisierte Kaniak die Zustimmung seiner Fraktion, gab aber zu bedenken, dass diese "Aufwandsreduktion" zu Lasten der Betreuung der Patient:innen gehe. Die Pandemie sei seit einem Jahr vorbei und es brauche daher ein Ende der Maßnahmen, um sich den vielen Problemen im Land zuzuwenden, meinte auch Dagmar Belakowitsch (FPÖ).

Die Fortsetzung der epidemiologischen Überwachung befürwortete Fiona Fiedler (NEOS), kritisierte aber die zu hohen Testkosten und sah keinen Bedarf an zusätzlichen Impfstellen neben dem niedergelassenen Bereich. Dem entgegnete Ralph Schallmeiner (Grüne), dass die Impfstellen der Bundesländer und Gemeinden nur für den Krisenfall bestimmt seien.

Bisherige Corona-Ausgaben des Gesundheitsministeriums im Jahr 2023

Für das Jahr 2023 sind im Bundesfinanzgesetz (BFG) insgesamt 400 Mio. € an Kostenersätzen für die Bundesländer und die AGES im Zusammenhang mit dem Epidemiegesetz veranschlagt. Im Jänner und Februar wurden Zahlungen in der Höhe von 171,45 Mio. € getätigt. Die größten Posten darunter entfallen auf Screening-Programme, Vergütungen für Verdienstentgänge, Gebühren für Epidemieärzt:innen oder Untersuchungen. Dies geht aus dem aktuellen Monatsbericht von Gesundheitsminister Johannes Rauch gemäß COVID-19-Transparenzgesetz hervor (III-943 d.B.). Für bestimmte, den Ländern aufgrund der Coronakrise entstandene, Aufwendungen leistet der Bund zudem Zweckzuschüsse, für die laut BFG heuer 200 Mio. € vorgesehen sind. Darunter fielen in der Vergangenheit nicht nur Ausgaben für Schutzausrüstung, Personalkosten für die telefonische Gesundheitsberatung, Ersatzspitäler, Testungen, Mehraufwand für Rettungsdienste, sondern auch für Impfaktionen oder die Abrechnung der 500 €-Boni für das Pflegepersonal. Im Bericht 2023 werden in den ersten beiden Monaten nur mehr Zahlungen für die Impfaktionen und für den administrativen Aufwand im Zusammenhang mit Testungen ausgewiesen, die zusammen 13,28 Mio. € an Kosten verursacht haben. Der Bericht wurde mit den Stimmen von ÖVP und Grünen zur Kenntnis genommen.

Alle Erkenntnisse aus den Berichten, aber auch aus dem internationalen Umfeld, würden in die Evaluierung der Corona-Maßnahmen fließen, betonte Gesundheitsminister Johannes Rauch. Man habe sich für die Neuverhandlung der Verträge mit Impfstoff-Herstellern eingesetzt und konnte so eine deutliche Reduktion der Abnahmeverpflichtungen erreichen, berichtete er den Abgeordneten.

Während in der Ausschuss-Debatte die Regierungsfraktionen in Person von Karl Schmidhofer (ÖVP) und Ralph Schallmeiner (Grüne) die Transparenz der Berichte hervorhoben, bemängelte die Opposition genau diese und versagten dem Bericht deswegen ihre Zustimmung.

So sprach sich Philip Kucher (SPÖ) angesichts des enormen Mitteleinsatzes für mehr Transparenz aus – auch um besser Lehren für die Zukunft ziehen zu können.

Die Beschaffungsvorgänge seien nicht transparent gewesen und der Korruption aufgrund dessen die Tür geöffnet, bemängelte Gerald Hauser (FPÖ). Das Geld der Steuerzahler:innen sei dabei "mit zehn Händen aus dem Fenster" geschmissen worden. Die Offenlegung der Verträge und Preise bei der Impfstoffbeschaffung forderte auch Gerhard Kaniak (FPÖ).

Die Transparenz der Berichte kritisierte ebenfalls Fiona Fiedler (NEOS). Es sei nicht nachvollziehbar, wohin und wofür das Geld genau geflossen sei.

FPÖ fordert Corona-Wiedergutmachungsfonds des Bundes und Schlussstrich unter alle Corona-Maßnahmen

Zwei weitere, wieder aufgenommene, Anträge der FPÖ wurden mit den Stimmen von ÖVP und Grünen erneut vertagt. Dies betraf freiheitliche Forderungen nach der Einführung eines bundesweiten Corona-Wiedergutmachungsfonds nach niederösterreichischem Vorbild (3303/A(E)) sowie nach einem "unmittelbaren Schlussstrich unter alle Corona-Maßnahmen" (3248/A(E)).

Frauengesundheitsbericht 2022: Zu wenige Daten in Österreich

Rund 20 ihrer durchschnittlich 84 Lebensjahre verbringen Frauen in mittelmäßiger bis schlechter Gesundheit. Frauen sind deutlich häufiger von Depressionen und Demenz betroffen als Männer. Auch gynäkologische Erkrankungen tragen bedeutend zur Krankheitslast von Mädchen und Frauen bei. Das geht aus dem Frauengesundheitsbericht 2022 (III-953 d.B.) hervor, den Gesundheitsminister Johannes Rauch vorgelegt hat. Eine zentrale Erkenntnis war, dass zu zahlreichen frauenspezifischen Gesundheitsfragen in Österreich keine repräsentativen Daten vorliegen. Obwohl mehr als die Hälfte der österreichischen Bevölkerung Frauen sind, sind klassische Gesundheitsberichte in der Regel noch immer vorrangig an Männern orientiert. Mit dem Frauengesundheitsbericht liegen nach über zehn Jahren erstmals wieder Informationen zur gesundheitlichen Lage von Frauen und Mädchen vor, betont der Gesundheitsminister im Vorwort. Denn um den höchsten Gesundheitsstandard für alle zu erreichen, müsse in der Gesundheitsforschung und -versorgung anerkannt werden, dass sich Gesundheitsthemen von Frauen von jenen der Männer unterscheiden, so Rauch. Der Bericht wurde einstimmig mit dem Ziel eines Hearings mit Expert:innen im Herbst zur weiteren Vertiefung vertagt.

Die fehlende Datenlage müsse verbessert werden, plädierte Gesundheitsminister Johannes Rauch. In Österreich gebe es vielerorts einen "Datenfriedhof". Es gelte diese Datenquellen mittels Digitalisierung zusammenzuführen. Hinsichtlich des niederschwelligen und kostenlosen Zugangs zu Verhütungsmitteln werde aktuell eine Machbarkeitsstudie durchgeführt, deren Ergebnisse für Herbst erwartet würden, berichtete Rauch an Meri Disoski (Grüne). Im Bereich der Menstruationsgesundheit sei ebenfalls eine Erhebung – mit Ergebnissen voraussichtlich noch dieses Jahr – geplant.

Den Bericht befürwortete Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP) und sah Vertiefungsbedarf für die medizinischen Auswirkungen von Gewalt an Frauen.

Den Schwachpunkt der Datenlage kritisierte Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) und befürwortete die weitere Diskussion des Berichts im Rahmen eines Hearings.

Der Bericht komme inhaltlich nicht über die "grüne Ideologie" hinaus und widme sich nicht wichtigen Themen, kritisierte Gerald Hauser (FPÖ). So finde sich etwa kein Wort über das "Covid-Desaster" im Bericht, obwohl Frauen besonders von Nebenwirkungen der "Covid-Spritze" betroffen seien. Die Aussagen von Hauser kritisierte unter Beifall der anderen Fraktionen Katharina Werner (NEOS) in Folge als eine "Demütigung von jeder Frau" – ebenso wie Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP), die von einer "unglaublichen und sinnbefreiten Ideologie der FPÖ" sprach.

Nach wie vor sei der Blick auf den Körper männlich geprägt, meinte Meri Disoski (Grüne). Der Frauengesundheitsbericht sei wichtig, da er den Handlungsbedarf, wie das höhere Risiko für Armut und "Mental Load" aufzeige. Aufgrund der "verkrusteten" traditionellen Rollenbilder hierzulande gelte es, Strukturen, die Frauen unterstützen, auszubauen. Ebenso bemängelte Disoski die "desaströse" Versorgung für Schwangerschaftsabbrüche in mehreren Bundesländern. (Fortsetzung Gesundheitsausschuss) pst