Parlamentskorrespondenz Nr. 695 vom 20.06.2023

Neu im Petitionsausschuss

Weltkulturerbe, Elementarpädagogik, Psychotherapie auf Krankenschein, Schwangerschaftsverlust

Wien (PK) – Der Petitionsausschuss des Nationalrats wird sich unter anderem mit Bürger:innenanliegen zum Neusiedler See, zum Ausbau der Kinderbildungseinrichtungen und zur sozialen Absicherung von Künstler:innen, mit veganen Produkten, Kassenplätzen für Psychotherapie sowie den gesetzlichen Rahmenbedingungen von Schwangerschaftsverlusten beschäftigen.

Erhalt des Neusiedler Sees als Weltkulturerbe

Angesichts des niedrigen Wasserstands des Neusiedler Sees wendet sich FPÖ-Mandatar Christian Ries mit einer Petition zum Schutz des Kultur- und Welterbes an die Bundesregierung (119/PET). Sie möge demnach (in Zusammenarbeit mit Ungarn) rechtliche, wissenschaftliche und technische Verwaltungs- und Finanzmaßnahmen für den erforderlichen Erhalt sowie für die Revitalisierung des Sees treffen. Die Region Fertö-Neusiedler See wurde im Jahr 2001 als transnationale Einschreibung in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen. Rund zwei Drittel der Fläche gehören zu Österreich, ein Drittel liegt auf ungarischem Staatsgebiet. Bei der Austrocknung des Sees untätig zu bleiben, würde aus der Sicht des FPÖ-Abgeordneten eine Vertragsverletzung des UNESCO-Übereinkommens darstellen, weshalb er die Republik dazu verpflichtet sieht, den Schutz und Erhalt des Sees sowie dessen Weitergabe an künftige Generationen sicherzustellen.

Weiterbestehen der sozialwissenschaftlichen WU-Bibliothek

Für den Erhalt der sozialwissenschaftlichen Bibliothek an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU) setzt sich SPÖ-Mandatarin Katharina Kucharowits mit einer Petition ein (120/PET). Geplant sei, die sozialwissenschaftliche Bibliothek in einen Hörsaal bzw. einen Veranstaltungsraum umzubauen und den Bestand in die WU-Hauptbibliothek einzugliedern. Die Petitions-Unterzeichner:innen gehen wegen des konzentrierten Zugangs zu relevanter sozialwissenschaftlicher Literatur von einem Verlust eines zentralen Orts der Wissensvermittlung aus und kritisieren, dass sechzig Lernplätze, fünf Computerarbeitsplätze und drei Projekträume abhanden kämen. Der Bau eines weiteren Hörsaals würde nicht im Einklang mit einer zukunftsorientierten nachhaltigen Universitätsplanung stehen, meinen sie.

Ausbau der Kinderbildungseinrichtungen

Petra Wimmer und Andreas Kollross (beide SPÖ) fordern mit einer Petition höhere Mittel aus dem Finanzausgleich für die Länder und Gemeinden, um den Rechtsanspruch auf Kinderbildung ab dem 1. Lebensjahr umsetzen zu können (121/PET). Aufgrund der gestiegenen Energie- und Lohnkosten könnten sie derzeit nicht in große Projekte investieren. Bei der Erstellung des Budgetvorschlags für 2023 sei die aktuelle Höhe der Inflationsraute noch nicht absehbar gewesen, argumentieren die SPÖ-Abgeordneten. Der Ausbau der Kinderbildungseinrichtungen sei aber für die Familien, die Wirtschaft, die Länder und Gemeinden von essentieller Bedeutung.

Keine Beschränkungen für pflanzliche Alternativprodukte

Eine pflanzenbasierte Ernährung sei einer der wichtigsten individuellen Beiträge, den Konsument:innen zum Klimaschutz leisten können, meinen die Grünen-Mandatarinnen Ulrike Fischer und Faika El-Nagashi und kritisieren in diesem Zusammenhang die Auflagen hinsichtlich der Bezeichnungen für pflanzliche Fisch-, Fleisch- und Milchprodukte. Mit einer Petition wollen sie diesen Beschränkungen entgegenwirken (122/PET). Pflanzenmilch etwa sei eine der am stärksten eingeschränkten Lebensmittelkategorien in der EU. So dürfe die umgangssprachlich weitgehend als Hafermilch bezeichnete Milchalterative aus Hafer beispielsweise nur als Haferdrink angeboten werden. Im Sinne der Petition sollte es zu keinen derartigen Benachteiligungen und Ungleichbehandlungen bei pflanzlichen Produktalternativen kommen.

Psychotherapie auf Krankenschein

Jede Österreicherin und jeder Österreicher sollte schnell und kostenfrei die Möglichkeit zur Psychotherapie erhalten, sobald sie benötigt wird, so das Anliegen einer von den NEOS-Abgeordneten Fiona Fiedler und Yannick Shetty unterstützten Petition (123/PET). Eine gebrochene Seele schmerze ebenso wie ein gebrochener Arm und ein Drittel der Frühpensionen sei auf psychische Ursachen zurückzuführen, heißt es darin. Vollfinanzierte Kassenplätze seien rar und die Wartelisten lang, deshalb gelte es, Rahmenverträge mit Psychotherapeut:innen für die vollständige Kostenübernahme abzuschließen, meinen die Unterstützer:innen.

Soziale Absicherung von Künstler:innen

SPÖ-Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek regt angesichts der hohen Anzahl an atypisch Beschäftigten im Kunst- und Kulturbereich Anpassungen im Sozialversicherungssystem an, um die soziale Absicherung von Künstler:innen und Kulturarbeiter:innen zu garantieren und sie vor Altersarmut zu schützen (124/PET). Gefordert wird mit der Petition - die auf einem Positionspapier einer "solidarischen Arbeitsgemeinschaft" Betroffener basiert - die Einrichtung einer Arbeitsgruppe und die Erarbeitung eines Maßnahmenkatalogs zur Einbindung der Arbeitnehmer:innen in alle Teile der Pflichtversicherung und für einen leichteren Zugang zur Arbeitslosenversicherung. Selbstständige in diesem Bereich sollten nicht mit Unternehmen gleichgesetzt und als "Solo-Selbstständige" bezeichnet werden. Sie sollten ab dem 4. Tag Krankengeld bekommen können, da krankheitsbedingte Ausfälle zu einem hundertprozentigem Einkommensverlust und einer Existenzbedrohung führen würden, meinen die Unterstützer:innen. Zu den Vorschlägen zählt auch die Einrichtung einer mehrsprachigen Ombudsstelle für Kunst und Kultur bei der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen.

Absicherung bei Fahrschulschließungen

Von den SPÖ-Mandataren Andreas Kollross und Alois Stöger wird die Novellierung des Kraftfahrgesetzes angeregt, um Fahrschüler:innen vor Geldverlusten bei Fahrschulschließungen zu bewahren (125/PET). Wenn Fahrschulen wegen behördlicher Schließung oder Insolvenz ihren Betrieb einstellen müssen, würden die Kund:innen in der Regel trotzdem die gesamten Kosten des Führerscheins tragen müssen, zeigen sie anhand aktueller Fälle auf. Die Kosten, die zumeist zur Gänze im Voraus bezahlt werden müssen, betragen für einen B-Führerschein aktuell rund 2.000 €. Die meisten Fahrschüler:innen sind junge Menschen.

Elektrifizierung der Görtschitztalbahn

Für eine Petition zur Bahninfrastruktur in der Region Görtschitztal (Kärnten) setzt sich Klaus Köchl (SPÖ) ein (126/PET). Es geht um die Etablierung einer Teststrecke für Hybridloks zwischen Launsdorf-Hochosterwitz und Klein St. Paul und die entsprechende finanzielle Deckung im ÖBB-Rahmenplan. Die Region würde sich für die Erprobung eines mit Wasserstoff betriebenen Zugs eignen, wird der Vorschlag als "klimafitter" Beitrag gewertet. Schulen und Orte könnten so für die etwa 10.000 Einwohner flexibler verbunden werden als durch die derzeitigen Busverbindungen, heißt es.

Einfrieren von Eizellen zur Familienplanung

Um Frauen das Einfrieren ihrer Eizellen zur Familienplanung auch ohne medizinische Indikation – auf eigene Kosten – zu ermöglichen, wird mit einer Bürgerinitiative zur Novelle des Fortpflanzungsmedizingesetzes aufgerufen (57/BI). Derzeit ist dies nur aus medizinisch indizierten Gründen erlaubt. Aufgrund des steigenden Erstgebährendenalters und der "sinkenden Fruchtbarkeit" wird argumentiert, dass durch das sogenannte "Social Egg Freezing" Eizellenqualität auch im fortschreitenden Alter gewährleistet werden könne. Dabei gehe es nicht nur um Gleichberechtigung und Chancengleichheit sondern auch um die gesellschaftliche Zukunft zur Erhaltung des Wohlstands. Außerdem wird gefordert, auch alleinstehenden Frauen eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung zu ermöglichen, was nach gültiger Gesetzeslage nur Eheleuten bzw. eingetragenen Partnerschaften oder Lebensgemeinschaften vorbehalten ist. Dieses klassische Familienmodell entspreche nicht mehr dem Gesellschaftsbild.

Nachtschwerarbeitsgesetz für den Rettungsdienst

Für die (Notfall-)Sanitäter:innen der Rettungsorganisationen sollte das Nachtschwerarbeitsgesetz (NSchG) zur Anwendung kommen, meinen die Unterstützer:innen einer Bürgerinitiative zur Zukunft des Rettungsdienstes (58/BI). Konkret vorgeschlagen wird, dass ihnen die selbe Sonderstellung zukommt, wie es das Gesetz für Feuerwehrmitarbeiter:innen in Bezug auf die erschwerten Einsatzbedingungen vorsieht. In die zwölfstündigen Nachtdienste der Sanitäter:innen würden größtenteils Akuteinsätze fallen.

Gesetzliche Änderungen hinsichtlich Schwangerschaftsverlusten

Mit dem Titel "Mut zeigen" macht sich eine Initiative für Frauen stark, die einen Schwangerschaftsverlust unter 500 Gramm Geburtsgewicht – eine Fehlgeburt – erlitten haben. Gefordert wird eine Verbesserung der gesetzlichen Regelungen, sodass dafür künftig die Mutterschutzbestimmungen Anwendung finden (59/BI). Aus Sicht der Unterstützer:innen sei der Begriff "Fehlgeburt" nicht zeitgemäß und sollte in Gesetzestexten durch den Begriff "Schwangerschaftsverlust" abgeändert werden. Es sei wichtig, die physischen und psychologischen Aspekte ernst zu nehmen und den Betroffenen die notwendige Unterstützung zukommen zu lassen, meinen sie. Daher sollte es die Möglichkeit der vorübergehenden Freistellung der Eltern, eine Betreuung durch Hebammen und Psycholog:innen, einen Bestattungskostenbeitrag sowie eine Sensibilisierungskampagne geben. (Schluss) fan