Parlamentskorrespondenz Nr. 726 vom 22.06.2023

Tourismusausschuss: Breite Themenpalette an Oppositionsanträgen vertagt

Debatte über Nachhaltigkeit, Beschäftigung, Beherbergungsformen, Betriebsübergaben, Förderungsvergaben, Privatzimmervermietung

Wien (PK) – Eine thematisch breite Palette an Oppositionsanträgen wurde heute im Tourismusausschuss aus unterschiedlichen Gründen mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt. Die Oppositionsforderungen reichen von Nachhaltigkeit über Beschäftigung und Beherbergungsformen hin zu Betriebsübergaben, Förderungsvergaben sowie Privatzimmervermietung.

FPÖ will Beschäftigung von Pensionist:innen attraktivieren

Um den Arbeitskräftemangel im Tourismus zu bekämpfen, will die FPÖ die Beschäftigung von Pensionist:innen attraktivieren (3416/A(E)). Konkret brauche es dazu in Branchen mit derzeit hohem Arbeitskräftemangel - wie etwa dem Tourismus - eine Befreiung von der Abgabe von Sozialversicherungsbeiträgen auf Zuverdienste für Pensionist:innen und für deren Arbeitgeber:innen. Man vergesse bisher auf das wachsende Potenzial einer aktiven Generation 60 plus, die trotz Pensionsantritts noch einen gewissen Teil ihres Zeitbudgets für die Ausübung einer Beschäftigung einsetzen wolle, so die FPÖ. Zugleich würden in der heimischen Tourismuswirtschaft derzeit rund 30.000 Arbeitskräfte fehlen. Neben anderen Maßnahmen zur generellen Attraktivierung der Beschäftigung im Tourismus brauche es daher dringend finanzielle Anreize für Menschen, die bereit sind, gerade in der Tourismusbranche nach dem Pensionsantritt weiterzuarbeiten und ihre Expertise und Erfahrung weiterhin einzubringen.

Die Debatte stieß Ausschussvorsitzender Gerald Hauser (FPÖ) bereits zuvor im Rahmen der Diskussion über den Tourismusbericht an. Man müsse diese Menschen arbeiten lassen und ihnen eine Entlastung über die Sozialversicherungsbeiträge geben, so Hauser. Tourismusstaatssekretärin Susanne Kraus-Winkler räumte ein, dass das auch eine Forderung der Branche an sich sei. Ein Ergebnis sei aber noch offen. Als einer der Experten, die an der Tourismusbericht-Debatte teilgenommen hatten, meinte Thomas Reisenzahn von der Prodinger Tourismusberatung, es gebe durchaus Mitarbeiter:innen, die in der Pension noch gerne arbeiten würden, aber zu hoch besteuert würden.

Für wenig sinnvoll erachtet Barbara Neßler (Grüne) den Vorschlag, zumal aus ihrer Sicht ältere Menschen nicht genau diese Branche wählen würden. Ablehnend zeigte sich auch Michael Seemayer von der SPÖ. Die Differenzierung zwischen Jung und Alt halte er nicht für den richtigen Weg. Außerdem sei es auch jetzt schon möglich, in der Pension zusätzlich zu arbeiten.

NEOS für Maßnahmenpaket zur Erleichterung von Betriebsübergaben

Von "zehn Jahren großer Versprechen" der Bundesregierungen sei nicht mehr als eine Ankündigung eines neuen Leitfadens geblieben, kritisieren die NEOS zum Thema Betriebsübergaben (3389/A(E)). Informationskampagnen alleine würden aber nicht ausreichen. Daher fordern die NEOS ein Maßnahmenpaket mit konkreten Gesetzesänderungen bis Herbst 2023, mit dem Betriebsübergaben erleichtert werden sollen. Jährlich würden zwischen 6.000 und 7.000 Unternehmensübernahmen in Österreich erwartet, so der Entschließungsantrag. Typische Probleme im Zusammenhang mit Unternehmensübergaben seien die Finanzierung und die Bestellung von Sicherheiten. Weiters würden solche Vorhaben durch eine überbordende Bürokratie erschwert. Auch die Wirtschaftskammern würden ihre Mitglieder trotz "Rekordeinnahmen" im "Regen stehen" lassen, anstatt mehr individuelle Beratungsangebote für Betriebe zur Verfügung zu stellen, so die Kritik.

Staatssekretärin Kraus-Winkler hatte in der Debatte zum Tourismusbericht gegenüber Rebecca Kirchbaumer (ÖVP) zuvor eingeräumt, dass zum Thema Betriebsübernahmen der Istzustand ermittelt wurde und nunmehr ein Leitfaden mit einer "Übergabelandkarte" erarbeitet werde. Thomas Reisenzahn hatte darauf verwiesen, dass Substanzbesteuerungen auf Immobilien ein "heftiges Thema" für Tourismusbetriebe sei. Selbige anzudenken wäre aus seiner Sicht "der Todesstoß für den österreichischen Tourismus".

SPÖ: Fördervergabe soll an Existenz eines Betriebsrats gekoppelt werden

In einer Initiative sprechen sich die Sozialdemokrat:innen dafür aus, dass Förderungen der öffentlichen Hand nur mehr für Tourismusbetriebe unter der Auflage der Existenz eines Betriebsrats gemäß dem Arbeitsverfassungsgesetz gewährt werden sollen. Denn trotz der gesetzlichen Regelung und der Bemühungen der fachspezifischen Gewerkschaften seien die Interessenvertretungen der Arbeitnehmer:innen immer noch mit Kündigungen aufgrund von Betriebsratsgründungen konfrontiert. Die Vorgangsweise der "schwarzen Schafe der Tourismusbranche" – wie laut Antragstellerin Melanie Erasim aktuell in zwei Salzburger Hotels geschehen - schade dem gesamten Sektor und schüchtere Arbeitnehmer:innen ein, weshalb Betriebe, die dem Arbeitsrecht "skeptisch bzw. kreativ" gegenüberstünden nicht von der öffentlichen Hand gefördert werden dürften (3472/A(E)). Mittlerweile seien beide Kündigungen vom Arbeitsgericht aufgehoben worden, daher gelte es das Thema auf den Tisch zu bringen, wie man solche Missstände in Zukunft vermeiden könne, meinte Melanie Erasim (SPÖ).

Barbara Neßler (Grüne), die den Antrag für "unausgegoren" hält, sowie Gertraud Salzmann (ÖVP) sprachen sich für die Vertagung aus. Sie halte es nicht für sinnvoll, etwa im Hinblick auf die Vielzahl an Familienbetrieben im Tourismus Förderungen an eine Betriebsratsgründung zu binden, so Salzmann.

SPÖ: Nachhaltigkeit im Tourismus

Angesichts des Klimawandels sieht die SPÖ einen Bedarf an neuen Geschäftsmodellen für niedrig gelegene Schigebiete (2780/A(E)). Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler wird aufgefordert, in Zusammenarbeit mit den Ländern und Gemeinden eine nachhaltige Entwicklungsstrategie vorzulegen. Melanie Erasim (SPÖ) sah diese Forderung aus der Debatte über den Tourismusbericht bestätigt, wonach es in tiefer gelegenen Destinationen in Österreich schon zu Einbrüchen gekommen sei. Joachim Schnabel (ÖVP) verwies auf die Länderkompetenz und meinte zudem, es gebe bereits ein Projekt zu Nachhaltigkeit im Tourismus, das es gelte, abzuwarten.

SPÖ: Studie zu neuen Beherbergungsformen

Die durch die COVID-19-Pandemie beschleunigten Veränderungen der Erholungsbedürfnisse und des Freizeitverhaltens stelle die Beherbergungsbranche vor nicht unerhebliche Herausforderungen, heißt es in einem weiteren Entschließungsantrag der SPÖ (3471/A(E)). So würden Tourismusexpert:innen davon ausgehen, dass alternative Beherbergungsformen wie Serviced Apartments, Chalets und Airbnb-Angebote sowie naturnahe Beherbergungsangebote, an Bedeutung gewinnen würden. Es brauche daher ganzheitliche Konzepte, die auch die Bereiche Wohnungspolitik und Gesundheitsversorgung beinhalten müssten. Geht es nach der SPÖ, soll eine Studie über die Auswirkungen neuer Beherbergungsformen auf alle Bereiche der Gesellschaft erste Erkenntnisse für politische Maßnahmenvorschläge bis Ende 2023 liefern. Der Bund sei gefordert, seiner Lenkungsaufgabe gerecht zu werden, bekräftigte Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ). Johann Weber (ÖVP) wandte demgegenüber ein, dass derzeit ein Diskussionsprozess zu den Veränderungen laufe und ein rechtliches Gutachten in Auftrag gegeben worden sei. Diese Punkte gelte es, abzuwarten.

FPÖ gegen "Bettenburgen" und für Erhalt bestehender Beherbergungsbetriebe

Die FPÖ setzt sich außerdem für den Erhalt bestehender Beherbergungsbetriebe und gegen "Bettenburgen" ein (3417/A(E)). Konkret fordert sie, künftig die Voraussetzungen für die Beantragung von Bundesförderungen für die Neuerrichtung von Beherbergungsbetrieben mit einer Obergrenze von 60 Zimmern bzw. 120 Betten zu limitieren. Nicht zuletzt im Sinne der heimischen Betriebe brauche es Maßnahmen, um sicherzustellen, dass touristische Großprojekte und Investoren-Modelle zur Neuerrichtung von Apartments oder Chalets jedenfalls dann keine Bundesförderungen erhalten können, wenn die Schaffung zusätzlicher Freizeitwohnsitze nicht ausgeschlossen werden kann. Außerdem müsse ein auf die regionalen Gegebenheiten abgestimmter Maßnahmenkatalog zur Verbesserung der Ganzjahresauslastung ausgearbeitet werden, bekräftigte Ausschussvorsitzender Gerald Hauser (FPÖ) die Forderung.

Der Experte Thomas Reisenzahn hatte in der Debatte zuvor erläutert, dass es aufgrund der "Zinswende" derzeit keine neuen Projekte gebe und sich das Thema daher von alleine regulieren werde. Auch wenn die Sorge um die Auslastung und den Druck durch andere Nutzungen alle eine, sind aus Sicht von Astrid Rössler (Grüne) die Regelungen bereits verschärft worden. Es gebe jedenfalls keine solche Förderung für Freizeitwohnsitze.

FPÖ fordert Maßnahmenpaket für Privatzimmer-Vermieter:innen

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Privatzimmervermietung und für "Urlaub am Bauernhof" seien teilweise überholt, nicht mehr praxisgerecht und bedürfen einer dringenden Anpassung, argumentiert FPÖ-Abgeordneter Gerald Hauser (2888/A(E)). Konkret wird die Ausweitung des Anwendungsbereichs der derzeitigen Privatzimmervermietung auf Ferienwohnungen, die Erhöhung der Anzahl der Gästebetten (auf 15) sowie eine klare gesetzliche Definition hinsichtlich Service- und Zusatzleistungen in Bezug auf die Gewerbeordnung gefordert.

Hauser wies im Ausschuss darauf hin, dass der Antrag schon mehrfach auf die Tagesordnung gesetzt wurde und erkundigte sich nach dem Stand der eingeleiteten Prozesse. Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler meinte dazu, das Warten auf ein Gutachten sollte bald beendet sein. Parallel würden intensive Verhandlungen mit der Wirtschaftskammer geführt, um in absehbarer Zeit ein Paket vorlegen zu können. Franz Hörl (ÖVP) wies darauf hin, dass die Angelegenheit sehr komplex sei. Er sei aber guten Mutes, dass eine Lösung gefunden werden kann. (Fortsetzung Tourismusausschuss) mbu


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