Parlamentskorrespondenz Nr. 729 vom 23.06.2023

Verteidigungsministerium nimmt Stellung zum Jahresbericht der Parlamentarischen Bundesheerkommission 2021

Beschwerdeaufkommen im Vergleich zum Vorjahr halbiert; Personalsituation in vielen Bereichen größte Herausforderung

Wien (PK) – Die Parlamentarische Bundesheerkommission (PBHK) als demokratisch legitimiertes Kontrollorgan des Nationalrats leitete im Jahr 2021 insgesamt 294 Beschwerdeverfahren ein, was einer Halbierung des Beschwerdeaufkommens im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Dies geht aus dem Jahresbericht 2021 der PBHK hervor, zu dem nun auch eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Landesverteidigung (BMLV) vorliegt (III-918 d.B.).

Die Beschwerdegründe bezogen sich laut Bericht im Wesentlichen auf Angelegenheiten des Ausbildungs- und Dienstbetriebes sowie auf Ausrüstungs- und Unterbringungsmängel. Die Halbierung des Aufkommens lasse sich insbesondere darauf zurückführen, dass die im Rahmen des COVID-19-Assistenzeinsatzes seit März 2020 aufgetretenen Problematiken, betreffend die Einsatzbesoldung und die Dienst- bzw. Freizeitregelungen, einer für die Soldat:innen zufriedenstellenden Lösung zugeführt werden konnten.

Beschwerdemanagement des BMLV

Die von der PBHK angeführten Beschwerden werden laut Stellungnahme des BMLV regelmäßig im Rahmen eines ressortinternen Beschwerdemanagements überprüft und nach eingehenden Analysen erforderlichenfalls einer Lösung zugeführt. Dies ermögliche auch die Identifizierung von Systemmängeln und deren Behebung.

Als Beispiele für die behandelten Beschwerdefälle nennt der Bericht der PBHK unangebrachte Ausdrucksweisen etwa im Rahmen des Exerzierdienstes oder truppenärztlicher Behandlungen. Das BMLV verweist auf "eindringliche Belehrungen" der Verantwortlichen und die Auswertung von Feedbackfragebögen der Grundwehdienerbefragung, um allfällige Veränderungen der Umgangsweisen im betreffenden Bereich frühzeitig erkennen zu können. Aufgezeigte Defizite bei der Unterbringung seien durch die Bereitstellung weiterer Unterkünfte und die Instandsetzung defekter Sanitäranlagen behoben worden.

Im Bereich Disziplinar- und Strafrechtsangelegenheiten wird der medial kommunizierte Fall einer entgegen der Befehlslage und der COVID-19-Beschränkungen stattgefundenen Feier von Soldat:innen in einer Kaserne angeführt. Videoaufnahmen davon, auf denen zwei Soldaten sexuelle Handlungen andeuteten, wurden ins Internet gestellt, worauf die Einleitung der erforderlichen Disziplinarverfahren folgte. Ein beteiligter Soldat habe einige Tage später in seiner Freizeit Suizid begangen.

Die PBHK regte an, die Medienkompetenz von Soldat:innen zu stärken. Das BMLV verweist in seiner Stellungnahme auf die Bereitstellung von Informationsmaterial zum sicheren Umgang in sozialen Netzwerken und deren Umsetzung mittels eigener Befehle. Zudem werde das Thema in der Basisausbildung mittels Lernprogrammen behandelt. Weitere Beschwerden betrafen organisatorische Mängel, dienstliche Maßnahmen und die militärärztliche Betreuung.

Prüfbesuche der PBHK

Zum Aufgabenbereich der PBHK zählt auch die Durchführung von Prüfbesuchen. Einen solchen stattete sie an der Heereslogistikschule in der Vega-Payer-Weyprecht Kaserne zur Überprüfung der Verpflegung im Bundesheer ab. Im Zentrum standen dabei die Verpflegungssysteme Cook & Chill (Zubereitung einige Tage vor Verzehr – Schockkühlung – Kaltauslieferung an Finalisierungsküche – Wiedererhitzen – Verzehr), Cook Hold & Serve (Zubereitung am Tag des Verzehrs – Warmhalten – Verzehr), die Truppenküchen, die Finalisierungsküchen sowie die Bekömmlichkeit und Qualität der Speisen.

Dazu hält das BMLV fest, dass die 2007 angeordnete flächendeckende Ausrollung des Systems Cook & Chill, mit dem Ziel das gesamte Bundesgebiet mit sieben Regionalküchen zu versorgen, noch einige Jahre in Anspruch nehmen werde. Dieses System garantiere eine hohe Flexibilität, geringe laufende Betriebskosten und sei auch aus ernährungsphysiologischer Sicht gut geeignet. Derzeit sei es dem Bundesheer damit möglich, die Truppe sieben Tage lang autark zu versorgen, wobei sich die Zielsetzung auf 14 Tage beläuft. Zur Verbesserung der Bekömmlichkeit und Verringerung von Unverträglichkeiten setzt das BMLV auf die Reduktion des Einsatzes hochverarbeiteter Convenience-Produkte, eine fettärmere Zubereitung und die Erhöhung des Anteils pflanzlicher Eiweißquellen.

Angesichts einer angespannten Personalsituation im Verpflegungsbereich sieht das BMLV Entlastungspotenzial in der Automatisierung von Prozessen. Zur Prüfung dieser Möglichkeiten sei im Zuge der Errichtung der Regionalküche in Salzburg das Pilotprojekt "Digitale Küche" angeordnet worden. Außerdem werde derzeit an einem automatisierten Monitoringsystem zur Reduzierung von Lebensmittelabfällen und an verschiedenen interministerielle Projekten zur versorgungsmäßigen Autarkie sowie zur regionalen und saisonalen Lebensmittelbeschaffung mitgearbeitet, wie das BMLV ausführt.

Der Befund der PBHK nach einem Prüfbesuch bei der Heeresunteroffiziersakademie (HUAK) fällt etwa bezüglich Abläufen, Planbarkeit der Ausbildungszeit und dem Zulauf zur Unteroffiziersausbildung von Berufssoldat:innen überwiegend positiv aus. Der Anteil bei der Ausbildung zum Miliz-Unteroffizier sei jedoch unterdurchschnittlich und decke nur 20 % des Bedarfs ab. Die zivile Anerkennung der Ausbildungsabschnitte könne zur Attraktivierung beitragen. Das BMLV verweist auf bereits bestehende Zertifizierungsmöglichkeiten des WIFI Oberöstereich und der TÜV-Austria-Akademie. Darüber hinaus seien Sondierungsgespräche mit der Wirtschaftskammer Österreich über den Ausbau dieser Möglichkeiten geführt worden.

Weitere Prüfbesuche betrafen die Theresianische Militärakademie, bei der die überwiegende Mehrheit der zwischen 2017 und Juni 2021 eingegangen Beschwerden keine Bestätigung fand, den sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsatz/Migration im Südburgenland, bei dem die PBHK keine Mängel feststellte, und das Jagdkommando in Wiener Neustadt, wo die Personalgewinnung die größte Herausforderung darstelle.

Miliz

Bezüglich der Miliz gelte es laut PBHK, die Rahmenbedingungen zu optimieren. Kernpunkte dabei seien die Verbesserung der Personalgewinnung, der Ausstattung und des Milizservices sowie die konsequente Abbildung der Fachstrukturen Miliz auf allen Führungsebenen und die Anpassung der Planstellenwertigkeiten.

Die im Oktober 2020 eingeführte modulartige Milizunteroffiziersausbildung soll den Zulauf für notwendiges Personal auch bei Seiten- oder Wiedereinstieg erleichtern, hält das BMLV in seiner Stellungnahme fest. Beschaffungen für die Miliz würden konsequent weitergeführt, um die Ausrüstung der Verbände weiter voranzutreiben. Im Realisierungsprogramm 2021-2024 seien weitere Beschaffungen unter anderem von Fahrzeugen, Schutzausrüstung, Funk- und Nachtsichtgeräten vorgesehen und im Juli 2020 sei ein Sonderinvestitionspaket in der Höhe von 200 Mio. € präsentiert worden, mit dem vier Jägerbataillone (JgB) voll ausgestattet werden sollen. Im Mai 2021 seien 35 von 178 beschafften geländegängigen LKW an der Miliz JgB übergeben worden. Das BMLV bekennt sich zur weiteren Stärkung der Miliz.

Weiters hielt die PBHK sozialrechtliche Nachteile der Milizangehörigen beim Frühstarterbonus, beim Ausgleichszulagenbonus bzw. Pensionsbonus bei geringer Pension und bei Kinderbetreuungsgeld und Familienzeitbonus fest. Diese ergäben sich daraus, dass die Zeiten eines Präsenz- oder Ausbildungsdienste nicht bzw. nur in geringem Maße angerechnet würden. Dazu bemerkt das BMLV, dass die betreffenden Gesetzesmaterien nicht in seinen Zuständigkeitsbereich falle, sondern in jenen des Sozial- bzw. Arbeitsministeriums. Das BMLV setze sich bei diesen Ressorts etwa mittels Novellierungsersuchen für die Behebung der Nachteile ein. (Schluss) wit