Parlamentskorrespondenz Nr. 802 vom 06.07.2023

Nationalrat befürwortet Novelle des Freiwilligengesetzes

Freiwilliges Engagement wird künftig stärker gefördert - nächster Schritt soll Erweiterung der Spendenabsetzbarkeit sein

Wien (PK) – Freiwilliges Engagement soll stärker gefördert werden. Eine entsprechende Novelle zum Freiwilligengesetz hat heute den Nationalrat passiert. Unter anderem soll das Freiwillige Sozialjahr (FSJ) und das Freiwillige Umweltschutzjahr (FUJ) aufgewertet und eine Service- und Kompetenzstelle für freiwilliges Engagement eingerichtet werden. Zudem sollen die Budgetmittel für den Gedenkdienst bzw. den Friedens- und Sozialdienst im Ausland deutlich aufgestockt werden. Als weiteren wichtigen Schritt werteten ÖVP und Grüne die im Ministerrat beschlossene Erweiterung der Spendenabsetzbarkeit. Die SPÖ befürwortete die Novelle, forderte aber weitere Maßnahmen und bemängelte die kurze Begutachtungszeit. Keine Zustimmung gab es von den Freiheitlichen, da es vielmehr einen besseren Versicherungsschutz für die Freiwilligen brauche. Aufgrund der Streichung des freiwilligen Integrationsjahres stimmten die NEOS der Novelle nicht vollinhaltlich zu.

Höheres Taschengeld für Teilnehmer:innen am Freiwilligen Sozialjahr

Mit der von der Regierung vorgeschlagenen Novelle zum Freiwilligengesetz sollen Akzente zur Förderung ehrenamtlichen Engagements getroffen werden. Konkret wird unter anderem eine Erhöhung des Taschengelds für Jugendliche im Freiwilligen Sozialjahr und im Freiwilligen Umweltschutzjahr festgeschrieben. Die Untergrenze wird demnach künftig von aktuell 50 % auf 75 % der ASVG-Geringfügigkeitsgrenze angehoben. Zusätzlich will das Sozialministerium Förderungen bereitstellen, um Trägerorganisationen zu animieren, die volle Geringfügigkeitsgrenze zu zahlen. Das stellt wie auch schon bisher die Obergrenze für das Taschengeld dar. Zudem werden Teilnehmer:innen am Freiwilligenjahr bei Bedarf künftig ein Klimaticket bekommen. Deutlich aufgestockt werden auch die Fördermittel zur Unterstützung des Gedenk-, Friedens- und Sozialdienstes im Ausland. Statt derzeit mit 1,2 Mio. € wird der Bund diese künftig mit bis zu 3 Mio. € unterstützen. Zudem darf der Auslandsdienst künftig im Falle von Katastrophen oder anderen außerordentlichen Notständen im Inland fortgesetzt werden.

Dauerhaft eingerichtet und ausgebaut wird die im Zuge eines Pilotprojekts entwickelte Service- und Kompetenzstelle für freiwilliges Engagement. Diese soll über eine Online-Plattform Organisationen und Freiwilligen umfassende Beratungs-, Service-, Vernetzungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten anbieten. Außerdem will der Bund regionale Freiwilligenzentren sowie den "Anerkennungsfonds für Freiwilliges Engagement" unterstützen. Beim Freiwilligenrat werden Anpassungen unter anderem bei dessen Aufgaben sowie bei der Funktionsperiode und der Bestellung von Mitgliedern vorgenommen. Änderungen sind auch beim Österreichischen Freiwilligenpass vorgesehen: Er soll künftig als zentraler österreichischer Nachweis für freiwilliges und ehrenamtliches Engagement dienen.

Rauch: Wesentlicher Schritt in der Anerkennung der Freiwilligenarbeit

Die Novellierung des Freiwilligengesetzes sei ein wesentlicher Schritt in der Anerkennung der Freiwilligenarbeit, betonte Sozialminister Johannes Rauch. Da diese kein "Selbstläufer" sei, habe man sich zu einer Evaluierung entschieden und auf dieser Basis würden nun die Rahmenbedingungen optimiert. Die Aufwertung der Freiwilligendienste sei unter anderem deswegen wichtig, weil sich aus diesen viel Nachwuchs für die Sozialberufe rekrutiere. Mit dem Staatspreis wolle man als Zeichen und Signal der Wertschätzung Freiwillige vor den Vorhang holen.

Plakolm: Ehrenamt macht vieles in Gesellschaft möglich

Das Ehrenamt sei der Antrieb, der vieles in der Gesellschaft möglich mache, erklärte die für das Freiwilligenwesen zuständige Staatssekretärin Claudia Plakolm. Die Einrichtung der bundesweiten Servicestelle sei angesichts der immer komplexer werdenden rechtlichen Fragen ein wichtiger Schritt. In einem nächsten Schritt werde die Spendenabsetzbarkeit ausgeweitet und vereinfacht. Wer an Organisationen spendet, profitiere damit doppelt. Einerseits würden die Vereine und das "Zusammenleben vor der Haustüre" gestärkt und andererseits würden die Spender:innen beim Steuerausgleich profitieren.

ÖVP: Erweiterung Spendenabsetzbarkeit nächster wichtiger Schritt

Die Verbesserung der Rahmenbedingungen sei ein Zeichen und Signal der Wertschätzung gegenüber den 3,7 Mio. ehrenamtlichen Menschen in Österreich, freute sich ÖVP-Freiwilligensprecher Andreas Hanger. Als weiteren Schritt der Wertschätzung werde nun die Spendenabsetzbarkeit erweitert und eine Überarbeitung des Zweckzuschussgesetzes sei in Diskussion.

Österreich sei ein Land der Freiwilligen, ohne deren Engagement vieles nicht möglich wäre, betonte Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP). Die Freiwilligendienste würden jungen Menschen die Möglichkeit bieten, in den sozialen Bereich "hinein zu schnuppern" und ein soziales Gespür zu entwickeln.

Die Bundesregierung habe in den vergangenen, nicht einfachen Jahren, viele Vereine etwa mit dem NPO-Fonds unterstützt, erläuterte Michael Hammer (ÖVP). Mit dem Energiekostenzuschuss und der Erweiterung der Spendenabsetzbarkeit würden nun weitere wichtige Schritte gesetzt, um die finanziellen Sorgen der Organisationen abzumildern.

SPÖ: Klares Zeichen zur Förderung von Freiwilligen, aber weitere Maßnahmen notwendig

Mit dem Gesetz werde ein klares Zeichen zur Förderung von Freiwilligen gesetzt, begrüßte Elisabeth Feichtinger (SPÖ) die Gesetzesinitiative. Erfreut zeigte sie sich auch, dass Teilnehmer:innen am Freiwilligenjahr künftig ein Klimaticket erhalten. Wehrmutstropfen sei die zu kurze Begutachtungsfrist und dass Forderungen wie die Pensionsanrechnung, die Erweiterung des Versicherungsschutzes und die Valorisierung der Bundesmittel nicht berücksichtigt wurden, meinte Feichtinger.

Es sei wichtig, dass Freiwillige die besten Rahmenbedingungen erhalten, erklärte der neue SPÖ-Bereichssprecher für Freiwilligen- und Einsatzorganisationen Klaus Köchl. Um zu arbeiten müssten diese die Sicherheit haben, dass wenn sie etwas tun, sie dabei unterstützt würden. Zudem sprach sich Köchl für eine Anpassung der Bundesmittel an die Inflation aus.

FPÖ stimmt nicht zu und fordert besseren Versicherungsschutz

Solange das Gesetz für eine Handvoll Menschen "ganz viel" Verwaltung produziere und für Freiwilligenorganisationen nicht wirklich ein Versicherungsschutz geschaffen werde, werde seine Fraktion dem Gesetz nicht zustimmen, erklärte Maximilian Linder (FPÖ). Freiwillige würden eine Versicherung und nicht eine Beratung benötigen, kritisierte er.

Grüne: Ehrenamt für kommende Generationen absichern

Das Engagement der 3,7 Mio. Freiwilligen müsse gefördert und unterstützt werden, betonte der Grüne-Ehrenamtssprecher David Stögmüller. Beim Freiwilligengesetz sei man bewusst einen neuen Weg gegangen, habe die Organisationen bereits im Vorfeld eingebunden und auf dieser Basis das Gesetz gemeinsam entwickelt. Letztlich sei es gelungen, existierende Strukturen aufzuwerten und Akzente für kommende Generationen an Ehrenamtlichen zu schaffen.

NEOS: Kritik an Streichung des freiwilligen Integrationsjahres

Die Zustimmung seiner Fraktion zum Freiwilligengesetz signalisierte auch NEOS-Ehrenamtssprecher Yannick Shetty. Zur Untermauerung seiner seiner Kritik an der damit verbundenen Streichung des freiwilligen Integrationsjahres verlangte er eine getrennte Abstimmung. Anstelle der Abschaffung solle die Regierung – so wie im Regierungsprogramm verankert - sich der Idee des Intergrationsjahres annehmen, forderte Shetty. (Fortsetzung Nationalrat) pst

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