Parlamentskorrespondenz Nr. 856 vom 21.07.2023

Jahresbericht 2022 der Schienen-Control zeigt positive Entwicklung des österreichischen Eisenbahnmarktes 2022

Starker Wiederanstieg des Personenverkehrs, Güterverkehr blieb stabil

Wien (PK) – Nach dem deutlichen Rückgang des Verkehrs während der COVID-19-Pandemie zeigte sich 2022 beim Schienenpersonenverkehr ein neuerlicher Anstieg in allen Leistungsindikatoren, hält die Schienen-Control GmbH, die unabhängige Regulierungsbehörde für den Eisenbahnmarkt in Österreich, in ihrem aktuellen Jahresbericht fest. Laut dem von Verkehrsministerin Leonore Gewessler gemeinsam mit Maria-Theresia Röhsler, Geschäftsführerin der Schienen-Control GmbH, und Robert Streller, Vorsitzender der Schienen-Control Kommission, vorgelegten Jahresbericht (III-983 d.B. und III-825-BR/2023 d.B.) konnte damit an den erfreulichen Wachstumstrend der Jahre vor 2020 angeknüpft werden. Im Schienengüterverkehr setzte sich der Wachstumstrend zwar nicht fort, doch blieben Aufkommen und Verkehrsleistung weitgehend stabil, hält der Bericht fest.

Personenverkehr erholte sich 2022 deutlich

Ein kräftiger Zuwachs an Fahrgästen war 2022 im Schienenverkehr aufgrund des Auslaufens von Maßnahmen gegen die COVID-19-Pandemie und der Rückkehr zur Präsenz am Arbeitsplatz bzw. in der Schule zu verzeichnen. Das führte dazu, dass die zurückgelegten Personenkilometer um mehr als 50 % anstiegen. Der Bericht der Schienen-Control verweist auch auf die Ausweitung des Bahnangebots durch Erweiterungen im Fernverkehr, allgemeine Verdichtungen im Fahrplan und Verlängerungen der Betriebszeiten im Nahverkehr, die zur Erholung des Personenverkehrs auf der Schiene beitrugen. Als besonders relevante Entwicklungen werden dabei die Wiederaufnahme des Halbstundentaktes der WESTbahn zwischen Wien und Salzburg und dessen teilweise Verlängerung nach München bzw. Innsbruck sowie der Ausbau der Nachtzugverbindungen der ÖBB-Personenverkehr gewertet.

Weitgehend stabile Entwicklung im Güterverkehr

Im Schienengüterverkehr zeigten die Marktdaten laut dem Bericht der Schienen-Control 2022 sowohl bei den gefahrenen Netto- und Bruttotonnenkilometern leichte Zuwachsraten von 1,4 bzw. 2,4 %. Bei den beförderten Nettotonnen wurde 2022 allerdings ein leichter Rückgang um 0,8 % verzeichnet. Den höchsten Marktanteil bei den Nettotonnenkilometern nach Unternehmensgruppen hatte 2022 der ÖBB-Konzern (Rail Cargo Austria) mit 60,8 %. Die zweitgrößte Gruppe stellten die Bahnen im Privateigentum dar, wie Lokomotion, CargoServ, Ecco-Rail und andere. Der Marktanteil dieser Bahnunternehmen stieg in den letzten fünf Jahren deutlich an, von 14,3 auf 24,7 %.

Eisenbahnunternehmen in Österreich

Die Gesamtzahl der Eisenbahnunternehmen in Österreich lag Ende 2022 bei 86. Gegenüber 2021 kamen 2022 im Güterverkehr die Unternehmen boxXpress, Retrack und Tenforty2-Rail (jeweils mit Sitz in Deutschland), Medway Italia und STRABAG BahnLogistik aus Österreich hinzu. Im Personenverkehr führt mit RegioJet AT mittlerweile die Österreich-Tochter des tschechischen Anbieters RegioJet dessen Fernverkehre. Die Sicherheitsbescheinigung des tschechischen Güterbeförderers RM Lines wurde hingegen im Sommer 2022 widerrufen. In Summe waren im Berichtsjahr insgesamt 65 Unternehmen dazu berechtigt, im ÖBB-Netz Züge zu führen. Vier davon sind Teil des ÖBB-Konzerns, elf weitere befinden sich aufgrund direkter oder indirekter Beteiligungen in der Hand von ausländischen Incumbents (marktbeherrschenden Unternehmen). 39 Unternehmen stehen in Privateigentum, mit einem Anteil der Privatbeteiligung von 50 % oder mehr. Die restlichen elf Unternehmen stehen mehrheitlich im Eigentum öffentlicher Institutionen.

Die Schienen-Control erhebt regelmäßig Daten zur Zufriedenheit der Marktteilnehmer mit dem Eisenbahnverkehrsmarkt in Österreich. Demnach fiel 2022 die Bewertung insgesamt sehr positiv aus, wobei die Trassenvergabe, die Sprachkompetenz des Eisenbahnpersonals und die Qualität der Schulungseinrichtungen am besten beurteilt wurden. Verbesserungsbedarf sah die Branche bei der Frage der Konkurrenz durch andere Verkehrsträger, den EU-weit uneinheitlichen Regelungen zur Erteilung von Sicherheitsbescheinigungen und bei den behördlichen Auflagen im Bereich des Personals.

Entwicklungen am europäischen Eisenbahnmarkt

Der Jahresbericht 2022 geht auch auf den elften Marktbericht der Independent Regulators' Group-Rail (IRG-Rail), der die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf den Eisenbahnsektor im zweiten Pandemiejahr untersuchte. Für den im April 2023 erschienenen Bericht zur Gesamtentwicklung im europäischen Schienenverkehr 2021 stellten insgesamt 31 Länder der IRG-Rail statistische Auswertungen zur Verfügung. Zusätzlich wurden die wichtigsten staatlichen Unterstützungsmaßnahmen für die Branche zur Bewältigung der Krisensituation näher beleuchtet.

Die Verkehrsleistung des Personenverkehrs lag 2021 zwar immer noch 41 % unter jener von 2019, aber schon deutlich (plus 15 %) über jener des Jahres 2020. Österreich lag dabei europaweit nach den zurückgelegten Zugkilometern pro Person auf dem starken dritten Rang, nachdem seit kurzem Frankreich auf den zweiten Platz aufgerückt ist. Den unangefochtenen Platz eins hält nach wie vor die Schweiz.

Der europäische Schienengüterverkehr verzeichnete von 2020 auf 2021 ebenfalls einen Aufwärtstrend und konnte wieder an das Niveau von 2019 anknüpfen. Österreich hatte dabei Schweden überholt und war in absoluten Zahlen betrachtet fünftgrößter Markt. Trotz geringen Wachstums konnte es seine Position im europäischen Spitzenfeld halten. Als signifikante Entwicklung wird auch angeführt, dass im europaweiten Vergleich im Güterverkehr erstmals mehr Verkehrsleistung auf private Eisenbahnverkehrsunternehmen und ausländische Incumbents als auf die jeweiligen heimischen, (ehemals) staatlichen Bahnverkehrsunternehmen entfiel.

Schwerpunkte der Arbeit der Schienen-Control Kommission 2022

Der Bericht geht im Detail auf die Wettbewerbsüberwachungsverfahren der Schienen-Control Kommission im Jahr 2022 ein. So gab es ein Verfahren zu den Stationsentgelten des größten österreichischen Bahnhofsbetreibers, ein Verfahren hinsichtlich der verpflichtenden Übermittlung von Zug- und Wagendaten der Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) an den Eisenbahninfrastrukturbetreiber sowie ein Wettbewerbsüberwachungsverfahren, das Verschub-Dienstleistungen in Tirol betraf. Abgeschlossen ist ein Wettbewerbsüberwachungsverfahren zu den Wagenmeisterleistungen, bei dem die Kommission zum Ergebnis kam, dass das eisenbahnrechtliche Diskriminierungsverbot verletzt war.

Aktuell läuft ein Wettbewerbsüberwachungsverfahren zur Überprüfung der Tarife für die Durchleitung von Bahnstrom für die Jahre 2021, 2022 und 2023. Derzeit laufen außerdem mehrere Verfahren zur Genehmigung von Aufschlägen zum Wegeentgelt bzw. zur Prüfung von Kosten, die unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallen. In zwei Verfahren zu Beschwerden aufgrund einer Zuweisung bzw. Nicht-Zuweisung von gewünschten Zugtrassen für den Fahrplan 2023 konnten für das klagende Eisenbahnunternehmen jeweils akzeptabel Lösungen gefunden werden, hält der Bericht fest.

Mit 5. Oktober 2022 wurde von der Bundesregierung auf Vorschlag der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie eine neue Schienen-Control Kommission bestellt, die ihre Tätigkeit bis Ende 2026 ausüben wird. (Schluss) sox