Parlamentskorrespondenz Nr. 882 vom 09.08.2023

Bundesrechnungsabschluss 2022: Rechnungshof pocht auf nachhaltige Budgetpolitik

Hohe Inflation, sinkende Arbeitslosen-Zahlen

Wien (PK) – Der Bundesrechnungsabschluss 2022 bestätigt: Die hohe Inflation prägte das Jahr 2022 nachhaltig. Mit einem Plus von 8,6 % wurde der höchste Preisanstieg seit 1974 verzeichnet. Die heimische Wirtschaft wuchs währenddessen um 5 %. Erholung gab es 2022 am Arbeitsmarkt. Die Zahl der unselbstständig Beschäftigten stieg um +3,0 % und die Arbeitslosenquote ging um 1,7 % auf 6,3 % zurück. Zu den wesentlichen Preistreibern gehörten laut Rechnungshof die Haushaltsenergie, Treibstoffe, Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke sowie Gastronomie und Beherbergung (III-942 d.B.).

Als Reaktion auf den starken Anstieg der Verbraucherpreise beschloss die Europäische Zentralbank, die Leitzinsen anzuheben. Sie tat dies in mehreren Zinsschritten beginnend mit Juli 2022, so dass der Leitzins im Mai 2023 bei 3,75 % lag. Die Effekte des gestiegenen Leitzinssatzes werden sich allerdings erst mit einiger Zeitverzögerung in der Teuerungsrate niederschlagen, heißt es dazu von Seiten des Rechnungshofs.

Neu waren 2022 erstmals emittierte grüne Bundeswertpapiere. Im Mai wurde eine 27–jährige grüne Bundesanleihe mit einem Volumen von 4,0 Mrd. € ausgegeben, im Oktober weltweit erstmals ein Green Treasury Bill mit einem Volumen von 1,0 Mrd. €.

2022 endet mit 12,744 Mrd. € Defizit

Im Jahr 2022 verzeichnete der Bundeshaushalt mit -12,744 Mrd. € zum dritten Mal in Folge ein hohes Defizit. Obwohl das Ergebnis um 6,901 Mrd. € besser als im Jahr davor ausfiel, stand es weit hinter dem Vorkrisenniveau (Überschuss von 819,08 Mio. € im Jahr 2019). Gegenüber dem Vorjahr stiegen 2022 die Erträge um 7,948 Mrd. € an, was auf höhere Abgabenerträge durch die hohe Inflation und die guten Wirtschafsentwicklung zurückgeführt wird. Abgefedert wurde die positive Entwicklung jedoch durch Maßnahmen zur Abfederung der Teuerung. Die Aufwendungen waren um 1,047 Mrd. € höher als im Vorjahr. Im Vordergrund standen dabei das Klimaticket Österreich, die Kostenersätze für die Durchführung von COVID–19–Tests, die Abgeltungen an die Energieversorgungsunternehmen für den Energiekostenausgleich sowie die Aufwendungen für Maßnahmen aus dem nationalen Aufbau– und Resilienzplan.

Rechnungshof warnt vor Zinsentwicklung

Um laufende Kredite zu tilgen, müssen neue Finanzschulden aufgenommen werden, führt der Rechnungshof in dem Bundesrechnungsabschluss aus. Für zukünftige Budgets warnt er vor Zinsrisiken. Demnach bestehe ein hohes Risiko, weil das Zinsniveau im Laufe des Jahres 2022 deutlich anstieg und ein Ende der Leitzinserhöhungen durch die Europäische Zentralbank aufgrund der nach wie vor hohen Inflation noch nicht absehbar sei. Mit Blick auf die Verschuldung weist das Prüforgan auf die Notwendigkeit einer nachhaltigen Budgetpolitik hin.

Entlastungsmaßnahmen in Höhe von 4,534 Mrd. €

Maßnahmen zur Abfederung der Preissteigerungen prägten den Bundeshaushalt. Dafür waren 2022 insgesamt 7,532 Mrd. € vorgesehen. Die tatsächlichen Mehrauszahlungen für Entlastungsmaßnahmen betrugen dem Bundesrechnungsabschluss zufolge 4,534 Mrd. €. Die Erhöhung des Klimabonus zusammen mit dem Anti–Teuerungsbonus (2,734 Mrd. €) beanspruchte den größten Anteil (60,5 %) der Unterstützungsleistungen, gefolgt von den außerordentlichen Einmalzahlungen für Pensionistinnen und Pensionisten (452,1 Mio. €) sowie den Einmalzahlungen für vulnerable Gruppen (359,0 Mio. €). Für den Energiekostenausgleich wurden 351,0 Mio. € ausbezahlt.

Für die Jahre 2022 bis 2026 schätzt das Finanzministerium die Kosten der Entlastungsmaßnahmen auf insgesamt 32,330 Mrd. €. Der Rechnungshof macht im Bundesrechnungsabschluss auf die hohe Budgetbelastung aufmerksam und empfiehlt die Maßnahmen auf ihre Nachhaltigkeit zu überprüfen.

30 % mehr Finanzschulden innerhalb von drei Jahren

2020 bis 2022 betrugen die Auszahlungen zur Bewältigung der COVID–19–Pandemie 42,693 Mrd. €. Davon entfielen 32,837 Mrd. € auf den COVID–19–Krisenbewältigungsfonds und 9,856 Mrd. € auf die COVID–19–Kurzarbeitsbeihilfen. 2022 waren die Auszahlungen zwar niedriger als im Vorjahr, aber höher als 2020, dem ersten Jahr der Pandemie, analysierte der Rechnungshof. Aus dem COVID–19–Krisenbewältigungsfonds wurden 2022 9,277 Mrd. € ausbezahlt, das waren um 5,813 Mrd. € weniger als im Vorjahr. Die Aufwendungen im Gesundheitsbereich, insbesondere für Impfstoffe und Zahlungen nach dem Epidemiegesetz 1950, blieben mit 4,174 Mrd. € konstant auf hohem Niveau. Für die COVID–19–Kurzarbeit wurden im Jahr 2022 Zuschüsse an Unternehmen in Höhe von 664,69 Mio. € ausbezahlt, um 3,038 Mrd. € weniger als 2021.

Die bereinigten Finanzschulden des Bundes betrugen Ende 2022 270,890 Mrd. € bzw. 60,5 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und waren damit um 6,8 % höher als im Vorjahr. Die Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID–19–Pandemie führten zu einem starken Anstieg der Finanzschulden. Innerhalb von drei Jahren – von 2019 bis 2022 – erhöhten sich die Finanzschulden des Bundes um insgesamt 62,122 Mrd. € bzw. um 30 %. Dabei handelt es sich dem Rechnungshof zufolge um einen größeren Anstieg als in den zwölf Jahren davor (2007 bis 2019).

Durch den Anstieg der Finanzschulden und des Zinsniveaus erhöhten sich die gesamten Zinsverpflichtungen des Bundes, die beim aktuellen Schuldenstand bis zu dessen vollständiger Tilgung im Jahr 2120 anfallen würden, um 1,5 Mrd. € auf 53,102 Mrd. €. (Schluss) gla