Parlamentskorrespondenz Nr. 923 vom 15.09.2023

Parlament: TOP im Nationalrat am 20. September 2023

Elternkarenz, Gebührenbremse, Gewinnabschöpfung, Bundesrechnungsabschluss, Rechnungshofberichte, Volksbegehren

Wien (PK) – In seiner ersten Sitzung nach Tagungsbeginn hat sich der Nationalrat eine lange Tagesordnung vorgenommen. Auf dem Programm stehen unter anderem Änderungen bei der Elternkarenz, die zwei unübertragbare Monate Karenz pro Elternteil bringen sollen. Debattieren werden die Abgeordneten auch über das geplante schrittweise Auslaufen der Förderung für geblockte Altersteilzeit.

Mit einer "Gebührenbremse" von 150 Mio. € sollen die Steigerungen bei den Benützungsgebühren seitens der Gemeinden für Wasser, Abwasser und Müllabfuhr im Jahr 2024 gedämpft werden. Auf dem Programm stehen weiters eine Erhöhung der Gewinnabschöpfung bei Energiekonzernen und der Bundesrechnungsabschluss für 2022. Diskutiert werden auch der für das Jahr 2023 erstmals vorgelegte Produktivitätsbericht und Überschreitungsermächtigungen im laufenden Budget sowie Zuschüsse zugunsten der Ukraine bis zu 100 Mio. €.

Unter den zahlreichen Rechnungshofberichten, mit denen die Abgeordneten sich befassen werden, ist unter anderem ein Bericht, in dem der Rechnungshof Kritik an der COFAG und deren Zuschüssen an Unternehmen übt. Sechs Volksbegehren werden einer Ersten Lesung unterzogen, darunter Volksbegehren für die österreichische Neutralität und gegen das Gendern.

Aktuelle Stunde

Die Sitzung beginnt um 9.00 Uhr mit einer Aktuellen Stunde, deren Thema - "Der Turbo für die Kinderbetreuung - 4,5 Milliarden Euro bringen echte Wahlfreiheit für die Eltern" - die ÖVP gewählt hat.

Aktuelle Europastunde

Die Aktuelle Europastunde im Anschluss wird von der SPÖ gestaltet und steht unter dem Titel "Europäische Maßnahmen gegen die Teuerung: Wann handeln Sie endlich, Herr Bundeskanzler, und folgen dem erfolgreichen Beispiel anderer EU-Staaten?".

Prüfbericht zur Bundesfinanzierungsagentur

Am Beginn der Tagesordnung stehen zahlreiche Rechnungshofberichte. So regte der Rechnungshof etwa im Zuge seiner Prüfung der Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA) an, die Limithöhe zur Begrenzung des Zinszahlungsrisikos sowie die Stresstests zu überprüfen und zu aktualisieren. Laut dessen Geschäftsführer seien diese Empfehlungen mittlerweile weitgehend umgesetzt worden. Die Abgeordneten interessierten sich bei der Ausschussdebatte für die jüngste Zinsentwicklung und für risikoreiche Finanzierungsgeschäfte sowie die vom Rechnungshof geforderte Revisionsordnung.

Vollbetrieb der "ID Austria" bis Ende 2023

Bei der Umstellung von der Handysignatur auf den Elektronischen Identitätsnachweis seien viele Leistungen an Externe ausgelagert worden, kritisierte der Rechnungshof bei einer weiteren Prüfung. Auch im Ausschuss wurde darüber diskutiert, wobei das Ministerium aufgrund des Bedarfs an IT-Expert:innen auch weiterhin nicht ohne externe Dienstleister auskommen, aber die Abhängigkeiten zu reduzieren versuchen werde. Derzeit läuft die "ID Austria" im Pilotbetrieb und soll, später als geplant, bis Ende des Jahres in den Vollbetrieb übergehen.

Vom Rechnungshofausschuss einstimmig zur Kenntnis genommen wurden ferner Berichte zum Wohnbauförderungs-Zweckzuschuss, zu den kommunalen Investitionsprogrammen, zu Reformprojekten im Rahmen des Finanzausgleichs, zu den Sozialhilfeverbänden in der Steiermark und zu den Investitionen der Länder Oberösterreich und Steiermark.

Rechnungshof ortet Überförderungspotenzial bei COFAG

Harte Kritik übte der Rechnungshof in seinem Bericht über die COFAG und deren Zuschüsse an Unternehmen. Die gestaffelte Berechnung beim Fixkostenzuschuss I habe zu höheren Auszahlungen in einer Bandbreite von 101 bis 117 Mio. € geführt, wobei nachvollzogen werden konnte, dass die Bundesregierung infolge der Pandemie rasche Entscheidungen von großer budgetärer Tragweite treffen musste. Im Ausschuss wurde der zuständige Finanzminister Magnus Brunner von Staatssekretär Florian Tursky vertreten, was der Opposition missfiel.

Uneinheitliche Erfassung der Rechtsmittel bei der Steuerverwaltung

Von einer Prüfung der Rechtsmittel in der Steuerverwaltung konnte der Rechnungshof ableiten, dass die zunehmende Komplexität des Steuerrechts zu einem zeitaufwendigen und teuren Vollzug führe. Die Finanzämter würden die verschiedenen ergriffenen Rechtsmittel in unterschiedlichen operativen IT-Systemen anstelle einer einheitlichen Datenbank erfassen, was auch von den Abgeordneten hinterfragt wurde. Laut Staatssekretär Florian Tursky würden die Rechnungshof-Empfehlungen aufgearbeitet und die veralteten IT-Systeme schrittweise abgelöst werden.

Bundesrechnungsabschluss 2022

Hohe Inflation und sinkende Arbeitslosen-Zahlen prägten das Jahr 2022. Das geht aus dem Bundesrechnungsabschluss 2022 des Rechnungshofs hervor, der ebenso im Plenum zur Debatte steht.

Mit einem Plus von 8,6 % wurde demnach im Jahr 2022 der höchste Preisanstieg seit 1974 verzeichnet. Die heimische Wirtschaft wuchs währenddessen um 5 % und der Arbeitsmarkt erholte sich. Die Zahl der unselbstständig Beschäftigten stieg um +3,0 % und die Arbeitslosenquote ging um 1,7 % auf 6,3 % zurück.

Der Bundeshaushalt verzeichnete mit -12,744 Mrd. € (Nettoergebnis) im Jahr 2022 zum dritten Mal in Folge ein hohes Defizit. Das Ergebnis fiel jedoch um 6,901 Mrd. € besser aus als im Jahr davor. Gegenüber dem Vorjahr stiegen 2022 die Erträge um 7,948 Mrd. € an, was auf höhere Abgabenerträge durch die hohe Inflation und die gute Wirtschafsentwicklung zurückgeführt wird. Gedämpft wurde die positive Entwicklung jedoch durch Maßnahmen zur Abfederung der Teuerung, wie der Rechnungshof berichtet. Die Mehrauszahlungen für Entlastungsmaßnahmen betrugen dem Bundesrechnungsabschluss zufolge 4,534 Mrd. €. Die Erhöhung des Klimabonus zusammen mit dem Anti–Teuerungsbonus (2,734 Mrd. €) beanspruchte den größten Anteil der Unterstützungsleistungen (60,5 %). Der Rechnungshof macht im Bundesrechnungsabschluss auf die hohe Budgetbelastung aufmerksam und empfiehlt die Maßnahmen auf ihre Nachhaltigkeit zu überprüfen. Zudem warnt der Rechnungshof für zukünftige Budgets vor Zinsrisiken.

Die bereinigten Finanzschulden des Bundes betrugen Ende 2022 270,89 Mrd. € bzw. 60,5 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und waren damit um 6,8 % höher als im Vorjahr. Die Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID–19–Pandemie führten zu einem starken Anstieg der Finanzschulden. Innerhalb von drei Jahren – von 2019 bis 2022 – erhöhten sich die Finanzschulden des Bundes um insgesamt 62,122 Mrd. € bzw. um 30 %. Dabei handelt es sich dem Rechnungshof zufolge um einen größeren Anstieg als in den zwölf Jahren davor (2007 bis 2019). Durch den Anstieg der Finanzschulden und des Zinsniveaus erhöhten sich die gesamten Zinsverpflichtungen des Bundes, die beim aktuellen Schuldenstand bis zu dessen vollständiger Tilgung im Jahr 2120 anfallen würden, um 1,5 Mrd. € auf 53,102 Mrd. €.

Budgetüberschreitungen 2023

Eine Novelle des Budgets 2023 sowie des Bundesfinanzrahmengesetzes 2023 bis 2026 soll Budgetüberschreitungen aufgrund von Maßnahmen des Anti-Teuerungspakets für Familien möglich machen. So wird für den zu erwartenden finanziellen Bedarf im Rahmen des Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetzes dem Finanzminister eine Überschreitungsermächtigung von bis zu 140,5 Mio. € für 2023 eingeräumt. Final sei der finanzielle Bedarf im Rahmen des Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetzes noch nicht abschätzbar.

Zudem machen laut Erläuterungen geänderte Rahmenbedingungen am Finanzmarkt eine Überschreitung der Auszahlungsobergrenze bei den Finanzierungen der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA) notwendig. Dem Gesetzesentwurf zufolge wird im Bundesfinanzgesetz 2023 für kurzfristige Finanzierungen eine Überschreitung der Auszahlungsobergrenze im Geldfluss aus der Finanzierungstätigkeit in Höhe von 45 Mrd. € vorgesehen. In dieser Ermächtigung sei die Summe aller zusätzlich möglichen Auszahlungen für die Tilgung kurzfristiger Verpflichtungen abgebildet, die demnach durch entsprechende Mehreinzahlungen aus neuen Finanzierungen bedeckt werden müssen. Finanzminister Magnus Brunner zufolge gehe es darum, die Handlungsfähigkeit der OeBFA im Liquiditätsmanagement sicherzustellen. Im Budgetausschuss sprachen sich die Abgeordneten von ÖVP, FPÖ und Grünen für die Novelle aus.

Zuschüsse für die Ukraine

Ein im Budgetausschuss mit Ausnahme der FPÖ von allen Fraktionen befürworteter Initiativantrag der Koalitionsparteien ermächtigt den Finanzminister, Zuschüsse zugunsten der Ukraine bis zu einem Betrag von 100 Mio. € zu gewähren. Erforderlich ist dafür eine Änderung des Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetzes. Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine wurde von der EU im Dezember 2022 eine Unterstützung für die Ukraine für 2023 (Makrofinanzhilfe +) beschlossen. Durch günstige Konditionen soll ein Beitrag zur Schließung der Finanzierungslücke der Ukraine im Jahr 2023 geleistet werden. Konkret wird im Rahmen der Makrofinanzhilfe + ein Betrag von maximal 18 Mrd. € in Form von Darlehen bereitgestellt. Laut Europäischer Kommission belaufen sich die Zinskosten der Makrofinanzhilfe + für den Zeitraum 1. Januar 2023 bis 31. Dezember 2027 auf 2,8 Mrd. €. Der österreichische Anteil werde voraussichtlich 78,2 Mio. € betragen.

150 Mio. € als "Gebührenbremse"

Als neuerliche inflationsdämpfende Maßnahme sollen die Steigerungen bei den Benützungsgebühren der Gemeinden für Wasser, Abwasser und Müllabfuhr abgefedert werden. In Form von Hilfen für Gemeinden als Gegenleistung für einen Verzicht auf die volle Inflationsanpassung von Wasser- und Müllgebühren sieht ein von ÖVP und Grünen vorgelegter Initiativantrag einen Zweckzuschuss an die Länder in Höhe von 150 Mio. € vor. Dieser Zweckzuschuss des Bundes ist von den Ländern zur Senkung von Benützungsgebühren der Gemeinden im Jahr 2024 zu verwenden. In den Erläuterungen wird festgehalten, dass die Senkung nicht zwangsläufig eine Reduzierung im Vergleich zum Vorjahr bedeutet, sondern vielmehr eine Reduzierung im Vergleich zur Gebührenhöhe, wie sie sich ohne Gebührenbremse ergeben hätte. Die Regelung der Details, insbesondere welche Benützungsgebühren gesenkt werden sowie die Aufteilung auf die einzelnen Gemeinden, bleibt demnach den Ländern überlassen. Im Budgetausschuss fand sich für die Maßnahme eine Mehrheit ohne die Stimmen der NEOS.

Energiekrisenbeitrag von Energiekonzernen

Zudem soll eine Änderung beim Energiekrisenbeitrag für fossile Energieträger eine höhere Gewinnabschöpfung bei Energiekonzernen ermöglichen. Konkret zielt der Antrag von ÖVP und Grünen darauf ab, die Bemessungsgrundlage für den Energiekrisenbeitrag für das Kalenderjahr 2023 auf jenen Betrag zu erhöhen, um den der steuerpflichtige Gewinn 2023 um mehr als 10 % über dem Durchschnittsbetrag liegt. Nachdem die Gewinne wohl 2023 etwas geringer ausfallen würden als 2022, leiste der vorliegende Entwurf eine diesbezügliche Nachschärfung, hieß es im Budgetausschuss seitens der Grünen. Zustimmung für die Maßnahme gab es im Ausschuss seitens der Koalitionsparteien.

Produktivitätsbericht 2023

Im erstmals im Jahr 2023 vorliegenden Produktivitätsbericht richtet der Produktivitätsrat 47 Empfehlungen an die Bundesregierung, mit denen er auf rasche Maßnahmen für den ökologischen und digitalen Umbau der Wirtschaft zur Stärkung der österreichischen Wettbewerbsfähigkeit drängt. Investitionen, Innovationen, technologischer Fortschritt und die Verbesserung der Fähigkeiten und Fertigkeiten der Bevölkerung werden laut Bericht für das Wirtschaftswachstum immer wichtiger. Der Produktivitätsrat sieht in der Anpassung des österreichischen Bildungssystems und der Beseitigung bekannter Schwächen, etwa dessen soziale Selektivität, ein vorrangiges Handlungsfeld. Darüber hinaus werden eine ambitioniertere Forschungs- und Innovationspolitik, die Förderung des Strukturwandels im Unternehmenssektor und eine verbesserte Mobilisierung des vorhandenen Arbeitskräftepotenzials als wichtige Faktoren zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Österreichs angesehen.

Als Risiken werden hingegen die geopolitische Lage, steigende Finanzierungskosten und Engpässe am Arbeitsmarkt genannt. Weiters geht der 2022 ins Leben gerufene Produktivitätsrat auf den ökologischen sowie digitalen Umbau der Wirtschaft ein und empfiehlt begleitende Maßnahmen für den Arbeitsmarkt, im Bildungswesen und in der Sozialpolitik. Hochwertige Kinderbetreuung sieht er als Schlüssel für eine bessere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, im Gesundheitsbereich spricht er sich für eine Stärkung von Präventionsmaßnahmen aus. Um die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit Österreichs zu stärken, pochen die Expert:innen auf eine Unterstützung von Unternehmensgründungen und eine Stärkung der Unternehmensdynamik sowie einer Forcierung von Forschung und Innovation.

Elternkarenz und Pflegefreistellung

Ein Koalitionsantrag zur Umsetzung einer EU-Richtlinie sieht umfassende Änderungen bei Elternkarenz und Freistellungen für pflegende Angehörige vor. Konkret sollen zur gerechteren Aufteilung von Betreuungs- und Pflegeaufgaben zwischen Männern und Frauen künftig mindestens zwei Monate der Karenzzeit von jedem Elternteil zu leisten sein. Nur dann soll der Anspruch auf die vollen 24 Monate Karenz bestehen. Geht nur ein Elternteil - etwa die Mutter - in Karenz, verkürzt sich die Dauer auf 22 Monate. Eine Ausnahme gibt es für Alleinerziehende: Sie können nach wie vor bis zum Ablauf des zweiten Lebensjahres ihres Kindes in Karenz gehen. Der Familienzeitbonus, also jene finanzielle Unterstützung für Väter, die sich direkt nach der Geburt der Familie widmen, soll künftig 47,82 € pro Tag betragen und damit verdoppelt werden. Änderungen sind in Umsetzung der EU-Richtlinie auch bei der Pflegefreistellung geplant. Künftig können Personen auch dann zur Pflege naher Angehöriger freigestellt werden, wenn diese nicht in einem gemeinsamen Haushalt mit ihnen leben. Außerdem soll es eine Freistellung zur Pflege von Personen im gemeinsamen Haushalt geben, auch wenn diese keine Angehörigen sind.

Im Gleichbehandlungsgesetz soll ein Diskriminierungsverbot bei Elternkarenz, Pflegefreistellung und anderen Freistellungen aus familiären Gründen eingeführt werden, auch wenn der Diskriminierungsgrund Geschlecht nicht vorliegt. Der Sozialausschuss hat mittels Ausschussantrag noch Klarstellungen im Bundes-Gleichbehandlungsgesetz auf den Weg gebracht, um Beschäftigte im öffentlichen Dienst vor Diskriminierungen zu schützen. Für das Paket ist eine Mehrheit zu erwarten, nachdem im Ausschuss ÖVP, Grüne und NEOS dafür gestimmt haben.

Geblockte Altersteilzeit

Zustimmung ist auch zu einer Novellierung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes zu erwarten, zu dem es im Sozialausschuss grünes Licht von ÖVP, Grünen und NEOS gab. Seit dem Jahr 2000 gibt es in Österreich die aus öffentlichen Mitteln geförderte Altersteilzeit, die in zwei Varianten – kontinuierlich oder geblockt – in Anspruch genommen werden kann. Da die geblockte Variante in ihrem Wesen einer vorzeitigen Alterspension entspreche, soll sie nicht weiter aus Mitteln der Versichertengemeinschaft finanziert und deren Förderung ab 1. Jänner 2024 schrittweise bis 2029 eingestellt werden, wie der Koalitionsantrag vorsieht.

Der zweite Punkt der Novelle betrifft den sogenannten Bildungsbonus, der Arbeitslosen zusätzlich zum Arbeitslosengeld und zum allgemeinen Schulungszuschlag von derzeit 2,27 € pro Tag gebührt, wenn sie eine mehr als viermonatige Umschulung oder Weiterbildung absolvieren. Er soll neu gestaltet und ins Dauerrecht übergeführt werden.

Auch von der Opposition liegen Forderungen zur Altersteilzeit vor, die im Sozialausschuss allesamt abgelehnt wurden. Während SPÖ und FPÖ sich gegen eine Abschaffung der geblockten Altersteilzeit aussprechen, fordern die NEOS diese mit mehr Tempo ein.

Nachbesserungen beim Kinderzuschuss

Angesichts der Teuerung hat das Parlament vor dem Sommer einen besonderen Kinderzuschuss für armutsgefährdete Haushalte beschlossen. Unter anderem erhalten Bezieher:innen von Sozialhilfe und Arbeitslosengeld sowie Alleinerzieher:innen und Alleinverdiener:innen mit niedrigem Einkommen bis Ende 2024 für jedes Kind eine monatliche Sonderzahlung von 60 €. Die Abwicklung dieses Kinderzuschusses soll nun mit einer Gesetzesinitiative von ÖVP und Grünen präzisiert werden. Insbesondere geht es um Bestimmungen, die dazu dienen sollen, eine Doppelförderung zu vermeiden. Der Sozialausschuss brachte den Antrag mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ und Grünen auf den Weg.

Tourismusbericht 2022

Der Tourismusbericht 2022 kommt nach der Behandlung im Tourismusausschuss nun auch zur Debatte in das Nationalratsplenum. Wirtschaftsminister Martin Kocher und Tourismusstaatsekretärin Susanne Kraus-Winkler stellen im Bericht die unerwartet positive Entwicklung der Tourismusbranche nach den Corona-bedingten Einbrüchen der Urlauberzahlen 2020 und 2021 vor. Demnach wurde 2022 mit 39,8 Millionen Gästeankünften und knapp 136,9 Millionen Nächtigungen beinahe wieder das Vorkrisenniveau erreicht. So hat sich die Zahl der Ankünfte internationaler Urlauber:innen im Vergleich zu 2021 fast verdoppelt und lag bei 82,2 % des Volumens vor der Corona-Pandemie. Bei Inlandstourist:innen wurde sogar ein Wert von 86,1 % des Vorkrisenniveaus erzielt. Die Tourismusausgaben der in- und ausländischen Gäste in Österreich dürften 2022 im Vergleich zu 2021 um ca. 87 % auf 35,9 Mrd. € gestiegen sein, was nur noch um 5,3 % unter dem Vorkrisenniveau von 2019 (37,87 Mrd. €) liegt.

Behandelt werden im Bericht allerdings auch die Probleme, vor denen die Tourismusbranche in Österreich steht. Neben der Teuerung, vor allem im Energiebereich, ist das vor allem der Arbeitskräftemangel. Den 217.472 Personen, die laut Bericht 2022 im heimischen Tourismus beschäftigt waren, standen 14.767 offenen Stellen gegenüber. Die Nachfrage überstieg den entsprechenden Wert von 2021 um 48,3 %. Gleiches gilt für die Zahl offener Lehrstellen (2.264, 37,5 % über 2021). Die Arbeitsmarktpolitik versucht daher, durch überregionale Vermittlungen den Personalbedarf in Tourismusregionen zu decken. Außerdem will man mit erleichtertem Zugang zur Rot-Weiß-Rot-Karte für "Stammmitarbeiter:innen" die Tourismusbranche beim Erhalt von Personal unterstützen. In der Ausschussdebatte verneinte Staatsekretärin Kraus-Winkler die Gefahr von Lohn- und Sozialdumping durch die Anwerbung zusätzlicher ausländischer Mitarbeiter:innen. Der Anteil der Saisonniers an der Gesamtzahl der Mitarbeiter:innen sei beispielsweise im Hochsaison-Monat Dezember bei 1,6 % gelegen, skizzierte sie.

Bericht des Petitionsausschusses

Befassen wird sich der Nationalrat in seiner Sitzung auch mit einem Sammelbericht des Petitionsausschusses, der acht Petitionen und drei Bürgerinitiativen umfasst. Dabei geht es unter anderem um die Stärkung des öffentlichen Gesundheitssystems samt Maßnahmen zur Bekämpfung des Ärztemangels, die Wiedereinführung der Truppenküche am Truppenübungsplatz Allentsteig, vegane Speisealternativen in Kantinen des Bundesheers, die regelmäßige Valorisierung des Arbeitslosengeldes und der Notstandshilfe, die Reduzierung der Belagszahl im Asylzentrum Frankenburg sowie die Ausstellung humanitärer Visa für Betroffene des schweren Erdbebens in der Türkei und in Syrien. Zudem wird ein Diskriminierungsverbot von nicht gegen COVID-19 geimpften Personen gefordert.

Im Verkehrsbereich sind den Bürger:innen unter anderem der Ausbau der Klagenfurter Schnellstraße sowie die Modernisierung und Erweiterung des Lärmschutzes auf der Inntal-Autobahn ein Anliegen. Über die Forderung nach einem Ausbau des Park&Ride-Angebots im Bereich des Bahnhofes Wels wird der Verkehrsausschuss weiterberaten. Auch eine Petition betreffend Erhalt des Flugwetterdienstes am Flughafen Innsbruck wurde dem Verkehrsausschuss zugewiesen.

Bericht des Hauptausschusses

Für den Fall, dass noch vor der Nationalratssitzung der Hauptausschuss zusammentritt, ist geplant, seinen Bericht ebenfalls auf die Tagesordnung zu setzen.

Volksbegehren "Neutralität Österreich Ja"

Im Rahmen von Ersten Lesungen stehen schließlich im Plenum eine Reihe von Volksbegehren zur Debatte. Exakt 116.832 Österreicher:innen haben ein Volksbegehren unterzeichnet, das sich für eine offizielle Bekräftigung der immerwährenden Neutralität Österreichs einsetzt. Österreich soll demnach abermals erklären, dass es "in aller Zukunft" keinem militärischen Bündnis beitritt und die Errichtung militärischer Stützpunkte fremder Staaten auf seinem Staatsgebiet nicht zulässt, wie es in der Initiative heißt. Zudem wird ein weiteres entsprechendes Verfassungsgesetz gefordert. Initiiert wurde das Volksbegehren von einer Gruppe rund um Marcus Hohenecker, die auch für eine Reihe weiterer Volksbegehren verantwortlich zeichnet. Mit 1,84 % der Wahlberechtigten liegt die Initiative auf Rang 70 von bisher 89 Volksbegehren in der Zweiten Republik.

"Anti-gendern-Volksbegehren"

Den Unterzeichner:innen des "Anti-gendern-Volksbegehren" geht es darum, dass Personen, die keine geschlechtergerechte Sprache verwenden, keine Nachteile erfahren. Es müsse jedem selbst überlassen bleiben, ob er gendere oder nicht, sei es in Ämtern, an Hochschulen, in der Wirtschaft oder in anderen Bereichen, betonen sie. Konkret werden in der Begründung in Anlehnung an Forderungen des "Netzwerks Wissenschaftsfreiheit" etwa wissenschaftliche Publikationen, offizielle Korrespondenz, universitäre Gremien, Internetauftritte, Lehrveranstaltungen, akademische Prüfungen sowie Bewerbungsverfahren genannt.

Die Initiator:innen des Volksbegehrens rund um Stefan Grünberger berufen sich außerdem auf eine von der "Kronen Zeitung" in Auftrag gegebene Umfrage unter 1.250 wahlberechtigten Österreicher:innen. Demnach haben 71 % der Befragten angegeben, dass sie kein Gendern in Medien wollen und 40 % für ein Verbot in öffentlichen  Einrichtungen plädiert. Unterzeichnet wurde das Volksbegehren von 154.102 Personen, das sind 2,43 % der Wahlberechtigten.

Volksbegehren "Asylstraftäter sofort abschieben"

197.151 Personen bzw. 3,11 % der Wahlberechtigten haben das von Gottfried Waldhäusl, Zweiter Präsident des niederösterreichischen Landtags, initiierte Volksbegehren "Asylstraftäter sofort abschieben" unterzeichnet. Asyl sei Schutz auf Zeit für Menschen, die in ihren Heimatländern um ihr Leben fürchten müssten, heißt es in der Begründung. Es könne jedoch nicht sein, dass die schutzbietende österreichische Bevölkerung selbst durch straffällige Asylwerber:innen in ihrer Sicherheit bedroht werde. Nationales Recht und internationale Übereinkommen müssten laut Volkbegehren daher so angepasst werden, dass deren Abschiebung durchgeführt werden kann. Kriminell gewordene Asylwerber:innen sollten nicht in österreichischen Gefängnissen "durchgefüttert" werden, sondern ihre Haftstrafen in ihren jeweiligen Heimatländern verbüßen, so die Begründung.

Volksbegehren "Umsetzung der Lebensmittelherkunftskennzeichnung!"

Bundesverfassungsgesetzliche Maßnahmen zur sofortigen und umfassenden Einführung einer Lebensmittelherkunftskennzeichnung wird wiederum in einem von 149.891 Österreicher:innen bzw. 2,36 % der Wahlberechtigten unterstützten Volksbegehren gefordert. Damit soll ein wesentlicher Beitrag zum Klima-, Umwelt- und Gesundheitsschutz sowie zum Erhalt regionaler Arbeitsplätze und der Wertschöpfung erreicht werden, heißt es in der vom ehemaligen Nationalratsabgeordneten Leopold Steinbichler gestarteten Initiative. Zudem komme es zur Einschränkung von Lebendtiertransporten. Heimisch und regional erzeugte Lebensmittel seien als Grundrecht in der Verfassung zu verankern und würden deren Verfügbarkeit absichern, so die Initiator:innen des Volksbegehrens.

Volksbegehren "Untersuchungsausschüsse live übertragen"

Ein von 102.755 Österreicher:innen unterzeichnetes Volksbegehren spricht sich dafür aus, parlamentarische Untersuchungsausschüsse künftig via Livestream zu übertragen. Im Sinne der Transparenz müsse es der Bevölkerung ermöglicht werden, zumindest medienöffentliche Sitzungen mittels Direktübertragung in Bild und Ton zu verfolgen, heißt es in der von Lukas Papula gestarteten Initiative. Konkret soll demnach ein Livestream auf der Parlamentswebsite angeboten und auch interessierten Medien zur Verfügung gestellt werden. Erklärtes Ziel der Initiator:innen ist eine größtmögliche Verbreitung der Befragungen von Auskunftspersonen, wobei es ihnen vor allem um Personen öffentlichen Interesses geht.

Derzeit können nur Medienvertreter:innen die Befragung von Auskunftspersonen in U-Ausschüssen mitverfolgen. Die Befragungsprotokolle werden später auf der Parlamentswebsite veröffentlicht, sofern die Befragung nicht unter Ausschluss der Medien stattfand.

Volksbegehren "Lebensmittelrettung statt Lebensmittelverschwendung"

Geht es nach dem Volksbegehren "Lebensmittelrettung statt Lebensmittelverschwendung", das von 203.831 Unterstützer:innen bzw. 3,21 % der Wahlberechtigten unterzeichnet wurde, soll es - nach dem Vorbild von Frankreich, Italien und Tschechien – zu einer gesetzlichen Regelung zur Bekämpfung von Lebensmittelabfällen kommen. Konkret sollen Lebensmittelunternehmen sowie Supermärkte mit mehr als 400 m2 Verkaufsfläche verpflichtet werden, nicht mehr verkaufsfähige, aber noch genießbare Lebensmittel an gemeinnützige Organisationen oder direkt an Bedürftige zu spenden bzw. diese bei Eignung auch als Tierfutter zu verwerten. Initiiert wurde auch dieses Volksbegehren von Lukas Papula. (Schluss TOP im Nationalrat) mbu/kar/rei

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.