Parlamentskorrespondenz Nr. 930 vom 20.09.2023

Kontroverse Debatte im Nationalrat über Schlussfolgerungen des Rechnungshofs zur Arbeit der COFAG

Koalition sieht erfolgreiches Hilfsinstrument für Unternehmen, Opposition kritisiert "Blackbox COFAG"

Wien (PK) – Mit einem Bericht des Rechnungshofs, der 2021 das Finanzministerium und die COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG), einer Tochtergesellschaft der ABBAG –Abbaumanagementgesellschaft des Bundes (ABBAG),geprüft hat, befasste sich heute das Nationalratsplenum. ÖVP und Grüne sahen durch den Bericht bestätigt, dass ein rasches Handeln zu Beginn der COVID-19-Krise notwendig war. Die COFAG habe die ihr zugedachte Aufgabe, Unternehmen während der Phasen der Lockdowns zu unterstützen, insgesamt gut erfüllt. Die Oppositionsparteien lasen aus dem Bericht ein vernichtendes Urteil der Arbeit der COFAG heraus, die als eine intransparente "Blackbox" aufgesetzt worden sei.

Auf der Tagesordnung standen auch weiter Rechnungshofberichte zu Einrichtungen, die finanzielle Aufgaben des Bundes wahrnehmen. Dazu gehörten etwa die Steuerverwaltung und die Bundesfinanzierungagentur. Alle Berichte des Rechnungshofs wurden einhellig zur Kenntnis genommen.

SPÖ: COFAG wurde offenbar bewusst als intransparente "Blackbox" konzipiert

Der Bericht zeichne ein verheerendes Bild der fehlenden Transparenz und parlamentarischen Kontrolle und Zweckmäßigkeit der COFAG, meinte Karin Greiner (SPÖ). Über die "Blackbox" COFAG seien Milliarden an Steuergeldern vergeben worden, ohne dass bei ihr die entsprechende Expertise vorhanden gewesen sei. Diese Expertise sei dann teuer zugekauft worden. Sie frage sich, warum man nicht von Anfang an auf bewährte Institutionen, wie die Finanzämter, für die Förderabwicklung zurückgegriffen habe, meinte die Abgeordnete. Insgesamt wertete Greiner die COFAG als intransparent und warf den Verantwortlichen vor, auf unfaire Weise Förderungen vergeben zu haben. Die Bundesregierung habe die COFAG nicht nur schlecht vorbereitet und umgesetzt, sie sei bis jetzt auch nicht bereit, ihre Fehler einzugestehen.

SPÖ-Finanzsprecher Kai Jan Krainer sagte, der Bericht des Rechnungshofs bestätige die Kritik der Opposition an der COFAG. Die Konstruktion der COFAG sei bewusst so gewählt worden, dass eine intransparente Struktur entstand, vermutete Krainer. Auch seien 65 % der Auszahlungen für die sieben größten Fördernehmer geflossen, während kleine Unternehmen fast leer ausgingen. Sinn und Zweck der Sache sei aber nicht die Förderung der Gewinne von Unternehmen gewesen, wie es die COFAG de facto getan habe. Hier sei es zu mindestens einer Milliarde Euro an Überförderungen gekommen. Die COFAG könne sich diese Gelder aber immer noch nicht zurückholen, weil der Finanzminister die entsprechende Richtlinie nicht unterschreibe.

FPÖ: COFAG hat sich als teure Fehlkonstruktion erwiesen

Die "Blackbox COFAG" sei eine der teuersten Fehlkonstruktionen der Zweiten Republik, sagte auch Hubert Fuchs (FPÖ). Auch er meinte, es wäre sinnvoller gewesen, die Finanzämter mit der Abwicklung der COVID-19-Förderungen zu betrauen. Die COFAG sei "Paradies für Berater" gewesen, die große Mengen an Steuergeld gekostet habe. Die Kontrolle der COFAG habe nicht funktioniert, Schwarz-Grün hätten diese Kontrolle vielmehr ausgehebelt. Ein Skandal sei, dass bis heute Unternehmen auf ihnen zustehende Zahlungen warten müssten.

Auch Wolfgang Zanger (FPÖ) meinte, der Rechnungshofbericht übe vernichtende Kritik an der Arbeit der Bundesregierung. Die COFAG habe offensichtlich nur dazu gedient, parteinahen Unternehmen "die Taschen vollzustopfen". Das zeige alleine die Art und Weise, wie die COFAG vorbereitet worden sei, und die Postenbesetzung.

Michael Schnedlitz (FPÖ) fügte hinzu, einmal mehr zeige sich, dass die ÖVP ein "Milliardengrab" zu verantworten habe. Die Betriebe seien tatsächlich nicht unterstützt, sondern zugesperrt worden, und hätten dann viel zu lang auf Entschädigungen warten müssen.

Grüne: Nicht alles war ideal, aber es wurde aus Fehlern gelernt

Die COFAG sei zu hundert Prozent im Besitz des Bundes und arbeite im Auftrag des Finanzministers, daher habe sie der Rechnungshof geprüft, führte Elisabeth Götze (Grüne) aus. Sein Bericht zeige, dass bis Juni 2021 zwar nicht alles optimal gelaufen sei, den Unternehmen, darunter auch vielen kleineren Unternehmen, sei aber alles in allem rasch und gezielt geholfen worden. Sie erwarte noch einen weiteren Bericht, der zeigen werde, wie die Förderinstrumente laufend verbessert wurden und man aus anfänglich gemachte Fehlern gelernt habe. Die Abwicklung der COFAG nach Abschluss ihrer Tätigkeit, wie der Rechnungshof empfehle, sei bereits eingeleitet worden.

NEOS: COFAG aus Sicht der Unternehmen kein Erfolgsmodell

Österreich hätte die COFAG nie gebraucht, schlussfolgerte Karin Doppelbauer (NEOS) aus dem Bericht. Auch sie nannte die COFAG eine "Blackbox", die zu Ineffizienz, Intransparenz und "Freunderlwirtschaft" geführt habe. Der Rechnungshofbericht bestätige die Kritik der Opposition. Es sei "eine Mär", dass die COFAG zu einer schnelleren Auszahlung der COVID-19-Unterstützungen für Unternehmen geführt habe. Auch sei die parlamentarische Kontrolle von der Koalition bewusst ausgehebelt worden. Der Rechnungshof habe vielmehr die Kritik der Opposition am Beirat bestätigt. Die COFAG sei, was immer der Finanzminister sage, alles andere als eine Erfolgsgeschichte, insbesondere nicht für die Unternehmen.

Die COFAG habe dazu geführt, dass gerade kleinere Unternehmen sehr lange auf Entschädigungen für das zwangsweise Zusperren warten hätten müssen, schloss sich Michael Bernhard (NEOS) dem Befund von Doppelbauer an. Aufgrund unklarer Formulierungen in Richtlinien würden vielen von ihnen nun Rückzahlungen drohen. Das EU-Beihilferecht sei von der ÖVP mit Duldung der Grünen gebrochen worden, um Konzerne zu finanzieren. Den Folgen der wirtschaftlichen Inkompetenz der ÖVP hätten die kleinen und mittleren Unternehmen zu tragen.

ÖVP sieht Wirtschaftsdaten als Beweis für Erfolg der Hilfsmaßnahmen und der COFAG

Andreas Hanger (ÖVP) erinnerte daran, dass zu Beginn der Pandemie breiter Konsens darüber herrschte, dass der Staat rasch eingreifen müsse. Die COFAG sei vor diesem Hintergrund rasch eingerichtet worden und habe insgesamt gut funktioniert. 1,3 Mio. Anträge seien, im Allgemeinen sehr rasch, abgearbeitet worden. Die wirtschaftlichen Eckdaten für 2022 würden zeigen, dass die wirtschaftspolitischen Maßnahmen der Bundesregierung gewirkt hätten. Dazu habe auch die COFAG ihren Beitrag geleistet. Den Vorwurf des Missbrauchs von Steuergeldern, den die Opposition erhebe, weise er strikt zurück. Jeder Euro sei auf Basis von klaren rechtlichen Grundlagen gezahlt worden. Wenn die Opposition von Gesetzesverstößen wisse, dann solle sie diese auch zur Anzeige bringen, meinte Hanger.

Kurt Egger (ÖVP) wandte sich dagegen, dass die Opposition versuche, große und kleine Unternehmen gegeneinander auszuspielen. Auch er wolle daran erinnern, dass es darum gegangen sei, vor dem Hintergrund einer weltweiten Gesundheitskrise rasch ein Förderinstrument zu schaffen. Die COFAG habe erfolgreich gearbeitet und 235.000 Unternehmen unterstützt, betonte er. Österreich sei insgesamt gut durch die Krise gekommen. Zweifellos habe man nicht immer alles richtiggemacht. Der Rechnungshof habe dementsprechende Empfehlungen formuliert. Die Opposition beurteile jedoch die Vorgänge von damals mit dem Wissen von heute.

Kraker: Rechnungshof empfiehlt Abwicklung der COFAG nach Abschluss ihrer Aufgaben

Der Rechnungshof prüfte die Entstehung und Aufsetzung der COFAG sowie die Instrumente, mit denen Förderungen, Hilfsgelder und Zuschüsse abgewickelt wurden (III-781 d.B.). Der Prüfzeitraum ging von März 2020 bis Juni 2021. In dieser Zeit genehmigten die beiden Geschäftsführer der COFAG 693.614 Förderanträge. Davon waren 221 Anträge aufsichtsratspflichtig, weil sie über der Betragsgrenze von 800.000 € lagen. Der höchste bis Ende Juni 2021 an ein Unternehmen ausbezahlte Zuschussbetrag lag bei 13,94 Mio. €.

Für den Rechnungshof sei es grundsätzlich nachvollziehbar, dass die Bundesregierung infolge der Pandemie rasche Entscheidungen von großer budgetärer Tragweite treffen musste, um eine nachhaltige Schädigung der Wirtschaftsstruktur zu vermeiden, betonte Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker. Der Rechnungshof habe aber auch kritisch angemerkt, dass die Bundesregierung dazu mit der COFAG eine neue Förderinstitution geschaffen habe, ohne die Willensbildung und Entscheidungsfindung im Finanzministerium nachvollziehbar zu dokumentieren und ohne eventuelle Alternativen abzuwägen. Der Rechnungshof habe auch das Risiko gesehen, dass eine dauerhafte neue Förderstelle etabliert werden könnte, und die Abwicklung der COFAG nach Erfüllung ihrer spezifischen Aufgaben empfohlen. Die Umsetzung dieser Empfehlung sei bereits in die Wege geleitet worden.

Der Rechnungshof habe auch angemerkt, dass bei Zukauf von Leistungen die Sparsamkeit nicht immer beachtet worden sei und dass das Förderdesign zahlreiche Mehrauszahlungen verursacht habe. Auch sei ein Überförderungspotenzial bei den COFAG-Hilfen festgestellt worden. Unter anderem habe der Lockdown-Umsatzersatz für November und Dezember 2020 es Unternehmen bei Zugehörigkeit zu einer bestimmten Branche ermöglicht, Zuschüsse zu erlangen, ohne einen finanziellen Schaden nachweisen zu müssen. Um für künftige Krisen gerüstet zu sein, empfehle der Rechnungshof ein professionelles, wissenschaftliches Monitoring von Hilfsmaßnahmen. Die verwaltungsinterne Expertise sei immer zu berücksichtigen, vor allem, wenn neue Instrumente geschaffen werden, unterstrich die Rechnungshofpräsidentin.

Rechnungshof weist auf uneinheitliche Erfassung der Rechtsmittel in der Steuerverwaltung hin

Die zunehmende Komplexität des Steuerrechts führe zu einem zeitaufwendigen und teuren Vollzug, stellte der Rechnungshof bei einer Prüfung der Rechtsmittel in der Steuerverwaltung fest (III-690 d.B.). Eigentlich sollte die "Rechtsmitteldatenbank" einen bundesweit einheitlichen Standard sicherstellen, das sei jedoch mit den genutzten IT-Systemen nicht möglich, die Finanzämter würden die verschiedenen ergriffenen Rechtsmittel allerdings in unterschiedlichen operativen IT-Systemen erfassen, so ein Prüfergebnis des Rechnungshofs. Somit fehle auch die Möglichkeit einer validen Auswertung für Steuerungszwecke.

Trotz Verbesserungen gebe es noch eine Reihe von Rechtsmittelverfahren, die zu lange dauern, merkte Hermann Gahr (ÖVP) an. Der Rechnungshof empfehle daher unter anderem eine Komplexitätsreduktion zur Verringerung des Abgabenausfallsrisikos. Die IT-Modernisierung der Steuerverfahren sei laut Staatssekretär Florian Tursky bereits in Angriff genommen worden. Das Bundesfinanzgericht habe die Anzahl der offenen Verfahren mittlerweile reduzieren und den Rückstau aufarbeiten können, zeigte sich Gahr zufrieden.

Rechnungshofberichte zur Bundesfinanzierungsagentur und zu Vollbetrieb der "ID Austria"

Einhellig zur Kenntnis nahmen die Abgeordneten eine Reihe weiterer Rechnungshofberichte. So regte der Rechnungshof etwa im Zuge seiner Prüfung der Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA) an, die Limithöhe zur Begrenzung des Zinszahlungsrisikos sowie die Stresstests zu überprüfen und zu aktualisieren. Laut dessen Geschäftsführer seien diese Empfehlungen mittlerweile weitgehend umgesetzt worden.

Bei der Umstellung von der Handysignatur auf den Elektronischen Identitätsnachweis seien viele Leistungen an Externe ausgelagert worden, kritisierte der Rechnungshof bei einer weiteren Prüfung. Derzeit läuft die "ID Austria" im Pilotbetrieb und soll, später als geplant, bis Ende des Jahres in den Vollbetrieb übergehen.

Zur Debatte standen außerdem Berichte zum Wohnbauförderungs-Zweckzuschuss, zu den kommunalen Investitionsprogrammen, zu Reformprojekten im Rahmen des Finanzausgleichs, zu den Sozialhilfeverbänden in der Steiermark und zu den Investitionen der Länder Oberösterreich und Steiermark.

Neue Schriftführerin gewählt

Nach dem Ausscheiden der ehemaligen SPÖ-Mandatarin Cornelia Ecker aus dem Nationalrat war zudem ihre Funktion als Schriftführerin neu zu vergeben. Mit einer einstimmigen Wahl des Nationalrats folgt ihr nunmehr Katharina Kucharowits (SPÖ) nach. (Schluss) mbu/sox

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.