Parlamentskorrespondenz Nr. 973 vom 28.09.2023

Monitoring-Bericht 2022: Ausgabenobergrenzen werden noch deutlicher überschritten als im Vorjahr

Instrument der Finanzzielsteuerung im Gesundheitswesen weist auf wichtige Handlungsfelder hin

Wien (PK) – Im Jahr 2013 haben sich Bund, Länder und Sozialversicherung erstmals auf eine vertraglich festgelegte Organisation der Gesundheitsversorgung in Österreich verständigt. Wesentlicher Bestandteil der 15a-Vereinbarung Zielsteuerung Gesundheit ist ein Kostendämpfungspfad, der eine Reduktion des jährlichen Ausgabenwachstums von 3,6 % (2017) auf jeweils 3,2 % in den Jahren 2021 bis 2023 vorsieht. Außerdem wurden strategische Ziele in den Bereichen "bessere Versorgung, bessere Qualität und gesündere Bevölkerung" definiert, deren Erreichung anhand von 22 Indikatoren gemessen wird. Über die Einhaltung der sektorenübergreifenden Ausgabenobergrenzen informiert unter anderem der nun vorliegende sechste umfassende Hauptbericht für das Jahr 2022, der von der Gesundheit Österreich GmbH für das Sozialministerium erstellt und dann dem Parlament zugeleitet wurde (III-1002 d.B. ). Diesem sind auch Stellungnahmen der einzelnen Landes-Zielsteuerungskommissionen zu den Ergebnissen des Monitorings beigefügt.

Starke Überschreitungen bei den Ausgabenobergrenzen

Der sechste umfassende Monitoringbericht zeigt grundsätzlich gemischte Ergebnisse und Trends auf, lautet die Einschätzung der Autor:innen. In den Berichtsjahren 2021 bis 2023 kommt es gemäß den vorläufigen Ergebnissen bei den Ländern gesamthaft zu Überschreitungen der Ausgabenobergrenzen. Bei der gesetzlichen Krankenversicherung (KV) zeichnet sich dieser Trend ab 2022 bei allen Trägern ab. Länder und gesetzliche Krankenversicherung gemeinsam erzielten 2021 eine Überschreitung in der Höhe von 206,55 Mio. € (0,80 %), welche sich bis 2022 auf 1.027,82 Mio. € (3,85 %) stark erhöhte und beim Voranschlagsmonitoring 2023 in einer Überschreitung um 2.143,44 Mio. € (7,77 %) resultiert.

Da sich die öffentlichen Gesundheitsausgaben (ohne Langzeitpflege) im Jahr 2021 auf 35,37 Mrd. € belaufen haben, wird die für diesen Zeitraum vereinbarte vereinbarte Ausgabenobergrenze um rund 5,16 Mrd. € (bzw. 17,08 %) überschritten. Es wird diesbezüglich im Bericht darauf hingewiesen, dass seit dem Jahr 2020 die Aufwendungen für die Bekämpfung der COVID‐19‐Pandemie (u. a. für Schutzausrüstung, Testungen, Contact‐Tracing, die telefonische Gesundheitsberatung 1450, Barackenspitäler) in die Berechnung der Gesundheitsausgaben inkludiert werden.

Eine ähnliche Tendenz ist bei den Ländern zu verzeichnen. Zum aktuellen Monitoringzeitpunkt wurden Ausgaben in der Höhe von rund 14,88 Mrd. € für das Jahr 2022 ermittelt, also um 695 Mio. € bzw. 4,9 % mehr als vorgegeben. Für das Jahr 2023 wird mit einem weiteren Anstieg um 1,78 % (245 Mio. €) gerechnet. Generell liegen die Wachstumsraten der Gesundheitsausgaben der Länder seit 2017 mehrheitlich über jenen der vereinbarten Ausgabenobergrenzen; im Jahr 2022 trifft das auf alle Bundesländer mit Ausnahme von Kärnten zu.

Auch im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung kommt es im Jahr 2022 erstmals zu einer Überschreitung der Ausgabenobergrenzen um 2,65 %. Auf Basis der Voranschläge wird davon ausgegangen, dass sich diese Entwicklung fortsetzt und mit einer Überschreitung von 748 Mio. € bzw. 5,78 % zu rechnen ist. Insgesamt belaufen sich die Ausgaben in diesem Bereich auf 13,68 Mrd. €.

Analyse der Gesundheitsausgaben aufgrund der unterschiedlichen Verrechnung der COVID‐19‐Aufwendungen nur eingeschränkt möglich

Die Autor:innen geben zu bedenken, dass die Zielerreichung im vorliegenden Monitoringbericht sowohl in Bezug auf die Finanzziele als auch auf die Steuerungsbereiche heterogener zu beurteilen sei als in den Jahren davor. Generell seien alle Ergebnisse ab 2020 im Lichte der COVID‐19‐Pandemie zu interpretieren, wobei grundsätzliche Herausforderungen und Handlungserfordernisse weiterhin bestehen bleiben würden. Die gesetzten Maßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung der COVID‐19‐Pandemie und die damit verbundenen Auswirkungen auf das Wirtschaftsleben hätten einnahmenseitig das Beitragsaufkommen der Sozialversicherung sowie das Steueraufkommen beeinflusst. Andererseits sei auch von ausgabenseitigen Effekten auf die zielsteuerungsrelevanten öffentlichen Gesundheitsausgaben auszugehen. Das Monitoring sei aufgrund der unterschiedlichen Finanzierungsmechanismen in den Ländern sowie der heterogenen Verrechnungsweisen jedoch als Instrument nur eingeschränkt geeignet, um konkret bezifferte Aussagen über die COVID‐19‐Belastungen der Bundesländer ab dem Jahr 2020 zu tätigen.

Messgrößen: Mehrheitlich positive Tendenz, aber auch kritische Entwicklungen

Der zweite Teil des Berichts informiert über die Erreichung der operativen Ziele in den einzelnen Steuerungsbereichen. Dabei kommen die Autor:innen zum Schluss, dass sich die 22 definierten Messgrößen mehrheitlich in die intendierte Richtung bewegen. Als positiv wird hervorgehoben, dass der Anteil der Bevölkerung, die in Primärversorgungseinheiten behandelt wurde, im Jahr 2022 weiter gestiegen sei. Die tagesklinisch oder ambulant erbrachten Leistungen blieben ca. auf dem Niveau des Vorjahres. Die Zahl der Ausbildungsstellen ist nach einem leichten Anstieg in den Jahren 2020 und 2021, im Jahr 2022 leicht gesunken. Insgesamt gab es hier im Zeitraum 2016 bis 2022 eine Steigerung von 4,7 Prozent.

Bei den Durchimpfungsraten für Mumps/Masern/Röteln bei vierjährigen Kindern war ein positiver Trend feststellbar, denn diese stiegen stark an. Gleichzeitig war aber bei den Zweijährigen ein starker Rückgang zu verzeichnen. Beim Anteil täglich Rauchender kam es zu einem Rückgang um 3,7% im Zeitraum 2014 bis 2019. Nach wie vor rauche jedoch ein Fünftel der Österreicher:innen täglich, womit Österreich im internationalen Vergleich über dem Durchschnittswert liege. Kritisch wird auch beurteilt, dass bis dato keine gemeinsamen sektoren‐ oder bundesländerübergreifenden Medikamentenbeschaffungen durchgeführt wurden.

Nicht unter die Zielsteuerungsvereinbarung fallen die Gesundheitsausgaben aus den Bereichen Pensionsversicherung, Unfallversicherung, Krankenfürsorgeanstalten des Bundes sowie der Aufwand der Krankenversicherungsträger für Kieferregulierungen bei Kindern und Jugendlichen; für sie gelten daher auch die Ausgabenobergrenzen nicht. (Schluss) sue