Parlamentskorrespondenz Nr. 1001 vom 04.10.2023

Perspektiven für Kinder: Bundesratsfraktionen resümieren ihre Ansätze

Enquete des Bundesrats mit Impulsreferat von EU-Jugendbotschafter Ali Mahlodji

Wien (PK) – Im zweiten Teil der heutigen Enquete des Bundesrats zum Thema "Kindern Perspektiven geben – unbeschwert, chancenreich und demokratisch erwachsen werden" stellte EU-Jugendbotschafter Ali Mahlodji Herausforderungen für Kinder und junge Menschen in den Mittelpunkt seines Impulsreferats. Anschließend resümierten die Fraktionsvorsitzenden der Länderkammer in ihren Statements ihre Überlegungen und Positionen zu den Perspektiven für Kinder.

In drei Panels fand außerdem ein Austausch mit Expert:innen aus den Bereichen Politik, Wissenschaft sowie der Zivilgesellschaft statt. Im Fokus standen dabei die Bildung als Basis für ein gutes Leben, der Ansatz "Armut bekämpfen – Zukunft möglich machen" sowie das Thema "Mit und für junge Menschen Zukunft bauen – Demokratie und Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen".

Mahlodji: Tools für Kinder zur Resilienz

Zu stellen sei eigentlich die Frage, was Kinder wollen, meinte EU-Jugendbotschafter Ali Mahlodji in seinem Impulsreferat. Aus seiner Sicht sei das genauso wie bei Erwachsenen der Wunsch, ein gelungenes Leben zu führen. Es seien jedenfalls nicht die Kinder, die "repariert" werden müssen, die seien gut genug. Vielmehr hätten Kinder und Jugendliche immer dann ein Problem, wenn die erwachsenen Bezugspersonen überfordert sind, sie viel zu früh Verantwortung übernehmen müssen und in ihrer Entwicklung "anstehen". Auch Glaubenssätze wie etwa "dem Kind soll es einmal besser gehen", die die Eltern nicht abgelegt hätten, würden Kinder noch mehr unter Druck setzen. Kritisch zu bewerten ist aus Sicht von Mahlodji auch das Notensystem, zumal Kinder nicht unterscheiden könnten, ob eine Schulnote nur die Leistung oder auch die Persönlichkeit betrifft. Viele Jugendliche hätten aus all diesen Gründen kaum noch Selbstwert, die Depressionsfälle seien nicht erst seit Corona hoch.

Es müsse in der Gesellschaft dafür gesorgt werden, in eine Vorbildfunktion zu kommen und Lehrer:innen und Familien und damit die Kinder zu entlasten. Demgegenüber stehe aber, dass alle unter Stress stehen, Lehrer:innen mit Berufsorientierungsfragen komplett alleine gelassen würden oder dass Kindergärten durch zu viel Administration belastet seien. Die jungen Menschen von heute sind die Erwachsenen von morgen, betonte Mahlodji. Menschen müssen eine Fehlerkultur entwickeln können – jemand, der nur Einser im Zeugnis habe, mache aber keine Fehler. Aus Sicht von Mahlodji lautet eine Empfehlung, Kindern Tools beizubringen, wie sie resilient werden und mit Stress umgehen können, anstatt ihnen Vorgaben "einzubläuen".

Themen der Fraktionen von Kindergartenmilliarde über Teuerung bis Corona und soziale Mobilität

So unterschiedlich die Zugänge sein mögen, sosehr sei es das gemeinsame Ziel, Kindern Perspektiven zu geben, meinte der ÖVP-Fraktionsvorsitzende im Bundesrat, Karlheinz Kornhäusl. Jedes Kind in Österreich müsse seinen Weg gehen können. Dabei ist Bildung die "Leiter aus der Armut", betonte Kornhäusl, der darauf hinwies, dass diesbezüglich in den letzten Jahren schon einiges gelungen sei. Er wies beispielsweise auf die "Kindergartenmilliarde" hin, wiewohl es insgesamt natürlich gelte, "weiterzumachen". Den Wohlstand in Österreich sehe er aber immerhin als Indikator, dass "nicht alles ganz schlecht" sei.

In unserem reichen Land seien viel zu viele Kinder mit Armut belastet, so die SPÖ-Fraktionsvorsitzende im Bundesrat Korinna Schumann. Die Last für Familien sei besonders durch die Teuerung größer geworden. Sie sprach sich dafür aus, die Preise systematisch zu dämpfen. Ebenso brauche es flächendeckend einen Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz und neben einer Entlastung der Pädagog:innen eine Teilhabe für alle Kinder und Jugendliche in der Schule. Es dürfe in diesem Land kein Talent zurückgelassen werden, so Schumann.

Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FPÖ im Bundesrat, Marlies Doppler, ortet in manchen Bekenntnissen allerdings nur "Worthülsen" im Vergleich dazu, dass in der Corona-Pandemie Schulen geschlossen wurden und den Kindern durch "überzogene" Maßnahmen wertvolle Bildungszeit geraubt worden sei. Die nunmehrige Teuerung bringe darüber hinaus massive finanzielle Einbußen, die auch wieder die Kinder "ausbaden" müssten. Die FPÖ wolle jedenfalls den Eltern die freie Wahlmöglichkeit zwischen Gratiskindergarten oder finanzieller Unterstützung für jene bieten, die Kinder unter drei Jahren selbst betreuen wollen.

Kindern Perspektiven zu bieten sei eine Pflicht, betonte die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundesrat, Simone Jagl. Armut mache physisch und psychisch krank und bedeute auch Ausgrenzung. Die soziale Mobilität sei in Österreich sehr gering, so Jagl. Es dauere bis zu vier Generationen, um einer sozial schwachen Stellung zu entkommen. Sie wies auf bereits gesetzte Maßnahmen der Bundesregierung wie etwa die Valorisierung der Familien- und Sozialleistungen hin und nannte darüber hinaus als Vision der Grünen eine "Kindergrundsicherung". Zudem brauche es mehr Anstrengung und Ernsthaftigkeit im Klimaschutz, denn Kinder hätten ein Recht darauf, dass ihnen eine lebenswerte Welt hinterlassen wird. (Schluss Enquete Bundesrat) mbu

HINWEIS: Fotos von der Enquete finden Sie im Webportal des Parlaments. Nachsehen können Sie die Enquete in der Mediathek des Parlaments.


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