Parlamentskorrespondenz Nr. 1159 vom 08.11.2023

Bundesrat besiegelt Schutzklausel für Pensionsneuzugänge und Deckel für Pensionserhöhungen 2024

Tierarzneimittelgesetz, Änderungen des Gesundheits-Zielsteuerungsgesetzes und Forstgesetzes sowie Doppelbesteuerungsabkommen genehmigt

Wien (PK) – Mit der Länderkammer nahm heute ein Gesetzentwurf der Koalition die letzte parlamentarische Hürde, der die Deckelung von Pensionsanpassungen und gleichzeitig eine Schutzklausel für Pensionsneuzugänge 2024 vorsieht. Mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, FPÖ und Grünen erzielte er die notwendige Zweidrittelmehrheit.

Wer eine besonders hohe Pension bezieht, wird demnach statt der allgemeinen Pensionserhöhung von 9,7 % einen Fixbetrag von 567,45 € – das sind 9,7 % der ASVG-Höchstbeitragsgrundlage – erhalten. Davon sind auch sogenannte Sonderpensionen betroffen. Gleichzeitig soll eine Schutzklausel für Pensionsneuzugänge 2024 dauerhafte Pensionsverluste infolge der aktuell hohen Inflation vermeiden. Sowohl der Deckel für die Pensionserhöhung als auch die Schutzklausel werden auch für Beamt:innen gelten, wie aus einem ergänzenden Gesetzentwurf hervorgeht, der ebenfalls eine Mehrheit ohne die Stimmen der NEOS erhielt. In der Minderheit blieb hingegen ein in diesem Zusammenhang eingebrachter Entschließungsantrag der FPÖ, der auf einen Stopp der derzeitigen "Kostenlawine" abzielt.

Weiters genehmigten die Bundesrät:innen ein auf EU-Vorgaben basierendes Tierarzneimittelgesetz, mit dem etwa der Antibiotikaeinsatz bei Nutztieren besser geregelt werden soll sowie eine verfassungskonforme Reparatur des Gesundheits-Zielsteuerungsgesetzes, von der konkret jene Regelung betroffen ist, in der es um die Verbindlichkeitserklärung von Inhalten des Österreichischen Strukturplans Gesundheit und der regionalen Strukturpläne geht. Durch den Wegfall von zwei Grundsatzbestimmungen ändere sich inhaltlich aber nichts, heißt es in den Erläuterungen. Ein dazu eingebrachter Entschließungsantrag der FPÖ, mit dem ein Sechs-Punkte-Plan zur Lösung des medizinischen Personalmangels gefordert wird, erzielte keine Mehrheit.

Mehrheitliche Zustimmung erhielt eine Änderung des Forstgesetzes, durch die die darin festgeschriebenen Förderziele auf die Anforderungen des fortschreitenden Klimawandels angepasst werden. Ein im Zuge der Debatte eingebrachter FPÖ-Entschließungsantrag auf ein "freiheitliches Entlastungspaket für die Landwirtschaft", das unter anderem den Ausstieg aus dem Green Deal und die Abschaffung der AMA-Beiträge enthält, blieb in der Minderheit.

Schließlich erzielten drei Doppelbesteuerungsabkommen Einstimmigkeit unter den Bundesrät:innen, mit denen die steuerlichen Beziehungen Österreichs mit Deutschland, Neuseeland und China an aktuelle Standards angepasst werden.

Bundesratsdebatte zur Schutzklausel für Pensionsneuzugänge

Gemäß der Schutzklausel werden Personen, die im kommenden Jahr ihre Pension antreten, dauerhaft einen sogenannten "Erhöhungsbetrag" erhalten, der sich an ihrer Pensionskonto-Gutschrift bemisst und diese um 6,2 % aufwertet. Damit sollen – über das gesamte Pensionsleben wirkende – inflationsbedingte Pensionsverluste vermieden werden. Für Beschäftigte, die eine Korridorpension in Anspruch nehmen, wird diese Sonderregelung allerdings nur dann gelten, wenn sie – gezwungenermaßen – aus der Arbeitslosigkeit in die Korridorpension wechseln oder bereits vor dem Jahr 2024 eine Korridorpension hätten antreten können. Damit wollen ÖVP und Grüne Anreize für einen längeren Verbleib im Erwerbsleben setzen. Für die Erhöhung der Pensionen selbst braucht es keinen eigenen Beschluss: Ihre Inflationsanpassung erfolgt aufgrund bestehender gesetzlicher Bestimmungen automatisch.

Als einzige Bundesratsfraktion wandten sich die NEOS mit Karl Arthur Arlamovsky aus Wien gegen die Neuregelungen. Arlamovsky bezog sich auf einen Rechnungshofbericht vom Oktober dieses Jahres, in dem an der langfristigen Finanzierbarkeit des Pensionssystems gezweifelt werde. Die Pensionen seien in den letzten 38 Jahren 30 Mal über der Inflationsrate angepasst worden. Es sei notwendig nun auch eine langfristige Perspektive einzunehmen und die Interessenslagen aller Generationen zu berücksichtigen. Vor allem wenn die Lebenserwartung weiterhin ansteige, müsse etwa das faktische Pensionsantrittsalter erhöht werden, damit sich das Verhältnis zwischen Beitragszahler:innen und -empfänger:innen nicht weiter verschlechtere, forderte Arlamovsky. Doch die Bundesregierung schiebe die notwendigen Reformen nur weiter auf.

Zustimmung erhielten die Gesetzesentwürfe von Korinna Schumann (SPÖ/W), da sie notwendig seien, um der älteren Generation ein würdevolles Leben zu ermöglichen. Diese Notwendigkeit ergebe sich jedoch aus der Unfähigkeit der Bundesregierung, die Inflation zu senken. Zudem weise die Schutzklausel Schwachstellen auf, da sie nur für das Jahr 2024 gelte und weil fast 6.000 Personen aus der Regelung herausfielen, da sie eine besondere Form der Korridorpension in Anspruch nähmen. Schumann wandte sich in diesem Zusammenhang auch entschieden gegen die Erhöhung des Pensionsantrittsalters. Für Berufsgruppen wie Pfleger:innen und Angestellte in der Produktion wäre dies unzumutbar. Diese würden dann trotzdem früher in Pension gehen und damit hohe Abschläge in Kauf nehmen müssen. Schumann sprach daher von einer "versteckten Pensionskürzung".

Auch der oberösterreichische FPÖ-Mandatar Markus Steinmaurer kündigte die Zustimmung seiner Fraktion zur Novelle an. So begrüßte er unter anderem, dass die Erhöhungen bei sämtlichen Versicherten gleich ausgestaltet seien. Steinmaurer sprach sich jedoch dafür aus, kleinere Pensionen um einen Fixbetrag zu erhöhen und nicht prozentuell, da diese dadurch mehr profitieren würden. Auch er wies auf "Schwachstellen" bei der Korridorpension hin. In der Minderheit blieb ein von ihm eingebrachter Entschließungsantrag der Freiheitlichen, in dem sie Maßnahmen wie eine Steuersenkung auf Benzin und Diesel, die Einführung eines bundesweiten Heizkostenzuschusses für bedürftige Personen, die Aufhebung der Sanktionen gegen Russland oder die Abschaffung der ORF-Haushaltsabgabe fordern, um die derzeitige "Kostenlawine" zu stoppen.

Seitens der Grünen hielt Claudia Hauschildt-Buschberger aus Oberösterreich Arlamovsky entgegen, dass die Erhöhungen notwendig seien, insbesondere wenn man die Lage der Pensionistinnen betrachte. Während die durchschnittliche Nettomonatspension der Männer 2.012 € betrage, liege diese bei den Frauen nur bei 1.218 €. Für Hauschildt-Buschberger sei dieses Missverhältnis "nicht vertretbar".

Franz Ebner (ÖVP/O) erklärte die Höhe der Wertanpassung mit der hohen Inflationsrate im Berechnungszeitraum zwischen August 2022 und Juli 2023. Es sei "nur gerecht" die Pensionen, die Versicherungsleistungen darstellten, wie er betonte, auch wertzusichern. Ebner bezeichnete die Darstellung von Senior:innen in der öffentlichen Debatte als Kostenfaktor als eine "eindimensionale Unterstellung". Viel eher machten sie einen wesentlichen Wirtschaftsfaktor aus und spielten eine essenzielle Rolle für eine funktionierende Gesellschaft. Natürlich müsse das Pensionssystem "zukunftsfit" gehalten werden, erklärte Ebner, doch der richtige Weg dahin führe über die Angleichung des tatsächlichen Pensionsantrittsalters an das gesetzliche. Dafür müssten dementsprechende Anreize geschaffen werden.

Auch Sozialminister Johannes Rauch wies auf die hohe Inflation hin, die über den Verrechnungsmodus auch eine starke Pensionserhöhung bedinge. Korinna Schumann hielt er entgegen, dass Mindestpensionist:innen fast 200 € mehr bekämen als im Vorjahr. Dass das Pensionssystem generell nicht mehr finanzierbar sei, höre man seit 30 Jahren, erklärte Rauch und warnte davor, eine Debatte darüber "anzuzetteln", vom Umlagesystem zu einem Kapitaldeckungsverfahren zu wechseln. Länder, in denen letzteres System gelte, hätten gerade in Zeiten der Inflation mit massiven Verwerfungen zu kämpfen. "Natürlich" stiegen aufgrund der demografischen Entwicklung gegenwärtig die staatlichen Aufwendungen für das Pensionssystem, doch dies stelle laut Rauch nur eine vorübergehende Phase dar, die danach wieder ausgeglichen werde. Das Pensionssystem sei sicher, unterstrich Rauch. Alle anderen Systeme erwiesen sich im Endeffekt als "teurer, unsicherer und ungerechter". (Schluss Bundesrat) wit

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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