Parlamentskorrespondenz Nr. 1299 vom 29.11.2023

Neu im Gesundheitsausschuss

Gesetzesanträge betreffend Arzneimittelversorgung, Entschädigung bei Bevorratungspflicht von Medikamenten sowie Anpassungen im Ärztegesetz

Wien (PK) -  Die Sicherstellung der Verfügbarkeit von Arzneimitteln in Österreich durch einen sogenannten Infrastrukturbeitrag, die Zahlung von Entschädigungen bei behördlich verordneter Bevorratungspflicht von Medikamenten und Wirkstoffen sowie Anpassungen im Ärztegesetz, im Zahnärztekammer- und im Tierärztekammergesetz, die vor allem auf ein Erkenntnis des VfGH zurückgehen, stehen im Mittelpunkt von drei Initiativanträgen von ÖVP und Grünen, die dem Gesundheitsausschuss zugewiesen wurden.

Arzneimittel-Großhändler erhalten einen Infrastruktursicherungsbeitrag zur Sicherstellung der Versorgung mit Medikamenten

Angesichts der in der Wintersaison 2022/23 aufgetretenen Lieferengpässe bei Medikamenten halten es ÖVP und Grüne für unabdinglich, die Verfügbarkeit von Arzneimitteln in Österreich im heurigen Jahr bestmöglich abzusichern. Hierbei komme den Arzneimittel-Großhändlern eine gewichtige Rolle zu, da diese ein Verbindungsglied zwischen den oftmals im Ausland liegenden Herstellern und den inländischen Apotheken darstellen, heißt es in dem dazu eingebrachten Initiativantrag (3761/A ). Da diese aufgrund der Teuerung höhere Kosten zu tragen hätten und dadurch die Gefahr bestehe, dass Arzneimittel aus Rentabilitätsgründen aus dem Sortiment genommen werden könnten, schlagen die Regierungsfraktionen entsprechende finanzielle Ausgleichsmaßnahmen vor. Das neue "Bundesgesetz über finanzielle Maßnahmen zur Sicherstellung der Verfügbarkeit von Arzneimitteln" soll rückwirkend mit 1. September 2023 in Kraft treten.

Im Konkreten sollen Arzneimittel-Großhändler für den Zeitraum von einem Jahr einen Beitrag in der Höhe 0,28 € für jede Arzneispezialität erhalten, die an eine im Inland ansässige öffentliche Apotheke oder Anstaltsapotheke abgegeben wurde und deren Kosten unter der Rezeptgebühr liegen ("Infrastruktursicherungsbeitrag").

Da auch die Träger der Krankenversicherung ein gewichtiges Interesse daran haben würden, dass Arzneimittel verfügbar sind, müssen sie bei Abgaben von Medikamenten an von der Rezeptgebühr befreite Personen den Infrastruktursicherungsbeitrag an den Bund rückerstatten.

In der Begründung wird darauf verwiesen, dass die Arzneimittel-Großhändler aufgrund ihrer Tätigkeit über fundierte Kenntnisse über die am Weltmarkt verfügbaren Arzneimittel sowie über die inländische Nachfrage verfügen würden. Um ein breites bedarfsorientiertes Warensortiment anbieten und gleichzeitig eine flächendeckende Versorgung sicherzustellen zu können, müssen sie jedoch ein umfassendes Vertriebsnetzwerk aufrechterhalten. Dabei müsse berücksichtigt werden, dass die wirtschaftlichen Entwicklungen der letzten Jahre und der Anstieg der Energie- und Treibstoffpreise den Arzneimittel-Großhändlern zu deutlich höhere Kosten geführt haben.

Zuständig für die Abwicklung der Anträge ist das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG), wobei der Anspruch auf den Infrastruktursicherungsbeitrag durch entsprechende Unterlagen nachzuweisen und deren Richtigkeit und Vollständigkeit durch einen Wirtschaftsprüfer zu bestätigen ist. Da als Maßnahme für die kommende Wintersaison konzipiert, ist der Anspruch auf den Infrastruktursicherungsbeitrag vorerst auf den Zeitraum zwischen 1. September 2023 und 31. August 2024 beschränkt. Während dieses Zeitraumes wird eine Evaluierung durchgeführt. Da aufgrund der rechtlichen Änderungen das BASG neue Aufgaben erhalten soll, wird gleichzeitig auch das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz angepasst.

Änderungen im Arzneimittelgesetz: Entschädigung im Falle einer behördlichen Bevorratungspflicht von Medikamenten und Wirkstoffen

Wenn Medikamente und Wirkstoffe aufgrund einer behördlichen Verordnung bevorratet werden müssen, sollen die betroffenen Firmen bis Ende 2027 um eine Entschädigung ansuchen können, sehen Änderungen im Arzneimittelgesetz vor. Damit sollen die Aufwendungen abgegolten werden, die durch den Aufbau entsprechender Lager entstehen.

Wird der Zulassungsinhaber, der Inhaber einer Registrierung, der Arzneimittel-Großhändler oder der Arzneimittel-Vollgroßhändler auf Basis einer Verordnung des Gesundheitsministers zur Bevorratung von Arzneispezialitäten verpflichtet, gebührt ihm somit auf Antrag eine Entschädigung für die dadurch entstandenen Mehrkosten. Deren Berechnung wird im Gesetz genau geregelt. So sind etwa die Mehrkosten für die Lagerung mit maximal 5% des Fabriksabgabepreises gedeckelt. Eine Entschädigung ist auch für jene Kosten vorgesehen, die aufgrund einer Überschreitung des Verfalldatums von – verpflichtend bevorrateten – Wirkstoffen entstehen. Zuständige Behörde ist das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen. Die Befristung der neuen Bestimmung wird damit begründet, dass eine Beurteilung der Auswirkungen der behördlichen Maßnahmen vorgenommen sowie allfällige Entwicklungen auf EU-Ebene Rechnung getragen werden sollen (3762/A).

Verfassungskonforme Neuregelung im Ärztegesetz sowie Anpassungen im Zahnärztekammer- und Tierärztekammergesetz

Mit dem Vorliegen eines VfGH-Erkenntnisses werden laut einem weiteren Antrag der Regierungsfraktionen Anpassungen im Ärztegesetz, im Zahnärztekammer- und im Tierärztekammergesetz begründet (3760/A). Vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben wurde im Konkreten eine Passage im Ärztegesetz, welche die Bestellung des/der Vorsitzenden der Disziplinarkommission und dessen/deren Stellvertreter:innen durch den (damaligen) Bundesminister für Gesundheit und Frauen auf Vorschlag der Österreichischen Ärztekammer sowie die Verpflichtung zur Herstellung des Einvernehmens mit dem Bundesminister für Justiz vorsah.

Die Mitwirkung von Minister:innen an der Bestellung eines Mitglieds der Disziplinarkommission, ebenso wie die Kreation eines Organs der Selbstverwaltung (etwa durch die Entsendung eines Mitglieds in eine Kommission) würde nämlich der Verfassung widersprechen, lautet die Begründung. Neben einer verfassungskonformen Neuregelung dieser Bestimmung werden im Ärztegesetz noch Anpassungen hinsichtlich der Datenübermittlung an die Präsidentin/den Präsidenten der ÖÄK und den Disziplinarrat sowie an die Disziplinaranwältin bzw. den Disziplinaranwalt vorgenommen. Dabei geht es um die Schaffung einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage für die Übermittlung von Akten der Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaften und Gerichte, die für die Beurteilung des Vorliegens der gesundheitlichen Eignung oder Vertrauenswürdigkeit von Ärzt:innen in bestimmten Fällen (z.B. bei der Eintragung in die Ärzteliste) notwendig sind.

Auch wenn durch das gegenständliche Erkenntnis die Regelungen über die Bestellung der Disziplinarorgane der Österreichischen Zahnärztekammer und der Österreichischen Tierärztekammer nicht betroffen seien, wurden diese im Hinblick auf die die Argumentation des VfGH geprüft und entsprechender Anpassungsbedarf erkannt. Daher erfolgt im Rahmen der vorliegenden Sammelnovelle auch eine Anpassung des Zahnärztekammergesetzes und des Tierärztekammergesetzes. (Schluss) sue