Parlamentskorrespondenz Nr. 187 vom 01.03.2024

EU verstärkt Anstrengungen zum Schutz vor Gewalt und Extremismus

EU-Jahresvorschau 2024 für die Bereiche Frauen, Familie, Integration und Medien

Wien (PK) – Die Adressierung von Gewalt gegen Frauen hat sich Belgien als erstes EU-Ratsvorsitzland 2024 ganz oben auf die Agenda gesetzt. Ungarn wird als Vorsitzland in der zweiten Jahreshälfte den Fokus auf die Förderung der Familien richten, um der Alterung der europäischen Gesellschaft nicht nur durch Zuwanderung begegnen zu können. Dies und weitere Prioritäten aus den Bereichen Frauen- und Familienpolitik sowie Integration und Medien schildert der heurige EU-Vorhabensbericht (III-1106 d.B.) aus dem Bundeskanzleramt zum Zuständigkeitsbereich von Bundesministerin Susanne Raab.

Zum Thema Integration werden unter belgischem Vorsitz vor allem das Demokratieverständnis junger Migrant:innen und deren Partizipationsmöglichkeiten beleuchtet. Im Sinne einer gelungenen Integration sollen Extremismus und Radikalisierung der Nährboden entzogen werden, so das Bestreben der EU-Agenda zur Terrorismusbekämpfung mit Maßnahmen, die sowohl für sicherheitspolitische wie auch für integrationspolitische Zielsetzungen von Bedeutung sind. Österreich unterstütze diese Maßnahmen konkret mit dem "Vienna Forum on Countering Segregation and Extremism in the Context of Integration", heißt es im Bericht. Das genannte Forum ist ein Zusammenschluss europäischer Staaten im Kampf gegen Parallelgesellschaften und die Ideologie des politischen Islam.

Der Bereich Medien wird auf EU-Ebene von Anstrengungen zur Sicherstellung eines freien Journalismus geprägt. Ein Verordnungsvorschlag als Reaktion auf Versuche der politischen Einflussnahme auf Medien in Ländern wie Ungarn und Polen befindet sich laut Bericht vor der Finalisierung.

Mindeststandards gegen häusliche Gewalt

Der Richtlinienvorschlag der EU-Kommission, mit dem sie 2022 anregte, Mindeststandards gegen geschlechtsspezifische und häusliche Gewalt im EU-Recht zu verankern, wurde im Vorjahr vom Rat angenommen. Falls der belgische Ratsvorsitz seinen ambitionierten Plan einhalten kann, sollten die Verhandlungen zum Gesetzgebungsakt zwischen Rat, Kommission und EU-Parlament (Trilog) noch vor den EU-Wahlen heuer abgeschlossen sein. Österreichs Regierung begrüßt diese Entwicklung außerordentlich, habe man doch auf nationaler Ebene in den letzten zwei Jahren einiges gegen Gewalt an Frauen unternommen, wie es heißt.

Verbesserungen im Kampf gegen Kindesmissbrauch

Darüber hinaus widmet sich die EU der Bekämpfung von sexuellem Missbrauch von Kindern, hält der Bericht fest und verweist auf die anstehende Evaluierung der Umsetzung einer entsprechenden Richtlinie, die bereits 2011 beschlossen worden war. Zu den wichtigsten Verbesserungen, die durch die Richtlinie eingeführt wurden, gehören unter anderem eine genauere Bestimmung des Begriffs "Kinderpornografie", ein erhöhtes Strafmaß und die Einstufung des Besitzes beziehungsweise Erwerbs von Kindesmissbrauchsdarstellungen im Internet als Straftatbestand. Ein Verordnungsentwurf zum Thema, der seit 2022 verhandelt wird, soll Online-Dienste verpflichten, Material über sexuellen Kindesmissbrauch in ihren Diensten aufzudecken, zu melden und zu entfernen. Österreich befürwortet diese Initiative, wobei man sich für eine grundrechtskonforme Ausgestaltung der Verordnung einsetzt, wie das Familienressort erklärt.

Soziale Rechte: Legislative Umsetzung bei Nationalstaaten

Im Fokus der Tätigkeiten der Triopräsidentschaften (Spanien, Belgien, Ungarn) sowie der Europäischen Kommission sind zudem die Arbeiten an der Europäischen Säule "Soziale Rechte" zur Sicherstellung fairer Arbeitsbedingungen und Sozialsysteme in der Union. Aufgrund seiner familienpolitischen Dimension hat Raabs Ressort diesen Bereich in seinen Bericht mitaufgenommen. Aus österreichischer Sicht ist es allerdings Sache der Mitgliedstaaten beziehungsweise der Sozialpartner, die EU-Rahmenvorgaben in diesem Zusammenhang rechtlich mit Leben zu erfüllen – das entspreche nicht zuletzt dem Subsidiaritätsgrundsatz der EU.

Medien: Sicherung von Unabhängigkeit und Vielfalt

Dem Schutz von Pluralismus und Unabhängigkeit der Medien in der EU hat sich ein eigener Verordnungsvorschlag der Kommission verschrieben. Zentral darin sind Schutzmechanismen gegen politische Einflussnahme auf redaktionelle Entscheidungen und gegen Überwachung. Deutlich ist für das Medienressort der Hintergrund dieser Kommissionsinitiative, nämlich "die vielfach erfolglos gebliebenen Versuche der Europäischen Kommission, die Medienfreiheit und den Schutz der Journalistinnen und Journalisten in Mitgliedsstaaten wie Ungarn oder Polen demokratiepolitisch zu verbessern". Als problematisch wird von Raabs Ministerium jedoch gewertet, "dass die Wahrung der Freiheit und der Vielfalt der Medien… rechtlich zur Kompetenz der Mitgliedsstaaten zählt und Handlungsspielraum für die Union nur gegeben ist, soweit es sich um binnenmarktrelevante Harmonisierung… oder um wettbewerbsrechtliche Themen" handelt. Nach Konsultation des Juristischen Dienstes des Rates in diesem Zusammenhang wurde im Trilog Ende Dezember 2023 eine politische Einigung über den Entwurf erzielt. (Schluss) rei