Parlamentskorrespondenz Nr. 286 vom 20.03.2024

Novelle des Denkmalschutzgesetzes bringt Erhaltungspflicht von historischen Gebäuden

Nationalrat spricht sich in einer Entschließung für historische Schienenfahrzeuge aus

Wien (PK) – Der Nationalrat gab in seiner heutigen Sitzung grünes Licht für eine umfassende Novellierung des Denkmalschutzgesetzes. Damit sollen Unterschutzstellungen leichter umsetzbar und die Spekulation mit denkmalgeschützten Bauten hintangehalten werden. Dem Bundesdenkmalamt (BDA) wird eine bessere Position eingeräumt. Dazu sollen die Fördermittel für Denkmalschutz deutlich aufgestockt werden. Auch die Haftungsregelungen für historische Gebäude und Anlagen wurden überarbeitet und neue Regeln für den Schutz archäologischer Funde geschaffen. Auch der Schutz von UNESCO-Welterbe wird in den Denkmalschutz integriert.

Wie im Kulturausschuss fand die Regierungsvorlage auch im Nationalratsplenum die Zustimmung von ÖVP, FPÖ und Grünen, wobei noch ein Abänderungsantrag der Koalition mit redaktionellen Änderungen berücksichtigt wurde. In einer getrennten Abstimmung stimmte die SPÖ allerdings der Neuregelung von Haftungsfragen zu.

Zwei FPÖ-Anträge zur Stärkung des Denkmalschutzes fanden keine Mehrheit und wurden abgelehnt.

In einer gemeinsamen Entschließung, die sich an die Bundesregierung richtet, und die im Plenum einhellige Zustimmung erhielt, sprechen sich die fünf Fraktionen für Anstrengungen zur Rettung historischer Schienenfahrzeuge aus.

Erhaltungspflicht für Baudenkmale soll Denkmalschutz verbessern

Eine grundlegende Neuerung im neuen Denkmalschutzgesetz ist die Aufnahme einer "besonderen Erhaltungspflicht" in das Denkmalschutzgesetz. Diese Bestimmung soll verhindern, dass Eigentümer:innen von Baudenkmalen diese über lange Zeiträume verfallen lassen, um letztlich einen Abriss durchsetzen zu können. Außerdem soll die Unterschutzstellungen von Ensembles erleichtert werden. Mit einer Neufassung von Haftungsregeln will die Bundesregierung erreichen, dass Denkmäler, die aufgrund unklarer Haftungsfragen oft für die Öffentlichkeit gesperrt wurden, künftig zugänglich werden.

SPÖ sieht Interessen vieler Stakeholder nicht berücksichtigt

SPÖ-Kultursprecherin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) kritisiert an der Novelle insbesondere, dass im Vorfeld keine Gespräche mit Stakeholdern geführt worden seien. Das Versäumnis habe zu zahlreichen "vernichtenden" Stellungnahmen im Begutachtungsverfahren geführt. Eine Novellierung des Denkmalschutzes sei zwar grundsätzlich wichtig, da das Gesetz "in die Jahre gekommen" sei. Neben einigen positiven Veränderungen, etwa beim Haftungsschutz, blieben aber viele Bereiche weiterhin unbefriedigend geregelt. Unter anderem würden für Archäolog:innen neue Auflagen geschaffen, die ihre Arbeit erschweren. Die von Denkmalschützer:innen geforderte unbedingte Erhaltungspflicht komme nicht. Die neue "besondere Erhaltungspflicht" nehme gleichzeitig keine Rücksicht darauf, dass sie für Gemeinden viele Mehrkosten mit sich bringe. Die zugesagten Zusatzmittel des BDA für Förderungen seien bei Weitem nicht ausreichend, kritisierte die SPÖ-Kultursprecherin.

Das Anliegen des Gesetzes begrüßte auch SPÖ-Abgeordnete Katharina Kucharowits, wobei sie aber eine Reihe von Mängeln konstatierte. Das Gesetz sei insgesamt eine vertane Chance, befand die Abgeordnete. Für den Schutz des UNESCO-Weltkulturerbes sollte weiterhin das Kulturministerium zuständig bleiben, er dürfe nicht an eine nachgeordnete Dienststelle ausgelagert werden. Die neuen Bewilligungspflichten für archäologische Nachforschungen würden der Wissenschaftsfreiheit widersprechen.

Sabine Schatz (SPÖ) führte aus, positiv seien am Gesetz aus Sicht der SPÖ die neuen Haftungsbestimmungen, die den Zugang zu historischen Gebäuden und Anlagen ermöglichen. Damit werde es zum Beispiel auch möglich, einer Forderung von Opferorganisationen zu entsprechen und die Sperre der so genannten "Todesstiege" in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen aufzuheben. Die SPÖ gebe daher dem Passus des Gesetzes, der die Haftungsfragen regelt, in einer getrennten Abstimmung die Zustimmung.

Grüne: Denkmalschutz erhält praxistaugliche Regelungen

Ein Blick ins Gesetz zeige, dass keiner der von der SPÖ vorgebrachten Kritikpunkte zutreffe, widersprach Eva Blimlinger (Grüne) der Kritik der Sozialdemokrat:innen. Vielmehr gebe es eine Reihe von Verbesserungen in allen Bereichen des Denkmalschutzes. So werde nun sichergestellt, das Eigentümer:innen Denkmäler für die Öffentlichkeit zugänglich halten, und es gebe praxistaugliche Regelungen für bewegliche Kulturdenkmäler, wie etwa für die Ausfuhr von Gemälden. Blimlinger brachte zu der Novelle einen Abänderungsantrag von ÖVP und Grünen mit redaktionellen Korrekturen und inhaltlichen Klarstellungen ein.

Ulrike Maria Böker (Grüne) sagte, moderner Denkmalschutz müsse auf viele Herausforderungen reagieren. Er sei auch wichtig, um die Nutzung von bestehenden Objekten zu ermöglichen und damit sicherzustellen, dass der Bodenverbrauch beschränkt werde.

FPÖ sieht nicht alle Forderungen erfüllt, aber klare Verbesserungen

Aus Sicht von FPÖ-Kultursprecher Thomas Spalt bringt die Novelle einige wesentliche Verbesserungen, weshalb seine Fraktion ihr auch zustimmte. Allerdings werde nicht alles umgesetzt, worauf die FPÖ seit langem dränge, sagte Spalt unter Verweis auf zwei mit in Verhandlung stehende FPÖ-Entschließungsanträge. Diese enthielten Vorschläge, wie man den Denkmalschutz wesentlich verbessern könnte, sagte Spalt. Konkret gehe es darum, private Denkmalschutzinvestitionen durch eine deutliche Ausweitung der Fördermöglichkeiten und mittels steuerlicher Anreize attraktiver zu machen sowie den Denkmalfonds "mit Leben zu erfüllen".

ÖVP: Eigentümer:innen erhalten künftig mehr Unterstützung

ÖVP-Kultursprecher Laurenz Pöttinger betonte, der Schutz und die Erhaltung des kulturellen Österreichs seien gesellschaftlich wichtige Aufgaben und könnten ohne engagierte Eigentümer:innen nicht umgesetzt werden. Daher sei es wichtig, dass die neu formulierte Erhaltungspflicht mit einer Aufstockung der Fördermittel des BDA verbunden wurde. Damit werde es möglich, entsprechende Anreize für den Erhalt von Baudenkmalen zu setzen und zu verhindern, dass Gebäude aus spekulativen Gründen verfallen. Pöttinger hob unter anderem auch die aus seiner Sicht praxistauglichen Lösungen für den Bereich der Archäologie hervor.

Auch Martina Diesner-Wais (ÖVP) wies darauf hin, dass die neue gesetzliche Grundlage dem Bundesdenkmalamt mehr Möglichkeiten gebe, um eingreifen zu können, wenn Eigentümer:innen Gebäude bewusst verfallen lassen wollen. Der Erhalt historischer Bausubstanz sei auch deshalb wichtig, weil das die Schonung von wichtigen Ressourcen bedeute.

Martin Engelberg (ÖVP) zeigte sich verwundert über die scharfe Ablehnung des Gesetzes von Seiten der SPÖ wie auch der NEOS. Hier sei etwas sehr Positives gelungen, das breite Zustimmung verdiene.

NEOS: Mittel für Erhaltung von Bauten bei weitem nicht ausreichend

Der Erhalt historischer Denkmale sei eine große Herausforderung, sagte Henrike Brandstötter (NEOS). Das wisse sie aus eigener Erfahrung mit der Sanierung eines historischen Hauses. Die Intention, dem spekulativen verfallen lassen von Gebäuden einen Riegel vorzuschrieben, sei zwar grundsätzlich richtig. Die Summe, die für Förderungen zu Verfügung gestellt werde, sei aber viel zu gering, um hier etwas bewegen zu können. Sinnvoller wäre es aus Sicht ihrer Fraktion, Investitionen in den Denkmalschutz steuerlich besser absetzbar zu machen.

Mayer: Neues Denkmalschutzgesetz ist zukunftsweisend

Staatssekretärin Andrea Mayer sagte, mit der Novelle sei es gelungen, bisherige Lücken im Denkmalschutz zu schließen und auf aktuelle Herausforderungen für den Schutz des kulturellen Erbes zu reagieren. Besonders erfreulich sind für Mayer die Schritte gegen das spekulative verfallen lassen von Häusern, indem die Erhaltungspflicht ausweitet, gleichzeitig aber auch das Förderbudget für Sanierungen historischer Gebäude deutlich erhöht wird. Neue Haftungsregeln würden zudem eine flexiblere Nutzung von Denkmalen erlauben und sicherstellen, dass sie für die Öffentlichkeit zugänglich bleiben. Auch den Anliegen des Klima- und Umweltschutzes sei nun klar Rechnung getragen worden. Mayer dankte den vielen Personen und Institutionen, die mit ihrer Mitarbeit ermöglicht hätten, dass das neue Denkmalschutzgesetz ein legistischer Meilenstein geworden sei, der in die Zukunft weise.

Rettung historischer Schienenfahrzeuge

Einig sind sich die fünf Parlamentsfraktionen darüber, dass historische Schienenfahrzeuge erhalten werden sollen. In Form eines im Kulturausschuss formulierten Entschließungsantrags ersuchen sie daher die Bundesregierung, eine Strategie für den Erhalt des historischen österreichischen Eisenbahnerbes zu entwickeln und intensive Gespräche über Akutmaßnahmen zur Verhinderung des weiteren Verfalls von unter Denkmalschutz stehenden Schienenfahrzeugen zu führen.

Basis für die Initiative bildete ein gemeinsamer Entschließungsantrag von FPÖ und SPÖ, der selbst keine Mehrheit fand. Darin wurde auf die schwierige Lage des "Ersten Österreichischen Straßenbahn- und Eisenbahnklubs" in Strasshof an der Nordbahn verwiesen, der sich seit vielen Jahren in Abstimmung mit dem Bund und den ÖBB um die Erhaltung historischer Schienenfahrzeuge kümmere, aber nun in Schwierigkeiten sei.

Gerade in Zeiten der Mobilitätswende sei es von besonderer Bedeutung, das historische Erbe Österreichs an Schienenfahrzeugen nicht dem Verfall preiszugeben, erklärte SPÖ-Abgeordnete Melanie Erasim. Ihre Fraktion werde entschieden darauf achten, dass es zu einer Lösung komme und der Prozess zur Strategieentwicklung sich nicht in "Expertengruppen und Stakeholder-Stammtischen" verliere.

Auch Thomas Spalt (FPÖ) unterstrich die Relevanz der Schaffung einer Rechts- und Finanzierungssicherheit für die Erhaltung der Schienenfahrzeuge. Dass es dafür erst die Initiative der FPÖ brauche, bezeichnete er als "kulturpolitisches Armutszeugnis" der Bundesregierung.

Die aktuelle Bundesregierung sei die erste, die sich dieses Problems annehme, hielt Eva Blimlinger (Grüne) Spalt entgegen. Das Kulturbudget sei bereits in hohem Maße vergeben, weshalb es eine "Sonderdotation" brauchen werde und auch die ÖBB "tief in ihre Taschen greifen" sollte. Hermann Weratschnig betonte ebenfalls die hohen Kosten, die der Erhalt der Schienenfahrzeuge ausmachen werde. Er plädierte dafür die "heiße Kartoffel" jedoch nicht herumzureichen, sondern Verantwortung zu übernehmen.

Expert:innen würden bestätigen, dass Österreich wahrscheinlich die älteste nationale Sammlung historischer Eisenbahnfahrzeuge der Welt besitze, konstatierte Laurenz Pöttinger (ÖVP). Daher zeigte er sich ebenso wie sein Fraktionskollege Hans Stefan Hintner erfreut über den Allparteienantrag und das fraktionsübergreifende Interesse an der möglichst raschen Bereitstellung der notwendigen finanziellen Mittel und der nachhaltigen Regelung der rechtlichen Absicherung.

NEOS wollen mehr Spendenabsetzbarkeit im Kulturbereich

Auf Basis eines Antrags der NEOS setzte sich der Nationalrat außerdem mit der Absetzbarkeit von Spenden für Kultureinrichtungen auseinander. Der Antrag wurde bereits im Kulturausschuss unter Hinweis auf das Ende 2023 beschlossene Gemeinnützigkeitspaket abgelehnt und fand auch im Nationalratsplenum keine Mehrheit. (Fortsetzung Nationalrat) sox/wit

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.