Parlamentskorrespondenz Nr. 321 vom 04.04.2024

Finanzzielsteuerung Gesundheit: Ausgabenobergrenzen werden 2023 noch deutlicher überschritten

Halbjähriger Kurzbericht bestätigt Aufwärtstrend sowohl bei Ländern als auch bei der gesetzlichen Krankenversicherung

Wien (PK) – Im Jahr 2013 haben sich Bund, Länder und Sozialversicherung erstmals auf eine vertraglich festgelegte Organisation der Gesundheitsversorgung in Österreich verständigt. Wesentlicher Bestandteil der 15a-Vereinbarung Zielsteuerung Gesundheit ist ein Kostendämpfungspfad, der eine Reduktion des jährlichen Ausgabenwachstums von 3,6 % (2017) auf jeweils 3,2 % in den Jahren 2021 bis 2023 vorsieht. Außerdem wurden strategische Ziele in den Bereichen "bessere Versorgung, bessere Qualität und gesündere Bevölkerung" definiert, deren Erreichung anhand von 22 Indikatoren gemessen wird.

Über die Einhaltung der sektorenübergreifenden Ausgabenobergrenzen informiert unter anderem der nun vorliegende Kurzbericht für das erste Halbjahr 2023, der von der Gesundheit Österreich GmbH für das Sozialministerium erstellt und dann dem Parlament zugeleitet wurde (III-1125 d.B.). Diesem sind auch Stellungnahmen der einzelnen Landes-Zielsteuerungskommissionen beigefügt. Die Detailauswertungen des unterjährigen Monitorings zeigen für Österreich gesamthaft (Länder und gesetzliche Krankenversicherung) abermals eine deutliche Überschreitung der Ausgabenobergrenzen (AOG) auf, und zwar um 2,68 Mrd. € (9,73 %).

Monitoring aufgrund unterschiedlicher Finanzierungsmechanismen und Verrechnungsweisen nur eingeschränkt möglich

Die Autor:innen geben zu bedenken, dass die Zielerreichung vor dem Hintergrund der Coronakrise heterogener zu beurteilen sei als in den Jahren davor. Die gesetzten Maßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung der COVID‐19‐Pandemie und die damit verbundenen Auswirkungen auf das Wirtschaftsleben hätten einnahmenseitig das Beitragsaufkommen der Sozialversicherung sowie das Steueraufkommen beeinflusst. Andererseits sei auch von ausgabenseitigen Effekten auf die zielsteuerungsrelevanten öffentlichen Gesundheitsausgaben auszugehen.

Um eine bestmögliche und vollständige Erfassung der relevanten Gesundheitsausgaben zu gewährleisten, seien zusätzliche Informationen von den Ländern und der gesetzlichen Krankenversicherung eingeholt worden. Dennoch sei das Monitoring aufgrund der unterschiedlichen Finanzierungsmechanismen in den Ländern sowie der heterogenen Verrechnungsweisen als Instrument nur eingeschränkt geeignet, um konkret bezifferte Aussagen über die COVID‐19‐Belastungen der Bundesländer ab dem Jahr 2020 zu tätigen.

Starke Überschreitungen der Ausgabenobergrenzen

Da sich die öffentlichen Gesundheitsausgaben (ohne Langzeitpflege) laut einer Schnellschätzung der Statistik Austria im Jahr 2022 auf 36 Mrd. € belaufen, kann die für diesen Zeitraum vereinbarte Ausgabenobergrenze um rund 4,83 Mrd. € (bzw. 15,47 %) nicht eingehalten werden. Es wird darauf hingewiesen, dass seit dem Jahr 2020 die Aufwendungen für die Bekämpfung der COVID‐19‐Pandemie (u. a. für Schutzausrüstung, Testungen, Contact‐Tracing, die telefonische Gesundheitsberatung 1450, Barackenspitäler) in die Berechnung der Gesundheitsausgaben inkludiert wurden.

Generell führten die diversen Maßnahmen zur Bekämpfung der Coronakrise zu einer starken Zunahme der öffentlichen Gesundheitsausgaben in den Jahren 2020 und 2021, heißt es im Bericht. Ihr Anteil am BIP von rund 6,9 % im Zeitraum 2010–2019 steigerte sich auf 7,9 % bzw. auf 8,7 % in den ersten beiden Pandemiejahren, worauf wieder ein Rückgang auf 8,1 % im Jahr 2022 erfolgt sei.

Die Wachstumsraten der Gesundheitsausgaben der Länder lagen schon seit 2017 mehrheitlich über den Grenzwerten; im Jahr 2023 traf dies erstmals auf alle Länder zu. Insgesamt wurden die Vorgaben laut aktuellem Bericht um 1,62 Mrd. € bzw. 11,06 % überschritten.

Auch bei der gesetzlichen Krankenversicherung war ab dem Jahr 2017 eine deutliche Annäherung an die Ausgabenobergrenzen zu verzeichnen. Im Jahr 2020 wurde der Anstieg durch einen leichten Rückgang punktuell unterbrochen, ehe die Ausgaben ab dem Jahr 2021 jedoch wieder zunahmen und in einem deutlich stärkeren Ausmaß als vor dem Ausbruch der COVID‐19 Pandemie wuchsen. Der Kurzbericht weist für das erste Halbjahr 2023 erneut eine Überschreitung der Gesundheitsausgaben in der Höhe von knapp 14 Mrd. € um 1,06 Mrd. € (8,22 %) aus.

Nicht unter die Zielsteuerungsvereinbarung fallen die Gesundheitsausgaben der Pensionsversicherung, der Unfallversicherung, der Krankenfürsorgeanstalten, des Bundes sowie der Aufwand der Krankenversicherungsträger für Kieferregulierungen bei Kindern und Jugendlichen; für sie gelten daher auch die Ausgabenobergrenzen nicht. (Schluss) sue