Parlamentskorrespondenz Nr. 426 vom 29.04.2024

Bundesheer: Erster Jahresbericht der Beschaffungs-Prüfkommission liegt vor

Verteidigungsressort kommt laut Kommission seiner Verantwortung durch umfassende Regelwerke nach

Wien (PK) – Um die militärischen Fähigkeiten des Bundesheers vor dem Hintergrund einer sich verschärfenden sicherheitspolitischen Lage in Europa schrittweise und nachhaltig durch eine Anhebung des Verteidigungsbudgets zu verbessern, ist Anfang 2023 das Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz (LV-FinG) in Kraft getreten. Zur Sicherstellung einer gesetzmäßigen Vollziehung sowie einer sparsamen Gebarung bei Beschaffungsvorhaben wurde in diesem Rahmen die Einrichtung der Beschaffungs-Prüfkommission (BPK) angeordnet, die im Herbst 2023 ihre Prüftätigkeit aufgenommen hat. Die sechsköpfige Kommission stellt ein beratendes Gremium für die Verteidigungsministerin dar, agiert jedoch selbstständig und unabhängig, wie aus ihrem nun erstmalig vorliegenden Jahresbericht für 2023 hervorgeht (III-1128 d.B.).

Demnach diente das Jahr 2023 vornehmlich der Initiierung der Kommission, dem Herstellen ihrer Arbeitsfähigkeit sowie vorbereitender Grundlagenarbeit für ihre Tätigkeit. Es wurden die zentralen Prozesse der Planung von Vorhaben und der Umsetzung von Beschaffungsvorgängen des Verteidigungsministeriums (BMLV) erfasst und die relevanten Dokumente gesichtet. Zentral für die Auswahl der Prüfvorhaben ist laut BPK der ebenfalls auf Basis des LV-FinG zu erstellende Landesverteidigungsbericht, in dem unter anderem die Absichten des BMLV zur Verbesserung der Verteidigungsfähigkeit des Bundesheeres dargestellt werden.

Es konnte dabei von der BPK festgestellt werden, dass die Grundlagen für Transparenz und Dokumentation gegeben sind und der Verantwortung in der Beschaffung durch ein umfangreiches Regelwerk an Verfahrensvorschriften und Richtlinien entsprochen wird, wie im Bericht festgehalten wird. Es werde daher für die BPK darauf ankommen, bei der Prüftätigkeit die Einhaltung der Regelwerke an Hand ausgewählter Vorhaben zu überprüfen und daraus Empfehlungen zu entwickeln. Die bisherigen Mechanismen sollen ergänzt und nicht dupliziert werden, wozu Anregungen und Fragenkataloge erarbeitet wurden. Der Jahresbericht 2023 enthält den Kriterienkatalog für Prüfvorhaben, Empfehlungen der Kommission zum Thema Compliance sowie das Arbeitsprogramm für 2024.

Kriterienkatalog für Prüfvorhaben

Zur Prüfung von Beschaffungen im BMLV hat die BPK einen Fragenkatalog ausgearbeitet, wobei ein Schwerpunk auf der Unterscheidung zwischen Government to Government (G2G)- und Business to Government  (B2G) – Geschäften liegt. Die bisherigen Arbeiten der Kommission hätten nämlich gezeigt, dass G2G-Geschäfte für sich genommen keine Gewähr für eine gesetzmäßige Vollziehung und sparsame Gebarung darstellten, wie aus dem Bericht hervorgeht. Die BPK erarbeitete daher eine Arbeitsdefinition von G2G-Geschäften, die als Leitlinie für die Aufgabenerfüllung der Kommission Anwendung finden soll.

Der weitere Inhalt des Fragenkataloges beruht für G2G-Beschaffungsmaßnahmen auf den Leitlinien für die Vergabe von Aufträgen zwischen Regierungen in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit der Europäischen Kommission. Hinsichtlich der B2G-Beschaffungsmaßnahmen wird auf vom Kontaktausschuss der Obersten Rechnungskontrollbehörden der EU herausgegebenen Checklisten für den Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens Bezug genommen.

Empfehlungen der Kommission zum Thema Compliance

Die Reflexionen der BPK zum Thema Compliance fokussieren sich im Sinne ihrer Aufgabenstellung in erster Linie auf die Korruptionsprävention im Bereich des militärischen Beschaffungswesens. Die Kommission kommt dabei zu dem Ergebnis, dass im BMLV ein umfangreiches diesbezügliches Regelwerk besteht. Dieses enthält etwa einen generellen Verhaltenskodex für Bedienstete, Regeln und Richtlinien für die Vergabe von Leistungen sowie für den Umgang mit Firmen-Vertreter:innen, Informationen über unzulässige Nebenbeschäftigungen und zur Vermeidung von Interessenskonflikten sowie Richtlinien für zentrale Beschaffungen. Ziel der BPK war daher nicht die Erstellung eines neuen Antikorruptionsleitfadens, wie die BPK festhält, sondern Verbesserungspotenziale bei der Umsetzung der bestehenden Regelungen in der täglichen Praxis, auch unter Berücksichtigung der steigenden Bedeutung von Government to Government G2G-Beschaffungen, zu identifizieren.

So sieht es die Kommission aufgrund des Umfangs und der Komplexität der Regelungen etwa als zielführend an, eine kontinuierliche Bewusstseinsbildung in Richtung einer alle Entscheidungsebenen umfassenden "generellen Compliance-Kultur" zu fördern. Dies könne unter anderem mittels Intranet, zielorientierten Fortbildungsveranstaltungen oder themenbezogene Audits erfolgen. Zudem empfiehlt die BPK die Einrichtung von Integritätsbeauftragten in allen größeren Organisationseinheiten. Weitere Anregungen betreffen die regelmäßige Aktualisierung und Überprüfung der Register über Nebenbeschäftigungen bzw. Nebentätigkeiten und Firmenkontakte von Bediensteten sowie deren Einbeziehung in systematische Risikoanalysen. Letztere sollten laut Bericht in allen Phasen eines Beschaffungsvorgangs von den jeweils betroffenen Fachbereichen vorgenommen werden. Die Frage nach der Notwendigkeit von Adaptierungen der an "klassischen" Vergabeverfahren orientierten Regelungen auf die Erfordernisse von G2G-Verfahren beantwortet die Kommission nicht abschließend und empfiehlt eine Prüfung durch die zuständigen Fachabteilungen.

Arbeitsprogramm für 2024

Auf Basis der Vorhaben aus dem Landesverteidigungsbericht beschließt die Kommission jährlich ein Arbeitsprogramm. Dabei können zweckmäßige Schwergewichtsbereiche für die Auswahl der jeweiligen Jahresvorhaben zu Grunde gelegt werden. Im Jahr 2024 werde das Hauptaugenmerk auf das Thema "kooperative Beschaffungen" gelegt, wie die BPK im Bericht festhält. Konkret sollen die Beschaffung von Fliegerabwehrsystemen mittlerer Reichweite sowie von rund 36.000 Kampfstiefeln, der Ersatz des Transportflugzeugs C-130 "Hercules" und ein Bauvorhaben am Fliegerhorst in Langenlebarn (Niederösterreich) geprüft werden. (Schluss) wit