Bundesrat Stenographisches Protokoll 611. Sitzung / Seite 73

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Für den krisengeschüttelten Tourismus ist es auch eine Frage der Psychologie. Da gibt es die Belastung durch den Rückgang der Nächtigungszahlen und den Ausfall von Ausflugsfahrten. Es ist heute schon angeführt worden, daß der Zeitpunkt der Ankündigung gemeinsam mit der Eröffnung der ITB, der Internationalen Tourismus-Börse in Berlin, sicher sehr ungeschickt gewählt worden ist. Herr Minister Dr. Ditz hat sicher recht, wenn er damals gesagt hat, wegen ein paar 100 S wird niemand auf einen Urlaub in Österreich verzichten. Er hat aber gleichzeitig gesagt, es wird jetzt eine große Werbeoffensive gestartet, um das doch noch zu einem Positivum zu drehen und die Urlauber wieder zu uns zu bringen.

Vielleicht noch ein Wort zur Kalkulation, weil unterschiedliche Beträge genannt worden sind. Ursprünglich war von 3 Milliarden Schilling die Rede. Netto wird jetzt – das hat der Herr Minister heute gesagt – mit etwa 1,5 Milliarden gerechnet; etwa 1,1 Milliarde bei PKWs, 250 bis 300 Millionen bei LKWs. 20 Prozent werden für Verwaltungsaufwand veranschlagt, 20 Prozent Mehrwertsteuer, 500 Millionen sollen durch den Wegfall bestehender Mauteinnahmen verlorengehen.

Abschließend stellt sich für mich folgendes Problem – das ist etwas, was ich nicht verstehen kann –: Spätestens seit 1. 1. 1985, als in der Schweiz die Vignettenlösung eingeführt wurde, denken Fachleute in Österreich über intelligente Lösungen nach. Im Wirtschaftsministerium sollen sich Untersuchungen türmen. Im Vorjahr ist eine Arbeit veröffentlicht worden, eine sogenannte Voruntersuchung zum Thema Maut in Österreich, und dort sollen die Straßenforscher angeblich zu dem Schluß gekommen sein, eine Vignette bringe für Österreich nichts. Das soll im Heft 439 stehen. Ich bin an dieses Heft leider nicht herangekommen.

Ich kann einfach nicht begreifen, daß so viele hochqualifizierte Fachleute zehn Jahre lang nachdenken und dann diese Vignettenlösung als angeblich optimale Lösung herauskommt. Ich bin nach wie vor davon überzeugt, daß es intelligentere und vernünftigere Lösungen gegeben hätte. (Bundesrat Prähauser: Es ist eine Übergangslösung, Herr Kollege!)

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Das ist auch der Grund dafür, daß ich Sie noch einmal einlade, unserem Entschließungsantrag beizutreten, in dem der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten aufgefordert wird, dafür Sorge zu tragen, daß es zu keiner doppelten Mauteinhebung auf österreichischen Autobahnen kommt, um dadurch zu verhindern, daß es zu negativen Begleiterscheinungen wie einer Verdrängung des Verkehrs auf das Bundesstraßennetz oder zu einer Benachteiligung von Tourismusregionen kommt.

Ich bin davon überzeugt, daß es für viele von Ihnen nicht sehr schwer sein wird, diesem Antrag beizutreten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.28

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Dr. Ditz. Ich erteile es ihm.

18.28

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Johannes Ditz: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! Vielleicht zu einigen Punkten der Diskussion doch noch eine Anmerkung. Zunächst zum ersten Redner der Freiheitlichen, Herrn DDr. Königshofer.

Herr Bundesrat! Zur Konjunkturpolitik von gestern und vorgestern: Ich wäre diesbezüglich vorsichtig. Wenn ich mir die Entwicklung der österreichischen Bauwirtschaft anschaue, wenn ich mir die Kapazitätsentwicklung ansehe, dann muß ich einfach sagen: Wer jetzt nicht zusätzliche Aufträge vergibt, der trägt mit Schuld, wenn die Arbeitslosigkeit im Baubereich steigt. Und es gibt nur eine Maßnahme, Herr Kollege, die hier nützt, und die heißt: Aufträge! Und Aufträge muß man finanzieren können – Hochbau, Tiefbau. (Bundesrat Dr. Kapral: An österreichische Firmen!) Ja, da habe ich nichts dagegen. Ich bin sicher, wir haben leistungsfähige Firmen, die trotzdem den Zuschlag erhalten. Sie brauchen keine Sorge zu haben.

Wir haben sicher nicht das Problem, daß österreichische Firmen nicht zum Zug kommen. Sie sollten die österreichische Wirtschaft wirklich nicht unterschätzen, sie schafft das, sie kann das. Was sie braucht, sind einfach die Rahmenbedingungen, und diese werden wir schaffen.


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