Bundesrat Stenographisches Protokoll 617. Sitzung / Seite 25

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In diesem Sinne verstehen wir unser Lobbying, nämlich daß wir in manchen Bereichen, die uns besonders interessieren – einiges wurde schon im Rahmen der Regierungskonferenz erwähnt –, aktiv, initiativ sind, in anderen Bereichen aber versuchen, so weit gesprächsfähig und flexibel zu sein, daß wir tatsächlich eine gemeinsame Position aller fünfzehn zustande bringen, denn das übergeordnete Ziel ist es natürlich, eine gemeinsame Sicherheitspolitik der EU zustande zu bringen, und dies scheint mir unverzichtbar zu sein.

Präsident Josef Pfeifer: Zweite Zusatzfrage. – Bitte.

Bundesrat Josef Rauchenberger: Wie beurteilen Sie im Zusammenhang mit der gemeinsamen Aktion, die Sie soeben genannt haben, den Beschluß der Parlamentarischen Versammlung der WEU, da keine Verschmelzung zwischen EU und WEU vorzunehmen?

Präsident Josef Pfeifer: Bitte.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Das ist eine Meinung. Genauso gibt es in der Regierungskonferenz auch unterschiedliche Länderpositionen. Man kann sagen, eine starke Hälfte – ich bin jetzt nicht sicher, ob es die Mehrheit ist – der Mitgliedstaaten vertritt die Verschmelzung, natürlich nicht schon in dieser Regierungskonferenz, aber als Ziel. Die Frage ist, ob das als Option stehenbleibt oder als Formulierung. Längerfristig ist das Ziel die Verschmelzung. Ob das erreicht wird, wage ich zu bezweifeln. Ich glaube es nicht. Aber diese Hälfte-Meinung vertritt in etwa die Hälfte der EU-Mitgliedstaaten.

Auf der anderen Seite gibt es EU-Mitglieder, wie zum Beispiel die Briten, die sagen, das kommt überhaupt nie in Frage. Aber es gibt auch solche, die sagen, wir wollen das zwar nicht ausschließen, wir glauben, daß es irgendwann einmal dazu führen könnte, aber wir sind noch nicht so weit. – Daher würde ich diesen Beschluß der Parlamentarischen Versammlung, der klarerweise nur konsultativen Charakter haben kann, als eine dieser Meinungen sehen. Einen echten Beschluß gibt es aber in dieser Frage noch nicht.

Präsident Josef Pfeifer: Danke.

Wir kommen zur 11. Anfrage, 650/M. – Ich bitte Frau Bundesrätin Therese Lukasser (ÖVP, Tirol), die Anfrage zu stellen.

Bundesrätin Therese Lukasser: Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Meine Frage lautet:

650/M-BR/96

Welche Überlegungen sind für die von Ihnen wiederholt angesprochene Eröffnung neuer österreichischer Vertretungsbehörden maßgeblich?

Präsident Josef Pfeifer: Bitte, Herr Vizekanzler.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Erstens bereiten wir uns auf die EU-Präsidentschaft vor – zweite Hälfte 1998 –, und man muß natürlich genau überlegen, in welchen Ländern, in welchen Regionen wir dann unmittelbar handlungsfähig sein müssen. Das alles kann ich natürlich dann nicht von Moskau oder von Finnland oder von Stockholm oder von wo aus auch immer machen, sondern ich muß mir überlegen, wo ich tatsächlich vor Ort präsent sein muß.

Das zweite Kriterium muß sein: Haben wir Länder vor uns – das trifft jetzt im besonderen für die baltischen Staaten zu, also für Litauen, Lettland und Estland –, haben wir es mit Staaten zu tun, die Beitrittskandidaten sind? – Da muß ich ganz offen sagen: Wenn assoziierte Länder beitreten wollen, dann ist es für mich eigentlich absolut wichtig, daß wir dort, vor Ort, in der Hauptstadt vertreten sind, denn wir müssen die Situation, die objektiven Schwierigkeiten beurteilen können. Ein solcher Beitritt ist eine enorm schwierige und sorgsam zu behandelnde Frage. Da braucht man natürlich Informationen aus erster Hand, da reicht es nicht, daß man im Beipack Informationen mitliefert. Das soll keine Kritik an der bisherigen Vertretungsaufgabe sein, aber es ist


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