Bundesrat Stenographisches Protokoll 629. Sitzung / Seite 75

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hat. Ich habe mich aber auch sehr genau eingelesen und meine, daß es doch wichtig ist, zu betonen, daß das Kernstück dieses neuen Gesetzes das Unternehmensreorganisationsgesetz ist, das die Sanierung eines Betriebes noch vor Eintritt der materiellen Insolvenz ermöglichen soll. Ich meine, das ist der wichtigste Punkt dieses Gesetzes.

Es muß und wird auch klar sein, daß auch mit den besten Insolvenzgesetzen letztlich tatsächlich eintretende Insolvenzen nicht verhindert werden können. Es kann aber versucht werden – darin liegt, glaube ich, die Chance dieses neuen Gesetzes –, im Interesse der Volkswirtschaft dieses Mißverhältnis zwischen Konkursen und Ausgleichen beziehungsweise abgewiesenen Konkursen mangels Masse zu verbessern. Es ist also durchaus sinnvoll gewesen, die Konkursordnung und die Ausgleichsordnung zu ändern und das Vorverfahren vorzusehen, nämlich durch dieses Unternehmensreorganisationsgesetz.

Es wird davon ausgegangen, daß ein Unternehmen noch solvent ist, aber einen Reorganisationsbedarf hat. Es wird dann an dem Unternehmen selbst liegen, diese Chance zu nützen. Ich sehe die Funktion des Reorganisationsprüfers, der vom Gericht eingesetzt wird, als durchaus positiv, denn er hat eine andere Aufgabe, als sie üblicherweise der Masseverwalter hat. Er ist ein Gutachter, ein Sachverständiger.

Die Chance wird darin liegen, daß dann, wenn der Reorganisationsplan genehmigt wird, das Verfahren durch richterlichen Beschluß aufgehoben wird.

Ich glaube aber auch, daß die Banken in diesem Zusammenhang eine ganz besondere Verantwortung wahrzunehmen haben werden. Als doch zehn Jahre dienender Bürgermeister und Vorsitzender eines Sparkassenrates weiß ich, daß die Banken da sehr gefordert sein werden, verantwortungsvoll zu handeln. Sie werden auf die Unternehmen einzuwirken haben, etwas zu tun, bevor die Insolvenz eintritt.

In diesem Zusammenhang möchte ich aber doch auch – ich freue mich, daß Kollege Grasberger gerade in den Saal gekommen ist – auf die schreckliche Lage in unserem Bezirk Lilienfeld nach dem Jahrhundert-Hochwasser hinweisen. Viele Private sind betroffen, über 100 Betriebe haben einen Schaden in Höhe von 400 Millionen Schilling zu verzeichnen. Wenn auch 30 Prozent der Schäden abgegolten werden, so befinden sich doch einige Betriebe – das zeigt sich schon jetzt – in akuter Insolvenzgefahr.

Neben den Investitionen der vergangenen Jahre, die durch das Hochwasser – um es ganz schnoddrig zu sagen – buchstäblich den Bach hinuntergegangen sind, gibt es das Problem der längerfristigen Produktionsausfälle, die kein Katastrophenfonds ersetzen kann.

Hier ist die öffentliche Hand gefordert, damit es keine Insolvenzen und damit keine Arbeitsplatzverluste geben wird. Unser Appell – ich weiß mich hier mit meinem Kollegen Grasberger eines Sinnes – ergeht an Bundesregierung und Landesregierung, als öffentliche Hand eine offene Hand zu haben!

Zurück zum Thema und zum Schluß kommend: Ich finde, daß das vorliegende Gesetz ein Meilenstein für das österreichische Insolvenzrecht sein wird. Ich nehme auch an – ich hoffe, es bewahrheitet sich –, daß die Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen zu einer Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich beitragen wird. Daher sollte es uns nicht schwer fallen, diesen Gesetzen unsere Zustimmung zu geben. (Beifall bei der SPÖ.)

13.41

Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Nikolaus Michalek. Ich erteile es ihm.

13.41

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Angesichts der dynamischen Entwicklung im Insolvenzbereich in den letzten Jahren muß auch die Rechtspolitik durch entsprechende gesetzliche Bestimmungen – im Rahmen der Justiz ist das der Bereich des Gesellschaftsrechtes und des Insolvenzrechtes – einen Beitrag leisten.


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