Bundesrat Stenographisches Protokoll 629. Sitzung / Seite 84

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Jedenfalls wird für die Zukunft die Diskriminierung von Behinderten von der Verfassung ausdrücklich verboten. Jedes Gesetz, jede Verordnung und jeder Akt einer Behörde, der dagegen verstößt, ist verfassungswidrig.

Zusätzlich wird aber noch eine Staatsziel-Bestimmung aufgenommen, wonach sich Bund, Länder und Gemeinden dazu bekennen, die Gleichbehandlung von behinderten und nicht behinderten Menschen in allen Bereichen des täglichen Lebens zu gewährleisten. Es ist dies Ausdruck der Verpflichtung der Gesellschaft, sich dafür einzusetzen, daß behinderte Menschen den gleichen Platz wie Nichtbehinderte in unserer Gesellschaft einnehmen können und die Folgen ihrer Behinderung möglichst ausgeglichen werden. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Mit dieser Staatsziel-Bestimmung allein ist es aber freilich noch nicht getan. Es wird ein ganzer Katalog von Maßnahmen notwendig sein, damit dieses Ziel verwirklicht wird. In diesem Zusammenhang ist nicht nur der Bund, sondern sind auch die Länder gefordert. Man denke etwa an das Baurecht bis hin zu kleinen, aber wichtigen Details wie die Gestaltung der Gehsteigkanten.

In zwei weiteren wichtigen Punkten wird die Staatsorganisation geändert, zunächst durch die Einrichtung eines unabhängigen Bundesasylsenats als gerichtliche Instanz, die dem Verwaltungsgerichtshof vorgeschaltet ist. Inhaltlich ist dies die notwendige Verfassungsergänzung zum von uns bereits beschlossenen Integrationspaket. Es braucht deswegen hier nichts mehr dazu gesagt zu werden.

In diesem Sinne wird meine Fraktion dieser Novelle die Zustimmung geben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

14.19

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Vizepräsident Weiss. – Bitte.

14.19

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die vorliegende Novelle zum Bundes-Verfassungsgesetz ist eine sogenannte Sammelnovelle, die Anliegen von Regierungsvorlagen und Initiativanträgen im Nationalrat zusammenfügt. Das bringt es mit sich, daß es nicht zu allen Punkten in befriedigender Weise ein Begutachtungsverfahren gab, wie das der mit Regierungsvorlagen verbundene wesentliche Vorteil ist.

Das ist dort insbesondere bedauerlich, wo es sich um Regelungen handelt, die auch in den Zuständigkeitsbereich der Länder und Gemeinden eingreifen, wenngleich sie in der Sache selbst unbestritten sind. Das betrifft in erster Linie das Verbot der Diskriminierung Behinderter und das Staatsziel der Gleichbehandlung auch dieser Mitbürger.

Fraglos ist all das inhaltlich zu unterstreichen, was an Ausführungen meines Vorredners hier zu hören war. In der Sache selbst wäre aber eine ausführlichere Diskussion nicht unzweckmäßig gewesen, weil wir von Staatsziel-Bestimmung zu Staatsziel-Bestimmung unterschiedliche Formulierungen verwenden. So bekennt sich beispielsweise Österreich zur umfassenden Landesverteidigung nach Artikel 9a Bundes-Verfassungsgesetz. Heute bekennt sich die Republik – Klammer:  Bund, Länder und Gemeinden zur Gleichstellung der Behinderten.

Es wird da ein Begriffsinhalt der Republik in das Bundes-Verfassungsgesetz eingeführt, der nicht ganz unproblematisch ist, weil die Republik letztlich Ausdruck der Bezeichnung des Gesamtstaates ist. Das wird etwa an jenen Stellen der Bundesverfassung sichtbar – um nur ein Beispiel zu nennen –, die davon sprechen, daß die Farben der Republik rot-weiß-rot sind. Damit ist natürlich die Farbe des Gesamtstaates gemeint, nicht des Landes Tirol und nicht der Stadt Wiener Neustadt.

Wenngleich das in der Praxis keine allzu große Bedeutung haben wird, legt das doch ein bißchen den Finger auf die Wunde einer unsystematischen Vorgangsweise bei der Verankerung


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