Bundesrat Stenographisches Protokoll 629. Sitzung / Seite 145

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Vizepräsident Jürgen Weiss: Der von den Bundesräten Dr. Bösch und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. John Gudenus. Ich erteile es ihm.

19.10

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich grüße auch Herrn Bundesminister Bartenstein und möchte ihn darüber informieren, daß wir Herrn Bundesminister Fasslabend, als er dieses Gespräch mit einer wirklich hervorragenden Aussage zur Familienpolitik eingeleitet hat, mit großem Applaus bedacht haben. – Herr Bundesminister Bartenstein! Vielleicht werden auch einmal von Ihrer Seite ähnliche Überlegungen laut verkündet. Sie würden auf die Zustimmung des Großteils der österreichischen Bevölkerung und auch der großen Oppositionspartei stoßen. Sie würden viel Zustimmung bei uns finden und so viel Zuneigung, wie heute Bundesminister Fasslabend bei uns erweckt hat.

Aber es geht heute eigentlich um den möglichen Beitritt unserer Republik zur Nordatlantischen Verteidigungsorganisation. Man kann natürlich manches gegen diese Organisation einwenden, zum Beispiel daß die NATO der letzte Rest des kalten Krieges ist. Diese hat jedoch ohne Blutvergießen zwei Paktsysteme niedergerungen, nämlich den Warschauer Pakt und den COMECON. Man kann es schlicht so sagen. Und man kann bis jetzt noch nicht alle positiven und möglicherweise noch nicht geklärten Auswirkungen absehen.

Die NATO ist eine politische Organisation. Die NATO ist eine militärische Organisation. Es gibt die NATO-Neu – oder gibt es die NATO-Neu doch nicht? – Die Statuten sind die gleichen geblieben.

Es gibt die NATO mit Spanien, es gibt die NATO mit Frankreich, diese weichen aber einer militärischen Organisation aus. Warum wohl weicht Frankreich der militärischen Organisation aus? – Die NATO ist nicht bereit, einem europäischen Staat ein oberes Kommando zu überlassen. Mir als Österreicher tut es natürlich auch weh, wenn ich hören muß, daß die NATO im Grunde genommen eine Einrichtung ist, die hauptsächlich von den Vereinigten Staaten gesteuert wird, und die europäischen Staaten nicht in der Lage sind, selbst ein oberes Kommando zu bekommen.

Man wollte den Franzosen ein "Combined Joint Task Force" einrichten. Aber auch das scheiterte an den anderen NATO-Mitgliedern bei der Konferenz in Madrid. Aus diesem Grund meine ich, es ist eine zwingende Notwendigkeit, die österreichische Bevölkerung völlig über die Konsequenzen und Nichtkonsequenzen des Beitrittes zur NATO aufzuklären und eine Volksabstimmung darüber durchzuführen, ebenso wie vorher natürlich die Neutralität aus der Verfassung herausgenommen werden muß.

Die Frage ist: Welche Aufgaben und welche Rolle wird Österreich bei einem allfälligen Beitritt in die NATO übernehmen? – Immer wieder hören wir, unser international gesehen ach so kleines Landesverteidigungsbudget von 0,8 Prozent des Bruttoinlandsproduktes wird uns am Beitritt zur NATO hindern. Ich bin davon überzeugt, daß die finanzielle Frage nicht das Entscheidende beim NATO-Beitritt ist. Aber ebenso bin ich überzeugt davon, daß sie wesentlich dazu beiträgt, eine Landesverteidigung überhaupt effektiv zu machen.

Dieser Budgetanteil, der jetzt schon mit großer Regelmäßigkeit viele Jahre lang gleich geblieben ist, ist weder für eine Milizarmee noch für eine Berufsarmee, weder im neutralen Zustand noch in einem Paktzustand ausreichend, um berechtigte Forderungen zur Teilnahme an einem Pakt stellen zu können, aber auch nicht, um unsere Aufgaben ernsthaft wahrzunehmen. Es ist also – um unseren Bürgern reinen Wein einzuschenken – wirklich eine Frage der Zeit, bis wir, wie Abgeordneter Gaál von den Sozialdemokraten gemeint hat, das Bundesheer auf ein Armeechen von 60 000 Mann zusammenschrumpfen müssen, um den Budgetanteil, der derzeit zur Verfügung steht, richtig zu verwenden.

Vielfach hören wir auch, um für die NATO zu argumentieren, um für Steuererhöhungen zu argumentieren, um für Sozialversicherungsanteile zu argumentieren, um für Sicherheit zu argumen


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