Bundesrat Stenographisches Protokoll 632. Sitzung / Seite 51

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Aber über diese konkrete Kritik hinaus verweise ich auch auf die Problembereiche und Kontrolldefizite, zu deren Behebung die Änderung der verfassungsgesetzlichen und einfachgesetzlichen Rahmenbedingungen der Volksanwaltschaft erforderlich wären. Leider hat die Volksanwaltschaft diese aus Anlaß ihres 20jährigen Bestehens weitgehend vergebens eingemahnt, mit Ausnahme des erfreulichen Umstandes, daß Sie, sehr geehrte Volksanwälte, uns heute Bericht erstatten konnten. Vor allem die aus ganz unterschiedlichen rechtspolitischen Motiven erfolgten Ausgliederungen von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung an bestimmte Rechtsträger, an Gesellschaften des Handelsrechts oder Gesellschaften mit besonderer Rechtspersönlichkeit führen zu eklatanten und offenkundigen Kontrolldefiziten. Auch darauf wurde heute bereits hingewiesen.

Es ist insbesondere eine Kompetenzangleichung an die Prüfzuständigkeit des Rechnungshofes, der aufgrund eines parlamentarischen Auftrags ebenfalls eine umfassende Verwaltungskontrolle ausübt, zu fordern. Unternehmungen, Fonds, Stiftungen und Anstalten mit öffentlichen oder gemeinwirtschaftlichen Aufgaben wären dem Zuständigkeitsbereich der Volksanwaltschaft zuzuordnen. Die Kontrollzuständigkeit ist mit anderen Worten auch auf ausgegliederte Rechtsträger zu erweitern. Im selben Ausmaß muß auch die Volksanwaltschaft Empfehlungen erteilen können. Vor allem in bezug auf die Einwirkung auf die Legislative wäre es höchst begrüßenswert, wenn die Volksanwaltschaft auch an den zuständigen Fachausschüssen, in denen ihre Berichte zu behandeln sind, beteiligt werden könnte. Die Volksanwälte könnten dann dort ihre Erfahrungen aus der konkreten Verwaltungskontrolltätigkeit einbringen. Das wäre nicht zuletzt von der verwaltungsreformatorischen Aufgabe her dringend geboten.

Im einzelnen erhebe ich aber Kritik daran, daß abgesehen vom schon erwähnten Verbrechensopfergesetz insbesondere folgende legislativpolitischen Anregungen der Volksanwaltschaft vom Gesetzgeber bis heute nicht aufgegriffen worden sind. Weshalb werden bis heute bei unbegründeten Verwaltungsverfahren die Kosten nicht von der Verwaltungsbehörde getragen? – Im Strafverfahren ist dies immerhin in Fällen von Freisprüchen doch – wenn auch nur in sehr pauschaler Form – erreicht worden. Weshalb wird für psychisch Kranke und deren Angehörige keine zentrale Beratungs- und Serviceeinrichtung geschaffen? Weshalb werden keine eindeutigen Einstufungskriterien für pflegebedürftige Kinder und geistig beziehungsweise psychisch Behinderte geschaffen? Weshalb wird das strenge Antragsprinzip im Leistungsrecht der Sozialversicherung bei unverschuldeter Unterlassung der Antragstellung nicht gelockert? Kann man da noch von sozialer Rechtsanwendung sprechen?

Mit Recht hat die Volksanwaltschaft auch die Rücknahme der Verordnungskasuistik im Betriebsanlagenrecht aufgrund der Verordnungen Bundesgesetzblätter Nr. 850/1949 und Nr. 772/1995 gefordert. Ebenso mahnte die Volksanwaltschaft zur Abkehr vom strikten Parteienproporz gemäß Artikel 81 lit. a B-VG im Schulbereich. All diese Umsetzungsdefizite – ich könnte noch seitenweise weiter sprechen – sind scharf zu kritisieren. Sie sind jedoch, wie schon mehrfach betont, dem Parlament und keinesfalls der Volksanwaltschaft zuzurechnen. Diese hat sie vielmehr in überzeugender Weise aufgezeigt. Wir nehmen daher den vorliegenden Bericht mit Dank und Anerkennung zur Kenntnis. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.05

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Johanna Schicker. Ich erteile ihr das Wort.

12.05

Bundesrätin Johanna Schicker (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Volksanwälte! Herr Staatssekretär! Auch ich möchte zu Beginn meiner Ausführungen kurz auf den Entschließungsantrag, eingebracht von Herrn Kollegen Dr. Tremmel, eingehen und kann dazu nur sagen, daß ich mich voll, auch namens meiner Fraktion, Ihren Ausführungen anschließen kann, Herr Präsident! Ich brauche dazu gar nichts weiter zu sagen. Inhaltlich hat Herr Präsident Weiss alles auf den Punkt gebracht.

Ich möchte nur noch folgendes dazu sagen, Herr Dr. Tremmel, weil ich gelesen habe, daß die Bundesregierung in diesem Antrag ersucht wird, der Volksanwaltschaft die Teilnahme an den


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